AfD-Mann Rottmann: Kritik an der Lebensweise der eigenen Vorsitzenden

Daniel Rottmann ist einer von 18 Männern in der AfD-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg, in der es nur zwei Frauen gibt. Delia Maria Bauer sprach mit ihm Quotenregelungen, Gesellschaft und seinen Ideen zu Europa. 

politikorange-Redakteurin Delia hinterfragte die Positionen von Daniel Rottmann kritisch. Foto: Niklas Thoms

 

Die AfD will das EEG abschaffen. Dann wird aber weiterhin Gas- und Kohlekraft genutzt. Wie wird dann das Klima auf längere Sicht geschützt? Wie will die AFD das Klima schützen?

Die Frage ist, wie ein Energiemix funktionieren kann. Da haben wir mehrere Themenpunkte. Wenn wir in Deutschland die Kernkraftwerke abschalten und den Strom in Teilen  aus Frankreich beziehen, wo er in Kernkraftwerken produziert wird, ist das unlogisch. Ein anderer Punkt ist die Windenergie. Die ist grundsätzlich sinnvoll, aber nicht unbedingt an allen Stellen nötig. Wenn in Baden-Württemberg ganze Bergkuppen abgeholzt und zubetoniert werden, da muss man sich fragen: Macht das Sinn?
Natürlich ist es sinnvoll, Energieformen die das Land voranbringen, die auch nachhaltig sind bis zu einem gewissen Maß, finanziell auch besser zu stellen. Die Frage ist aber, ob das EEG wie es jetzt stattfindet, wirklich sinnvoll ist. Da sie auch gerade für die Endverbraucher eine sehr hohe Belastung darstellen und es mittlerweile sehr viele Haushalte gibt, bei denen der Strom abgestellt wird. Wir sind deshalb dafür, dass man einen gewissen Energiemix erhält und bei der Umstellung prüft, dass man es nicht über das Knie bricht wie 2011 nach Fukushima. Wir sollten also eine gesunde Mischung wählen und nicht überstürzt handeln.

Großbritannien tritt aktuell aus der EU aus. Unterstützt Ihre Partei so etwas auch für Deutschland?

In unserem Programm der AfD fordern wir nicht den unmittelbaren Austritt aus der EU, weil die Handelsbeziehungen auch ein wichtiger Punkt sind. Wir sehen aber die EU in der jetzigen Form absolut kritisch. Es muss sehr viele Reformen geben. Wir setzen uns stark dafür ein und es wäre sicherlich auch der letzte Schritt, zu sagen: Wenn Reformen nicht greifen, dann sollte auch Deutschland austreten.

Wie sehen denn Ihre Vorschläge für Reformen aus?

Abbau von Bürokratie, Abbau von dem großen Verwaltungsapparat und Subsidiarität. Was kann auf nationaler oder auch auf Bundesländerebene geregelt werden? Es ist teilweise erschreckend, wie viel auf EU-Ebene beschlossen wird. Selbst hier hat der Bundestag oder der Landtag oft keine Möglichkeit in irgendeiner Weise mitzusprechen.

Würde dies im Umkehrschluss bedeuten, dass was Sie hier im Landtag besprechen keine Relevanz für die Kommune hat? Den die Kommune auch sagen kann: „Was die Instanz über uns entscheidet, interessiert uns nicht, wir wollen da noch stärker mitreden.“

Man muss manchmal fragen, was auf welcher Ebene zu regeln ist. Manches ist sinnvoll, wenn es die Kommune selbst regelt. Aber auch da gibt es Zweckverbände, in denen mehrere Kommunen zusammen arbeiten. Da macht es Sinn, einiges auf Landkreisebene zu machen. Bei manchen Sachen ist es sinnvoll, es auf EU-Ebene zu machen.

Was erzählen Sie den Schülerinnen und Schülern beim #EPjugendforum, warum die EU wichtig ist und welche Vorteile sie bringt?

Ich bin mir manchmal nicht sicher, wie viele Vorteile die EU bringt. Aber man hat dadurch auch gewisse Ebenen auf denen Dinge geregelt werden, die man nicht bei jeden Einzelfall neu aushandeln muss. So kritisch wie wir auch den Euro und dieses Gefälle von zu starken und schwachen Ländern sehen – eine komplette Abschaffung wäre wiederum problematisch. Beim Umweltschutz macht es Sinn, manche Sachen abzugleichen.

Leistungsfeindliche Geschlechterquoten sollen abgeschafft werden, laut Ihrem Standpunkt. Treibt das die Diskriminierung von Frauen voran? Sie haben beispielsweise auch nur zwei Frauen in Ihrer Fraktion – wären die auch für eine Abschaffung?

Wir sind grundsätzlich gegen Quoten, weil wir der Meinung sind, dass sich die Leute auf Grund ihrer Qualifikation durchsetzen sollen und nicht auf Grund des Geschlechts. Sicherlich müssen wir schauen, wo Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen verbessert werden können. Da ist sicherlich ein Mangel in unserem Land. Aber Quoten sind aus unserer Sicht nicht der richtige Weg.

