Cappy statt Krawatte

„Wir sind wieder da“, so würde Roman-Francesco Rogat seine erste Rede im deutschen Bundestag eröffnen, er wäre nicht der erste und auch nicht der jüngste Parlamentarier. Jonas Gebauer hat sich mit ihm auseinandergesetzt und hat nach Rogats Beweggründen gefragt.

Foto: Privat

Er trägt keinen Anzug, sondern Jeans und Sneaker. Gelegentlich ein Hemd. Roman-Francesco Rogat ist 28 Jahre alt. Er gehört zu einer neuen Generation der politisch Interessierten und möchte am 24. September nun in den Bundestag einziehen. Denn seine Generation sieht er in einer Verantwortung, in einer Zeit die mehr politisiert ist als je zuvor.

Als die FDP schon am Boden lag, entschied er sich, ihr beizutreten, so drückt Rogat es aus. Sein Ziel: Die liberale Stimme zurück in die Parlamente zu bringen. 2013 trat er den Jungen Liberalen (JuLis) bei und wurde der Vorsitzende in Berlin. Die Kandidatur des Berliners für den Bundestag im Wahlkreis 85 Marzahn-Hellersdorf ist sein bisherige Höhepunkt.

„cool und modern“

„Ich finde es ganz schön langweilig ohne richtige Opposition“, beobachtet Rogat. Die FDP findet er „cool und modern“. Über mögliche Koalitionen nach der Wahl denkt er nicht allzu viel nach. Er schaut lieber auf die FDP. Diese befindet sich nach den Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen nach wie vor auf einem Hoch. Entscheidenden Anteil daran trägt für Rogat der Parteichef Christian Lindner. „Er hat viel umgekrempelt von der alten Steuer-FDP hin zu den Schwerpunkten Digitalisierung und Bildung“, sagt Rogat. Auch das neue, moderne Image sei ihm zu verdanken, trotzdem sei es immer noch notwendig, die Partei weiterhin wiederaufzubauen.

Zu Rogats Lieblingsthemen zählen Bildung und Stadtentwicklung, doch meint er, ginge es natürlich auch um junge Themen, denen man sich heute stellen müsste, damit sie in 20 Jahren nicht unbeantwortet zum Problem würden. Denn darauf hätten einige der älteren Abgeordneten keine fundierten Antworten. Zum Beispiel Cannabis zu legalisieren. Aus medizinischen Zwecken ist dies zum Teil zwar schon geschehen, dennoch ist es nach wie vor schwierig, für Menschen, die ein Rezept verschrieben bekommen, dieses dann auch endlich einlösen zu können. Noch immer stellen sich auch Krankenkassen quer und verweigern die Kostenübernahme solcher Rezepte. Für Menschen, die Cannabis als Schmerzlinderung zu sich nehmen sollen, beginnt der nächste Schmerz zugleich im Kampf mit der Krankenkasse. Es ist ein langer Weg und das trotz gesetzlicher Grundlage.

Cannabis soll ins Ladengeschäft

Die FDP fordert im Wahlprogramm eine Legalisierung. Es ist ein langer Weg und das trotz gesetzlicher Grundlage. „Wenn wir schon die Gesetze ändern, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass sie umgesetzt werden“, meint Rogat. Es sei nicht richtig gewesen, diese Pflanze zu kriminalisieren, verurteilt er die bisherige Politik zur Eröffnung der Hanfparade am 12. August in Berlin. „Es kann nicht sein, dass die Krankenkassen uns einen Strich durch die Rechnung machen“, sagt er: „Wir treten an, damit diese Pflanze nicht weiter kriminalisiert wird.“ Cannabis solle demnächst auch in Ladengeschäften verkauft werden, genau wie Alkohol oder Tabak. Außerdem kann es dafür auch eine Beratung geben, die einen falschen Umgang mit der Droge verhindert. „Wir brauchen eine Drogenpolitik, die diesen Namen auch verdient“, fordert Rogat und bringt die Menge zum Jubeln.

Für Rogat ist es wichtig, „extreme Positionen, wie die Cannabis-Legalisierung stärker zu besetzten“. Das ginge vor allem durch die Jugend. Rogat sieht sich selbst zu 70 Prozent als JuLi und nur zu 30 Prozent als FDPler. „Ohne den Nachwuchs ginge in vielen Parteien gar nichts“, bekräftigt er die Rolle seiner JuLis. „Wir sind nicht nur die Plakataufhänger“, berichtet er von einem Verhältnis auf Augenhöhe zwischen Mutterpartei und Nachwuchs.

Mit der Legalisierung von Cannabis oder auch sozialem Wohnungsbau begibt er sich auch auf den Kurs anderer Parteien. Überschneidungen findet er aber nicht schlecht, da es um einen möglichst breiten gesellschaftlichen Konsens gehe. Allerdings dürfe nicht zu viel bürokratisiert werden. Darin unterscheide sich wiederum die FDP: „Man muss sehr viel mehr Wettbewerb zulassen.“ Die Mietpreisbremse sei eine nette Idee, löse jedoch nicht die Knappheit, die an Wohnungen vorhanden sei, erklärt er.

Im Wahlkampf befindet er sich jetzt bereits seit einigen Wochen. Flyer designen, Werbeflächen beantragen – all diese Organisation sei bereits sehr intensiv gewesen. Anschließend wurden viele Gespräche geführt, auch auf der Straße. Besonders spannend fand Rogat, dass ihn einige Menschen dort direkt als Kandidaten angesprochen haben.

Rogat will über Listenplatz in den Bundestag

Die Wahrscheinlichkeit, dass Roman-Francesco Rogat am Wahltag tatsächlich in den Bundestag einzieht, ist realistisch gesehen nicht besonders hoch. Gegen bekannte Kandidatinnen wie Petra Pau (Die Linke) oder Monika Grütters (CDU-Landesvorsitzende) sind seine Chancen auf ein Direktmandat eher gering. „Man hat schon Schweine fliegen sehen“, scherzt Rogat dennoch. Bei einem guten Ergebnis seiner Partei über die Zweitstimme in Berlin habe er jedoch eine kleine Möglichkeit über einen Listenplatz einzuziehen.

Bis zuletzt will er deshalb um jede Stimme kämpfen – persönlich, auf der Straße und im Netz. Nur dort könnten ihn die Menschen sehen, denn Wahlplakate von ihm hängen nicht an den Laternen. „So eitel bin ich dann doch nicht“, sagt er trocken und kann sich dabei sein Lachen nicht verkneifen. Wenn die Wahllokale schließen und die ersten Ergebnisse durchsickern, will Rogat auf der FDP-Wahlparty im „Freudentaumel verfallen“. Für ein starkes Ergebnis der gesamten FDP ist er angetreten und dieses, so prognostiziert er, liege am 24. September bei elf Prozent und führe zur drittstärksten Fraktion im Bundestag. In seinem Bezirk will er zudem die Fünf-Prozent-Hürde knacken, nachdem es dort bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus nur zwei Prozent für die FDP gab. Doch damals kannte Marzahn-Hellersdorf auch Roman-Francesco Rogat noch nicht. In Zukunft will er seine eigene Erfolgsgeschichte schreiben: Der junge Mann mit Doppelnamen und der junge doppelnamige Bezirk.

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