Rechtsruck unter Jugendlichen

Laut einer neuen Studie fühlen sich deutlich mehr Jugendliche von rechtsextremen Einstellungen angezogen als vor zwei Jahren. Expert*innen nennen dafür mehrere Gründe – und was man dagegen tun könnte. 

Blick durch eine Glasscheibe in den Plenarsaal des Deutschen Bundestags. Foto: Moritz Heck

Der Rechtsextremismus gewinnt unter Jugendlichen in Deutschland deutlich an Zuspruch. Das zeigt die diesjährige „Mitte-Studie“ der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Vor zwei Jahren lag die Zustimmung zu einem manifesten rechtsextremen Weltbild noch bei 1,0% der jungen Menschen. In der neuesten Mitte-Studie sind es bereits 12,3%. Außerdem hat das ARD-Politikmagazin „Kontraste” berichtet, dass sich im Zeitraum zwischen 2018 und 2021 ein Drittel der rechten Straftaten unter Jugendlichen im Kontext von Schulen ereigneten. Der Großteil dieser Straftaten seien Ausrufe wie “Heil Hitler” oder “Sieg Heil“ gewesen. 

Es gibt mehrere Gründe für jugendlichen Rechtsextremismus. Im Interview mit der Bundeszentrale für politische Bildung hat der Rechtsextremismusexperte Christoph Schulze erklärt, dass der erste Berührungspunkt einiger Jugendlicher mit rechtsextremen Gruppen nicht direkt politisch motiviert sei, sondern oft über soziale Kontakte erfolge. 

Rechtsextreme Jugendgruppen lockten mit Kamerad*innenschaft und Zusammenhalt, bestätigt Gülden Hennemann im Gespräch mit der Politikorange-Redaktion. Sie ist Politikwissenschaftlerin und arbeitet als Leiterin der Operativen Einheit Extremismusbekämpfung im bayerischen Justizvollzug. Weiter sagt sie, dass das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit und polarisierende Videos auf Social Media attraktiv auf Jugendliche wirke. In diesem Zusammenhang spricht Hennemann von einem „Indiana Jones-Effekt”: Jugendliche sehnten sich nach Abenteuer und Spannung; demokratische Institutionen könnten im Vergleich dazu allerdings kein „spannendes Narrativ entwickeln”. 

Die Konsequenz sei, dass sich junge Menschen, die ihre Informationen vor allem über Social Media beziehen, zunehmend von der Demokratie abwenden würden. Man müsse Jugendliche dort erreichen, wo sie sich überwiegend aufhalten – und das sei Social Media, so Hennemann. Wenn demokratische Institutionen ihr Image für Jugendliche ansprechender gestalten und ihre Inhalte überzeugend vermitteln würden, gebe es Potenzial zur Re-Demokratisierung von diesem Teil der Jugend. 

Rechtsextremismusexperte Christoph Schulze sagt außerdem, dass das Abdriften in den Rechtsextremismus auch durch eine hohe Toleranz rechter Ideologien im eigenen sozialen Umfeld oder – umgekehrt – durch Protest gegen die politische Meinung dessen geschehen könne. In Bezug auf jugendlichen Rechtsextremismus habe über die vergangenen Jahre ein medialer Wandel stattgefunden, so Christoph Schulze. Die grundlegenden Strukturen seien gleich geblieben, Social Media führe jedoch dazu, dass rechte politische Inhalte schneller an Jugendliche vermittelt würden. 

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