Der „Jugend-Check“ soll ein Instrument für jugendfreundlichere Gesetzgebung sein. Was genau seine Ziele sind und wer hinter dem Projekt steht, untersucht Sebastian Hennel, der bei der Übergabe des ersten Jugend-Check-Berichts in Berlin dabei war.
Die Jugend ist die Lebensphase, von der viele auch noch in späteren Jahren gerne schwärmen – sei es beim Gedanken an den ersten Kuss oder an den Tag, an dem man zum ersten Mal nach 21 Uhr ins Bett gehen durfte. Jugendliche von heute werden die Gesellschaft von morgen mitbestimmen und daher ist es um so wichtiger, dass ihre Ideen schon jetzt bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden.
Politik ≠ Jugend
Ständig treten neue Gesetze in Kraft. Damit Politikerinnen und Politiker abschätzen können, welche Auswirkungen Gesetze auf ihr Leben und die Zukunft junger Menschen haben, wurde im August 2017 das Kompetenzzentrum Jugend-Check (KomJC) in Trägerschaft des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung (FÖV) eingerichtet. Finanziert wird es vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) – zunächst bis Ende August 2019.
Aufgabe des Kompetenzzentrums ist die Weiterentwicklung und Durchführung des Jugend-Checks. Ziel ist, zu einer jugendgerechteren Gesetzgebung beizutragen. Die Auswirkungen von Gesetzesvorhaben auf Jugendliche sollen bereits während ihrer Entstehung mitbedacht werden, sodass Wirkungen sowie etwaige Nebenwirkungen im Bezug auf die Interessen der Jugendlichen im Vorfeld sichtbar werden. Ebenfalls wird eine generelle Sensibilisierung bezüglich einer jugendfokussierteren Gesetzgebung angestrebt.
Für eine jugendgerechte Gesetzgebung
Der Jugend-Check ist damit essentieller Bestandteil der Jugendstrategie des BMFSFJ. Nun sei es natürlich naheliegend, dass sich das BMFSFJ mit jugendrelevanten Themen auseinandersetze und sich das Instrument daher leicht in den dortigen Arbeitsalltag einbetten ließe, sagt die Parlamentarische Staatssekretärin, Caren Marks (SPD). Was die bisherige Resonanz jedoch gezeigt habe, ist, dass auch andere Ministerien jugendrelevante Themen verhandeln, die nach den Kriterien des Jugend-Checks bewertet werden können. Der Jugend-Check sei somit innerhalb eines Jahres zu einem seriösen Instrument der politischen Landschaft geworden. Eine permanente Etablierung im Gesetzgebungsverfahren sei für eine nachhaltige Jugendpolitik wünschenswert, sagt Caren Marks.
Die standardisierte Methodik des KomJC
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check ist an das unabhängige Institut für Gesetzesfolgenabschätzungen und Evaluation (InGFA) angegliedert , so dass auf bereits vorhandenes Fachwissen zurückgegriffen werden kann. Mit der Hilfe des Instituts wurde die standardisierte Methodik interdisziplinär entwickelt. Durch sozialwissenschaftliche, volkswirtschaftliche und juristische Expertise kann ein Gesetzesentwurf vorab geprüft und weiter im Plenum besprochen werden, sollte ein möglicher Effekt auf die junge Generation von Menschen zwischen 12 und 27 Jahren festgestellt werden.
Dabei differenziert das Kompetenzzentrum Jugend-Check zum Beispiel durch die Unterteilung in urbane und ländliche Lebensmittelpunkte. So hat das Tierwohlkennzeichengesetz eine größere Bedeutung für junge Menschen aus ländlicheren Räumen. Ausführliche Stellungnahmen werden anschließend an den Gesetzgeber geschickt, damit die Auswirkungen berücksichtigt werden können. Ferner werden die Jugend-Checks auf der dafür eingerichteten Website veröffentlicht, um die gesellschaftliche Debatte weiter anzuregen. Was ist nun aber genau das Besondere an der Veröffentlichung des ersten Jugend-Check-Berichts im November 2018? „Allein die Tatsache, dass ein erster Erfahrungsbericht zur praktischen Anwendung des Jugend-Checks vorliegt, zeigt eindrucksvoll, wie weit die Idee einer Gesetzesfolgenabschätzung für die Jugend vorangebracht werden konnte“, sagt Caren Marks.
Trotz der Tatsache, dass der Jugend-Check kein „Beteiligungsinstrument“ ist, setzt das Kompetenzzentrum dennoch auf die Kommunikation mit Jugendlichen und deren Feedback, um bereits existierende Prüfkriterien weiter optimieren zu können. Im „jugend-audit#1“ wurden im Jahr 2017 70 Jugendliche aus unterschiedlichen Bundesländern und Lebensbereichen eingeladen, um in einen Diskurs über ihre Wünsche rund um das Thema Jugendgerechtigkeit zu treten. Mit zwei Teilnehmenden haben wir gesprochen. Weitere Veranstaltungen und Beteiligungsformate sind für das Frühjahr 2019 geplant.
Die Jugend hat Zukunft – Der Jugend-Check auch?
Nach den Aussagen von Anja Kettgen-Hahn, der Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Jugend-Check, stößt das Instrument bereits jetzt auf großes Interesse. Regelmäßige Anfragen von Bundesländern und Kommunen bestätigen die Relevanz einer jugendorientierten Politik. Der Jugend-Check fände bereits jetzt Berücksichtigung bei den Gesetzgebern und würde sogar zitiert, was ein herausragender Erfolg sei, da erst seit sechs Monaten Jugend-Checks veröffentlicht werden (Stand: November 2018). Zurückzuführen sei dies besonders auf die neutrale Herangehensweise des Kompetenzzentrums, so Kettgen-Hahn.
Um weiterhin zielorientiert arbeiten zu können, sei es wichtig, dass Referentenentwürfe in Zukunft früher eingehen. Durch kurze Bearbeitungsfristen sei es nicht immer möglich, dass zu jedem Gesetzesentwurf ein ausführlicher Jugend-Check veröffentlicht werden kann, sagt die Geschäftsführerin.
Der erste Meilenstein auf dem Weg zu mehr Jugendgerechtigkeit scheint mit der Übergabe des Jugend-Check-Berichts erreicht. Durch wissenschaftlich unabhängige Zusammenarbeit konnte ein transparentes Instrument entstehen, das die Auswirkungen von Gesetzen identifiziert, um den Blick der Politik zu schärfen. Zudem gibt der Jugend-Check wichtige Informationen über die verschiedenen Lebensbereiche der kommenden Generation, die für Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft essentiell sind. Es bleibt also abzuwarten, ob sich der Jugend-Check weiterhin in das politische Geschehen einmischen kann und ob die Förderung, die bis 2019 zugesagt wurde, verlängert wird.