Berlin zwischen Party und Demonstration 



Der Begriff „Demonstrationen“ löst unterschiedliche Vorstellungen aus – je nachdem, aus welchem Land man kommt. Qasim Alqasim und Saad Yaghi kommen aus Syrien. Sie haben sich am 1. Mai in Berlin auf dem MyFest und bei der Revolutionären Demonstration umgesehen und ihre Beobachtungen festgehalten.

MyFest in Berlin-Kreuzberg / Foto: Mohamad Rajab/Tarek Bunni
MyFest in Berlin-Kreuzberg / Foto: Saad Yaghi

Der Geruch von gegrilltem Fleisch am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg hängt uns noch immer in der Nase, wie die Musik, die die Wände unserer Gehirne zum Vibrieren brachte – und ihr Echo, welches meine Erinnerung aufgerufen hat. Lächelnde Gesichter überall. Migrantinnen nutzen den Tag der Arbeit, indem sie türkische Köfta verkaufen, um etwas Geld zu verdienen.

Auf beiden Seiten der Straße finden sich prächtige Gebäude. Alle Straßen sind mit Menschen überfüllt, und je weiter wir laufen, desto tiefer tauchen wir in die Details. Man sieht Menschen, die glücklich tanzen und feiern. Dazwischen Liebende, die sich küssen.
Man merkt, dass der Erste Mai, Tag der Arbeit, hat ein internationales Gesicht. Die Vielfalt der Menschen auf dem Gelände des MyFests in Berlin-Kreuzberg ist ein typischer Anblick an diesem Tag. Unter den Feiernden finden sich internationalen Studentinnen und Studenten sowie Menschen aus der ganzen Welt. Alle treffen sich um Spaß zu haben.

Ein Schrei für die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter

Einen Gegensatz zur freudigen Atmosphäre am Oranienplatz bilden laute Stimmen in verschiedenen Teilen Berlins. Ein pulsierender Schrei am Wismarplatz in Friedrichshain steht für den Tag der Arbeit und den Kampf für die Rechte der Arbeiter und Arbeiterinnen. Die Demonstranten und Demonstrantinnen wollen, dass die Gehälter steigen und sich die allgemeine Lebenssituation verbessert. Sie wollen keine Angst mehr davor haben, auf die Straße zu gehen und für ihre Rechte zu kämpfen. „Ich möchte die Gesellschaft verändern“, sagt uns ein Teilnehmer der Demonstration. Ein anderer erklärt: „Das Ziel ist, den Kapitalismus abzuschaffen.“ 

Am Wismarplatz erheben sich die Stimmen der Teilnehmenden. Sie halten Transparente in die Höhe und singen dazu ein revolutionäres Lied, das aus Palästina stammt. Der Text des Liedes handelt von Freiheit, der Liebe zum Widerstand und der Verteidigung der Rechte. „Alle haben Panzer und wir haben nur Steine“, heißt es im Text. Die Lieder aus unterschiedlichen Regionen der Welt zeigen aus unserer Sicht, wie vielfältig die Demonstration ist. Wir denken, dass das eine eine starke Botschaft an die deutsche Regierung sendet. 
Die Banner thematisieren die Einheit der Arbeiter und Arbeiterinnen in verschiedenen Teilen der Welt und fordern, gemeinsam für soziale Gleichheit und Solidarität zu kämpfen.

Demo am 1. Mai in Berlin / Foto: Mohamad Rajab/Tarek Bunni
Demo am 1. Mai in Berlin / Foto: Foto: Saad Yaghi

So viel Polizei, dass sie eine belagerte Stadt befreien könnte

Bei der Feier und der Demonstration sind Polizistinnen und Polizisten anwesend. Am Oranienplatz in einer Anzahl, die uns akzeptabel erscheint. Ihre Aufgabe es ist, die Sicherheit zu wahren und für Passanten und Passantinnen ansprechbar zu sein. Aber am Wismarplatz ist genug Polizei, um eine von Eindringlingen eroberte Stadt befreien zu können. Die Polizei hat Helme, Gummistöcke und eine große Anzahl von Fahrzeugen dabei. Diese Fahrzeuge bilden Wände, damit niemand hindurchlaufen kann.
Auf den Straßen und den Gehwegen, in denen die Menschen gefeiert haben, liegt eine große Menge von Müll sowie leere Flaschen und Essensreste. In der späten Nacht wird das die Reinigungskräfte der Stadt viel Kraft und Mühe kosten.
Für mich war dieser Erste Mai in Berlin eine neue Erfahrung. Wenn ich das Wirt Demonstration höre, denke ich sofort an Feuerwaffen, Munition und zivile Opfer. Wir Syrerinnen und Syrer können nicht einfach so auf die Straße gehen und demonstrieren, denn das könnte unser Leben kosten.

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