Wahlrecht ab 16: Würde es überhaupt genutzt? 

In den meisten Bundesländern darf nur wählen, wer schon 18 Jahre alt ist. Und das wird schon lange – oft hitzig – debattiert. Fest steht: Ein auf 16 Jahre abgesenktes Wahlalter macht es für Jugendliche möglich, aktiv an der Politik teilzunehmen. Doch würden die jungen Menschen diese Möglichkeit überhaupt nutzen?

Das Bild zeigt eine Hand vor einem eintönigen Hintergrund. Der Zeigefinger ist ausgestreckt und an der Spitze klebt ein runder Sticker mit der Aufschrift „I Voted“. Foto: Unsplash (Parker Johnson)

Politikmüde oder hellwach?

Häufig wird Jugendlichen eine gewisse Politikverdrossenheit vorgeworfen, die wiederum die Partizipation an der Politik hemmen würde. Der Politikwissenschaftler und Wahlforscher Prof. Dr. Thorsten Faas sieht diese weit verbreitete Annahme jedoch kritisch: „Wer von einer völligen Abkehr von der Politik spricht, zeichnet ein falsches Bild der heutigen Jugend“, so Faas. Zwar würden sich junge Menschen nicht mehr in der Selbstverständlichkeit, wie das vielleicht früher einmal der Fall gewesen sei, für Politik interessieren, das politische Interesse sei aber nicht geringer als bei der älteren Generation.

Trotz Interesse an Politik spricht sich laut Umfragen nur eine knappe Mehrheit dafür aus, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. Und auch das allgemeine Interesse an politischem Engagement hält sich unter jungen Menschen in Grenzen: Im Rahmen von Studien des Deutschen Kinderhilfswerk e.V. gaben 33% der Befragten im Alter von 16 bis 17 Jahren an, Mitbestimmung vor Ort oder politische Mitwirkung, zum Beispiel in Projekten, interessiere sie überhaupt nicht. 

Wahlalter-Reform als Lösung?

Auch gesamtgesellschaftlich lassen sich keine klaren Tendenzen erkennen. Seit 1987 liegt die Wahlbeteiligung in Deutschland meist unter 80 Prozent der Gesamtbevölkerung, bei der letzten Bundestagswahl lag sie bei 76,6 Prozent. Bei Kommunal- oder Landeswahlen fällt diese in der Regel geringer aus. Wie eine Wahlaltersenkung auf 16 Jahre die Wahlbeteiligung langfristig beeinflussen würde, ist allerdings umstritten.

Für viele liegt dennoch nahe: Um junge Menschen stärker in der Politik zu repräsentieren, sollten auch 16- und 17-Jährige wählen dürfen. In einem Großteil der Bundesländer dürfen Jugendliche ab 16 Jahren bereits ihre Stimme abgeben. In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen und Hamburg gilt das bereits für Landtagswahlen. Und auch bei der Europawahl 2024 wird ein Wahlrecht ab 16 gelten. Schließlich wirken sich Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, auf die Zukunft der Jugendlichen aus. Das Bundesjugendministerium[1] setzt sich deshalb dafür ein, das junge Menschen in der Politik Initiative ergreifen und aktiv Verantwortung übernehmen können.

Bündnis für das Wahlalter 16

Das bayerische Volksbegehren „Vote16“ hat sich das Ziel gesetzt, jungen Menschen bundesweit die Möglichkeit zu eröffnen, in der Politik mitzuwirken. Für die Beteiligten steht fest: die Senkung des Wahlalters bleibt der direkte Weg zu mehr politischer Partizipation junger Menschen. Die Erfahrung aus Bundesländern und Staaten, die bereits das Wahlrecht auf Jugendliche ab 16 Jahren ausgeweitet haben, zeigt auch: Die Wahlbeteiligung der 16- und 17-Jährigen übertrifft signifikant die der 18- bis 21-Jährigen. Der Organisation Vote16 zufolge spiele hier vor allem das eher soziale Umfeld, von Ausbildungs- oder Studienbeginn bis hin zu Berufseinstieg, eine große Rolle.

Auch eine frühe Erstwahlbeteiligung ist für Vote16 von großer Bedeutung: „Wer beim ersten Mal wählen geht, wird mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch langfristig als Wähler*in in der Demokratie partizipieren“, heißt es in einem Statement der Organisation. Um für Deutschland nach und nach eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen, schlägt Vote16 vor, die Wahlalterssenkung als strategischen Hebel der gesamten Wahlbeteiligung zu nutzen. Außer Zweifel steht: Die Debatte rund um eine Wahlalter-Reform wird nicht nur die Politik, sondern auch ganz Deutschland noch lange beschäftigen.

[1] Der vollständige Name des Ministeriums lautet Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)

Nina Halmen

engagiert sich in der Schüler*innenvertretung und ist für jede gesellschaftspolitische Diskussion zu begeistern. Neben ihrem Interesse für Politik verbringt sie ihre Freizeit damit, neue Koch- und Backrezepte auszuprobieren.

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