Die Innenstadt der Zukunft? Bielefeld testet verkehrsberuhigte Altstadt

Die Bielefelder Altstadt ist kaum wieder zu erkennen. Wo einst Autos eng parkten, stehen nun Tischtennisplatten und Fahrradständer. Das Projekt „Altstadt.raum“ soll den Verkehr in der Altstadt drastisch reduzieren. Eclaire Luzolo Luanzambi berichtet über Chancen und Probleme des Bielefelder Modellversuchs.

Seit Anfang August ist die Straße „Waldhof“ für Autos gesperrt. Foto: Eclaire Luzolo / privat

Dürren, trockene Sommer, Hitzewellen und extreme Wetterkatastrophen – die Auswirkungen des Klimawandels werden immer sichtbarer. Laut Agora Verkehrswende, ein renommierter Think Tank aus Expert*innen verschiedenster Bereiche, ist die Verkehrswende ein wichtiger Schritt, um die Klimakrise zu bekämpfen. Die Städte seien mehr für Autos als für Bürger*innen ausgelegt. Vor allem Parkplätze und breite Straßen nehmen enorm viel Fläche ein. Agora Verkehrswende schlägt vor, den Raum für Verkehr in deutschen Innenstädten entsprechend zu verändern. Ein Test in der Bielefelder Altstadt soll zeigen, wie die autoarme Innenstadt der Zukunft aussieht.

„altstadt.raum“- Gemeinsam entwickeln, gemeinsam testen

Im Projekt „altstadt.raum“ testet die Stadt Bielefeld aktuell einige Ansätze für eine „Innenstadt der Zukunft“. Dazu gehört unter anderem die Einrichtung verkehrsberuhigter Bereiche und der Umbau ehemaliger Parkplätze – etwa mit Tischtennisplatten und Fahrradständern. Das Projekt begann im Januar dieses Jahres und wird bis zum Januar 2022 fortgesetzt. „Die Stadt hatte lange nach Möglichkeiten gesucht, um die Altstadt umweltfreundlicher und lebenswerter zu gestalten“, berichtet Projektleiter Oliver Spree. Zudem sei es Ziel des Projekts, die Aufenthaltsqualität in der Altstadt zu stärken. Sie soll zu einem Treffpunkt für alle Bürger*innen werden.

Ideen für diese Veränderungen entstanden im Beteiligungsverfahren des Projekts. In digitalen Workshops am Anfang des Jahres wurden gemeinsam mit Bürger*innen und Vertreter*innen von Institutionen, Interessenverbänden, Schulen sowie der Gastronomie verschiedene Ideen gesammelt. Auf der Website des Projekts können Bürger*innen aber auch weiterhin Ideen einreichen oder ihre Meinung zu Veränderungen in der Altstadt rückmelden. Zusätzlich hält der digitale Newsletter des Projekts alle Interessierten auf dem Laufenden. „Es geht darum, weiter auszuprobieren. Das, was funktioniert, wird beibehalten. Was nicht funktioniert, wird verworfen“, so Spree. Er schätze die Zusammenarbeit mit den Bürger*innen sehr.

Gute Absichten, schlechte Umsetzung?

Deutschland gehört zu den Top Zehn CO²-Verursacher*innen weltweit. Obwohl die Bundesrepublik 17-mal weniger Einwohner*innen hat als der Emissionen-Spitzenreiter China, verursachen Deutsche pro Kopf rund eine Tonne mehr an CO²-Emissionen pro Jahr. Der Verkehr macht hierbei knapp 20 Prozent der deutschen CO²-Emissionen aus. Friedrich Straetmanns ist davon überzeugt, dass Deutschland im Kampf gegen die Klimakrise eine Vorbildfunktion hat: „Wir können und müssen international Druck ausüben. Neben verkehrsberuhigten Innenstädten muss auch der Öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden.“ Die Bielefelder Initiative „Mut zur Verkehrswende“ fordert zudem eine grundlegende Reform der Finanzierung von öffentlichen Verkehrsmitteln: „Der Bund muss in die Finanzierung von Betriebskosten einsteigen“, verlangt Godehard Franzen, Mitglied des Sprecherrats der Initiative. Bisher liegt die Verantwortung bei den Stadtwerken.

1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • Gabriele Hoffmann
    3. Dezember 2021 18:40

    Statistiken lassen sich vor- und zurückfälschen, je nachdem was für ein Ziel man manipulativ damit verfolgt. Den CO2-Ausstoß nach Zahl der Einwohner in Relation zu bringen, ist völlig abwegig. China bleibt mit einem Viertel dieser Emissionen durch fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas der Hauptverursacher und will lt. Spiegel-Bericht v. 25.10.2021 vorerst nichts ändern. Im Übrigen muss man sich fragen, nach welchen Aspekten solch eine Statistik erstellt wurde. Beim Verkehr muss man sich fragen, ob der ununterbrochene Transitverkehr berücksichtigt wurde oder nur die Anzahl der deutschen Zulassungen für Pkw, LKW und Busse. Solange der Betrachter keinen Einblick darin hat, wie eine Statistik zustande gekommen ist, kann man diesen leicht in eine bestimmte Richtung dirigieren. Im Übrigen ist noch immer die Industrie mit der Energiegewinnung diejenige, die den größten Ausstoß verursacht. Daher sollte man sich genauso um die Abschaffung der Kohlekraftwerke bemühen und nicht alles auf Verkehrsteilnehmer abwälzen, die oft weite Wege zum Arbeitsplatz in Kauf nehmen müssen. Außerdem sollte man mal überlegen, ob man für einen Becher Joghurt zu füllen Wege nach Polen wegen des billigen Bechers, dann nach Holland wegen der Füllung und nach Frankreich wegen des Deckels über die Straßen fahren muss.

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