Ist es bei Ihnen Thema in der Fraktion denn ein Thema, wie man mehr Frauen gewinnen kann? Das Verhältnis bei Ihnen steht derzeit 18:2.

Bei uns spielt momentan eher noch das Lagerdenken eine Rolle – nach dem Motto welcher Gruppe der Partei diese Abgeordneten angehören. Das ist eher wichtiger als die beruflichen Hintergründe oder das Geschlecht.

Bleiben wir beim Thema Frauen und Selbstbestimmung: Würde ein Frau in der Gesellschaft nach Ansicht der AfD noch akzeptiert werden, wenn sie abtreibt? Laut ihrem Programm, werden Abtreibungen nicht gefördert.

Zum einen ist das eine persönliche Entscheidung, die man oft im kleinen Kreis hält. Das ist dann auch erstmal der Platz, wo es in erster Linie hin gehört. Folgendes: Das Ziel soll nicht sein, Frauen zu verurteilen, die abgetrieben haben. Es geht uns darum, zu verhindern, dass Kinder abgetrieben werden und zu schauen, was dafür getan werden kann, damit das Leben der ungeborenen Kinder erhalten werden kann. Da ist ein Aspekt, zu überlegen, wie man Gesetze verschärft, aber es geht nicht darum, die Frauen die abgetrieben haben, im Nachhinein zu verurteilen. Ich glaube, für viele ist das keine leichte Entscheidung und vielen geht das ein Leben lang nach und beschäftigt das. Uns geht es um den Schutz des ungeborenen Kindes. Wir wollen Frauen nicht verurteilen, die es durchführen lassen.
Werbung finde ich hingegen schon problematisch. Manchmal entsteht der Eindruck, es wäre nur ein ‚Zellklumpen‘. Manchmal ist die Bedeutung eines menschlichen Lebens unterschätzt. Wenn man bedenkt, wie bei der Krötenwanderung die Tiere geschützt werden. Ein Drittel der menschlichen Kinder werden abgetrieben, das finde ich erschreckend in einem Land, das eigentlich gut da steht. Da müssen wir etwas ändern. Ein Mittel wäre vielleicht auch, früher über Verhütungsmittel aufzuklären.

Das ist eine gute Überleitung, denn Aufklärung und Frühsexualität ist ein wichtiges Thema. In ihrem Programm, wollen sie die aber aus Bildungsinstitutionen verbannen. Wie soll die Aufklärung dann geschehen?

Ich selbst war Buchhändler und habe Bücher gesehen, die für Kindergartenkinder super geeignet sind. Sexualkundeunterricht macht auf jeden Fall Sinn, die Frage ist aber ab wann. Bei uns war das ab der sechsten Klasse der Fall. Sicherlich muss man da das ein oder andere auch etwas früher ansprechen. Die Frage ist halt, ob man sämtliche sexuelle Spielarten da erklären muss. Es ist schon ein Thema, wo auch Eltern ein größeres Mitspracherecht haben sollten. Ich finde es grundsätzlich richtig, dass Aufklärung von den Eltern passiert, ein gewisses Maß kann auch über die Schule geschehen. Ich denke, es ist gut, wenn man den Eltern die Chance gibt, es vorher zu machen.

Warum wird in der AfD die Homosexualität nicht befürwortet?

Wir leben in einem Land, indem jeder leben kann, wie er will. Aber wir sind gegen eine Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften als Ehe, weil wir der Meinung sind, dass die Ehe für Mann und Frau vorbehalten ist, so wie es auch ursprünglich im Grundgesetz verankert war. Denn Familien sind eine wichtige Keimzelle des Lebens, in der Kinder entstehen. Ganz bewusst wollen wir andere Partnerschaften der Ehe nicht gleichstellen. Doch die gibt es durchaus. Auch unsere Vorsitzende [Anm. d. Red.: Alice Weidel] im Bundestag lebt in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit Kindern.

Ist das nicht ein Widerspruch innerhalb Ihrer Partei?

Schon spannend! Da gab es auch unterschiedliche Diskussionen, nämlich was als Familie gilt und was nicht. Ich fand es zum Beispiel kritisch, wie Alice Weidel für ihre Beziehung mit ihren Kindern den Begriff Familie verwendet hat. Denn für mich ist eine Familie: Vater, Mutter, Kind. Die Frage ist, dehnt man den Begriff aus? Oder findet man alternative Begriffe? das war in der AfD nicht unumstritten und hat sie auch Stimmen gekostet, als sie für den Landesvorstand kandidieren wollte und sicherlich auch ein Grund, warum nicht alle mit ihr glücklich sind. Ich gehörte auch zu den Kritikern. Ich schätze ihre Arbeit im Bundestag sehr, aber das ist für mich auch ein Thema, wo ich sie lange Zeit sehr kritisch gesehen haben.

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