Wie sieht eigentlich Journalismus heute in sozialen Netzwerken aus? Wie viel Luft ist da nach oben? Genau darüber hat Redakteurin Srity Nanthakumar mit der Journalistin Leonie Schöler gesprochen.
Leonie Schöler ist freie Journalistin, Moderatorin, Redakteurin und Filmemacherin. Besonders viel Reichweite erreicht sie mit ihrem TikTok Kanal „Heeyleonie“ über den sie geschichtliche und politische Videos hochlädt.
politikorange: Wie relevant ist Journalismus heute in sozialen Medien?
Leonie Schöler: Glücklicherweise sehr relevant. Viele Formate werden heute direkt für soziale Netzwerke mitgedacht – wie zum Beispiel Funk. Das funktioniert meiner Meinung nach auch super. Themen wie ‚Fake News‘ spielen eine große Rolle, deshalb ist eine entsprechende, professionelle Einordnung wichtig. Und zwar von Leuten, die das hauptberuflich machen. Das ist eine wichtige Aufgabe des Journalismus. Denn online finden viele Diskussionen statt – meistens auch aktiver und emotionaler als vielleicht auf der Straße oder am Familientisch.
Du hast Fake News kurz angeschnitten, was sind Schwierigkeiten mit Journalismus in sozialen Medien? Wo sollte man genauer hinschauen?
Fakten-Checks sind für uns Journalist*innen gar nicht so einfach. Man muss sich immer die Fragen stellen: Wer hat das eigentlich geschickt und was wird uns da eigentlich gezeigt? Nicht jedes Video das viral geht, kann man sofort einordnen. Das ist ein Prozess, der vielleicht dauert, aber der sich lohnt. Der Schnelllebigkeit des Internets gerecht zu werden und das journalistische Handwerk beizubehalten, ist eine Herausforderung.
Wie würdest du den Journalismus in sozialen Medien bewerten?
Ich würde sagen, dass der Journalismus auf TikTok und Co. noch in den Kinderschuhen steckt. Natürlich hat sich schon viel getan in den letzten Jahren – fast jede Redaktion hat irgendeinen Social Media Auftritt. Auf Facebook, TikTok oder Instagram wird viel ausprobiert. Hinter den Kulissen sieht es jedoch oft ganz anders aus: Viele Redaktionen fragen mich, wie TikTok überhaupt funktioniert. Meistens kommen sie mit einem Konzept an, wo ich schon auf den ersten Blick merke, dass das nicht funktionieren wird. Viele, die Content für soziale Medien produzieren wollen, sind nicht einmal auf den Apps unterwegs. Sprich, sie kennen die Dynamiken gar nicht richtig. Dazu kommt, dass jede Woche ein neuer Trend am Start ist. Das kann für viele überfordernd sein. Ich bekomme auch häufig mit, dass viele Redaktionen so halbherzig die Praktikant*innen vor die Kamera stellen und sagen, mach mal irgendwas für die sozialen Medien. So funktioniert das aber nicht. Sich jetzt zu etablieren, neben den sozialen Medien oder den Streaming Plattformen, die sich schon etabliert haben, YouTube und Netflix, ist schwierig. Es passiert zwar viel, aber oft sehr verhalten und sehr unstrukturiert.
Wie kann man das genau verstehen? Die Menschen sind zwar in sozialen Medien am Start, aber die Medien kommen nicht hinterher?
Genau, viel ist unbeholfen. Vieles wird mit Strategien umgesetzt, die über Monate entwickelt werden. Dann stellt man später fest, dass es nicht klappt. Da würde ich mich einfach freuen, wenn mit mehr Mut und mehr Lust ausprobiert wird. Anstatt alles schwarz zu malen, sollten sich die Redaktionen oder Sender von Anfang an klar entscheiden: Entweder wir machen das oder eben nicht und wenn man sich für einen Social Media Auftritt entscheidet, ist es dann wichtig, die Leute gut zu bezahlen und soziale Medien nicht als Nebensache abzutun.