Politik zum Anfassen? – Ein kritischer Check des Jugend-Check

Der Jugend-Check untersucht aktuelle Gesetzesentwürfe auf ihre „Jugendfreundlichkeit“. Die Ergebnisse helfen der Politik, die Interessen der Jugendlichen nicht aus den Augen zu verlieren. Doch schafft es der Jugend-Check auch, Jugendlichen neue Gesetze verständlich zu machen? Ein Kommentar.

Der erste Bericht des Kompetenzzentrum Jugend-Check. Foto: Sebastian Hennel

Neue Gesetze müssen viele Interessen berücksichtigen. Damit die der Jugendlichen nicht aus dem Fokus geraten, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zusammen mit dem Kompetenzzentrum Jugend-Check (KomJC) und weiteren Institutionen den Jugend-Check entwickelt. Mit diesem Instrument sollen Gesetzesentwürfe auf ihre „Jugendfreundlichkeit“ geprüft werden. Eine gute Sache. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendringes (DBJR), Daniela Broda, nannte es gar einen „Baustein für eine eigenständige Jugendpolitik“.

Von Seiten der Politik war das Lob bei der Übergabe des ersten Berichts des Kompetenzzentrums Jugend-Check am 13. November 2018 groß. Die parlamentarische Staatssekretärin Caren Marks spricht von großem Mut: „Wir haben eine Idee Wirklichkeit werden lassen.“

Verwaltungen sowie Politikerinnen und Politiker können mithilfe des Jugend-Checks Gesetzesentwürfe aus Sicht von jungen Menschen betrachten und überdenken. Wie sieht es aber mit den Jugendlichen selbst aus? Der Jugend-Check richtet sich explizit an Fachleute, nicht an die Betroffenen selbst. Das wird schon bei einem kurzen Blick in die Berichte deutlich:

Juristisches Kauderwelsch   

Ein 13-Jähriger, der sich beispielsweise über die Änderungen des Gesetzesentwurfes zur Telekommunikation informieren will, wird auf der Internetseite jugend-check.de über folgende Sätze stolpern:

„§ 77i Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) wird um eine nicht abschließende Unzumutbarkeitsregel erweitert. Hiernach können Anträge von Personen nach § 77i Abs. 2 TKG, die auf eine Mitverlegung von Komponenten digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze im Rahmen von zumindest teilweise öffentlich finanzierten Bauarbeiten abzielen, abgelehnt werden, wenn dies unzumutbar ist.“ (Seite: jugend-check.de, Stand: 13.11.2018)

Das ist wohl kaum verständlich, wenn man nicht schon ein paar Semester Jura hinter sich hat. Für die jüngeren Lesenden hat der Jugend-Check deshalb mit mein.jugend-check.de eine zweite Internetseite für jüngere Leserinnen und Leser konzipiert. Das ist ein lobenswertes Zusatzangebot, das nicht in den eigentlichen Projektauftrag des Kompetenzzentrums Jugend-Check fällt.

Zwar ist die Sprache auf mein.jugend-check.de einfacher – doch auch hier lassen die Texte viele Begriffe unerklärt, die unserem imaginären 13-jährigen Leser fremd sein könnten. So wird vorausgesetzt, zu wissen was „Arbeitslosengeld I oder II“ konkret bedeutet, wie es beim Check vom Qualifizierungschancengesetz der Fall ist.

„In bestimmten Fällen soll es auch möglich sein, dass manchen Fällen soll auch ein Teil der Kosten für die Weiterbildung übernommen werden. Auch Menschen, die gerade Arbeitslosengeld I oder II bekommen, sollen einen besseren Zugang zu Weiterbildungen bekommen.“ (mein.jugend-check.de, Stand: 13.11.2018)

Verschenktes Potential für Politikfrischlinge

Es lässt sich zusammenfassen: Als Instrument für die Verwaltung und Politik betreffend der Frage, wie diese Interessen von Jugendlichen berücksichtigen können, erfüllt der Jugend-Check seine Ziele.

Geht es jedoch darum, Jugendlichen Politik näher zu bringen, tut er sich mit unnötig komplizierten Formulierungen schwer und verpasst damit die Chance, gerade Neulinge beim Thema Politik abzuholen. Mit der zweiten Internetseite in „Jugendsprache“ ist ein Schritt getan. Das ist ein guter Ansatz – zumal das Kompetenzzentrum damit über seine Kernaufgabe hinausgeht.

Da der Jugend-Check viel Potenzial bietet, Jugendlichen Gesetzgebung verständlicher zu machen, wäre es schön, diesen Weg noch konsequenter fortzuführen. Wünschenswert wäre, das Projekt auszuweiten und Mittel bereitzustellen, um die Chancen zu nutzen. Denn nur wer politische Entscheidungen versteht, kann diese auch kritisieren.

Mehr zum Jugend-Check und wie er funktioniert findet ihr hier.

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