Pressefreiheit gibt es nicht umsonst

Für Pressefreiheit sind wohl die meisten in unserer westlichen Gesellschaft. Schließlich sind die Medien in einer Demokratie unerlässlich. Aber kann man sich gute Recherche und Unabhängigkeit in Zeiten der Digitalisierung überhaupt noch leisten?

Foto: Mika Baumeister/ unsplash

Oskar Vitlif ist jung und vermutlich auch etwas ehrgeizig. Ein Medienmacher, der in Hamburg für die tagesschau im Social Media Team arbeitet und schon einige Stationen in der Medienbranche gesehen hat. Unter anderem war er beim Lokalfunk in NRW beschäftigt. „Da sind Tagessätze von 80 Euro pro Tag nichts Ungewöhnliches“. Ein monatliches Gehalt von ca. 1600 Euro also. Rosige Vergütung für Journalist*innen sieht anders aus. Somit findet er es auch nicht übertrieben, die durch die Digitalisierung bedingte Finanzierungkrise in den Lokalmedien als Bedrohung für die Pressefreiheit anzusehen.

Bei der Süddeutschen Zeitung und den anderen großen Flaggschiffen der deutschen Medienbranche  verdiene man noch gut, aber der Lokaljournalismus ist in seiner Existenz bedroht. Er prophezeit der klassischen Lokalzeitung eine Halbwertszeit von gerade mal 10 Jahren. Schließlich sei das bisherige Geschäftsmodell tot. Sinkende Auflage und zurückgehende Werbeeinahmen könnten ihm letzend Endes Recht geben: Die traditionelle Lokalpresse wird es wohl nicht mehr lange geben.

Medienpluralismus in Gefahr

Aber ist das nicht alles Jammern auf hohem Niveau? Deutschland belegt dieses Jahr Platz 11 im Ranking der Pressefreiheit. Hochgerutscht von Platz 1 im letzten Jahr. So schlimm kann es dann doch nicht um unsere Medienlandschaft bestellt sein? Ja und nein, ist wohl beides die richtige Antwort. Die deutschen Medien sind gut aufgestellt und der deutsche Staat bietet den Journalisten einen ordentlichen rechtlichen Schutz, um Ihrer Arbeit nachzugehen. Nichtsdestotrotz, stellt auch Slyvie Ahrens-Urbanek von Reporter ohne Grenzen fest, dass der Medienpluralismus in Deutschland in Gefahr ist. Wenn Mantelredaktionen für mehrere Zeitungen ein und denselben Artikel verfassen, ist das zwar ökonomisch sinnvoll, journalistisch jedoch fragwürdig. Die Erosion des Geschäftsmodells also doch eine Gefahr für unsere Demokratie?

Fest steht, dass ein Wandel im Bereich des Lokaljournalismus stattfinden muss, damit die Qualität der Berichterstattung und die Finanzierung langfristig sichergestellt sind. Aber wie sehen die Lösungen für dieses Problem aus? Der Zeitungsforscher Horst Röper forderte auf einer Podiumsdiskussion des Deutschen Journalistenverbands im letzten Jahr eine Finanzierung des Lokaljournalismus aus öffentlichen Geldern. Sicherlich eine diskutable Idee. Inwiefern dies angesichts der wachsenden Kritik an der Finanzierung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks durch gesetzliche Beiträge realistisch ist, steht wohl auf einem anderen Blatt.

Mitgliedschaften als Lösung?

Vielversprechender erscheint hingegen die Finanzierung durch Mitgliedschaften, in Kombination mit einer Verlagerung der Inhalte ins Digitale. Erfolgreiche Medienangebote dieser Art gibt es bereits. So wirbt krautreporter.de damit, werbefreien und unabhängigen Content durch die Beiträge seiner Mitglieder bieten zu können. Vorbild für krautreporter war das niederländische Magazin „De Correspondent“, das bereits seit 2013 „unbreaking news“ bietet. Entschleunigte Nachrichten mit Mehwert, finanziert durch die Leser*innen.

Aber wer weiß? Vielleicht werden sich die Lokalmedien durch den ökonomischen Kostendruck irgendwo zusammenraufen und gemeinsam ein Netflix für Lokaljournalismus anbieten. Vielfalt und Kostendeckung in einem. Jedenfalls geht es wohl nicht einfach so weiter wie bisher, ohne die Leser* innen mehr zur Kasse zu bitten. Auch wenn die Gratismentalität im Web das Konsumverhalten von medialen Inhalten nachhaltig geprägt hat, hat Oskar Vitlif Recht, wenn er sagt: „Eine Zeitung hat immer Geld gekostet“. Und das sollte sie auch. Das Geld der Leser*innen ist schlussendlich nämlich ein Beitrag zur Pressefreiheit und Demokratie.

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