Wie kann Migration humaner gestaltet werden?

Die Flucht aus dem Heimatland ist für viele Menschen der allerletzte Hoffnungsschimmer auf ein besseres Leben. Wie können die EU und Afrika mit Migrationsbewegungen umgehen? Wie können Fluchtursachen bekämpft werden? Evindar Gürel war für euch bei der Podiumsdiskussion WeltBaustelle Migration bei der Eine-Welt-Landeskonferenz in Münster dabei. 

WeltBaustelle Migration: Olaf Bernau, Odette Caldwell, Serge Palasie, Stefanie Hilt (v.l.)/ Foto: Konstantin Baur

Der Moderator Serge Palasie (Eine Welt Netz) erläutert gleich zu Beginn, dass die Flucht nur ein Extremfall von Migration ist und Migration in verschiedenen Versionen vorkommen kann. Hierbei gibt er Beispiele aus der Geschichte, die verdeutlichen, dass Migration die Menschheitsgeschichte überhaupt ermöglicht hat. Er nimmt dabei Bezug auf die Völkerwanderung des Homo Sapiens Sapiens aus Afrika in andere Regionen der Welt. In der Geschichte kamen über Jahrhunderte Zwangsmigration, Bevölkerungsverschiebungen, europäische Kolonisierung und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs weitere Formen von Migration dazu. Jede Form sei eine neue Herausforderung für die jeweiligen Regimes, betont Serge Palasie. Das zeigen auch die Beispiele der Referierenden, die sich sowohl mit den Folgen von Migration als auch mit den Möglichkeiten beschäftigen, um Fluchtursachen zu bekämpfen.

Seenotrettung ist verpflichtend, aber nicht die Aufnahme

Die erste Referentin war Stefanie Hilt von (Sea-Watch e.V.). Sie war mehrmals bei Seenotrettungen dabei und erzählt von den zunehmenden Schwierigkeiten und der fehlenden Bereitschaft mehr zu helfen und die Seenotrettung humaner zu gestalten. Sie erzählt davon, wie die Libysche Küstenwache von der EU ausgerüstet wird, um die Gewässer zu kontrollieren. Sie berichtet auch, dass aus der Seenot „Gerettete“ aufgesammelt werden und in Libyen in Camps gesteckt werden. Stefanie Hilt spricht von einem Teufelskreislauf. Die EU sei sich der gewaltsamen Behandlung der Flüchtenden bewusst. Dies werde jedoch so hingenommen, weil rechtlich Seenotrettung verpflichtet sei, aber nicht die Aufnahme des Geretteten. Ebenso fehle Rückhalt in der Gesellschaft. Wenn diese Stellung nehmen würde, könnte man Druck schaffen und für völkerrechtliche Änderungen sorgen. Für einen langfristigen humanen Umgang mit Geflüchteten schlägt sie vor, den Grenzschutz abzubauen, für eine sichere Einreise und ein faires Asylverfahren zu sorgen.

Bildung ist die größte Hilfe, um Fluchtursachen zu bekämpfen

„Wir sind Mitverursacher von Migration in Afrika“ stellt Odette Caldwell fest. Sie ist Unesco-Botschafterin in Guinea und versucht, durch Zusammenarbeit mit Firmen und Bildungsangeboten jungen Leute eine Perspektive in Afrika zu bieten, da viele aus Hoffnungslosigkeit fliehen. Sie vertritt die Meinung, dass sich durch Alphabetisierung und Bildung neue Möglichkeiten sowohl für die Menschen, als auch für die Zukunft des jeweiligen Landes eröffnen. Die Abhängigkeitsverhältnisse zwischen der EU und Afrika änderten sich erst durch Bildung langfristig. Es herrsche ein Dominanzeffekt in den EU-Afrika-Beziehungen, der auch Druckeffekt genannt werden könne, betont Odette Caldwell. Der Druck, der über die jeweiligen Instanzen weitergegeben werde, erschwere eine offene Kommunikation. Odette Caldwell vertritt die Meinung, dass Bildung Afrika eine eigene Stimme geben kann, um die Abhängigkeit von der EU zu überwinden.

Brotkorb für Westafrika

Auch Olaf Bernau engagiert sich mit Afrique-Europe-Interact vor Ort für die Rechte von Bauern und Bäuerinnen, die z.B. von Landraub betroffen sind. Landraub bedeutet, dass Bauern und Bäuerinnen von ihren Feldern oder von ihrem Land vertrieben werden oder, dass es so strenge Regeln gibt, dass sie früher oder später ihr Land abgeben müssen. Afrique-Europe-Interact hat in Mali eine bäuerliche Basisgewerkschaft gegründet, mit deren Hilfe sich Bauern und Bäuerinnen organisieren und für ihre eigenen Rechte einsetzen können. Darüber hinaus setzt sich das Netzwerk für die Rechte von Migrantinnen und Migranten ein. Hierbei insbesondere für die, die abgeschoben wurden und in ihrem Herkunftsland mit sozialer Exklusion und mit Erniedrigungen rechnen müssen. Sie gelten als Verliererinnen und Verlierer, die es nicht geschafft haben, nach Europa zu flüchten. Afrique-Europe-Interact unterstützt Amo, eine Organisation, die ein Netzwerk von Abgeschobenen für Abgeschobene aufbaut, um ihnen zu helfen, wieder in der Herkunfts-Gesellschaft anzukommen.
Die Podiumsdiskussion kam zu der Erkenntnis, dass Bemühungen auf beiden Seiten in den EU-Afrika-Beziehungen nötig seien, um langfristig für Verbesserungen in Herkunftsländern und faire Asylverfahren sowie eine humanere Behandlung in den Aufnahmeländern zu sorgen. Stefanie Hilt betonte, dass es dabei nichts bringe, die EU für alles verantwortlich zu machen. Beide Seiten sollten für faire und humane Verhältnisse sorgen.

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