„Die Auseinandersetzung mit anderen Menschen und Ländern erweitert den Horizont.“

In der print-Ausgabe der politikorange zum Thema Rassismus findet ihr kurze Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern der Jugendorganisationen der Parteien. Hier auf dem Blog gibt es ausführlichere Antworten.

Bastian Schneider (27) ist stellvertretender Bundesvorstand der Jungen Union. / Foto: privat

 

Was sind die Probleme unserer Zeit?

Das ist schwierig. Aber wenn ihr mich auf drei festnageln wollt, sind das erstens der demografische Wandel, zweitens die Digitalisierung und drittens die Migration.
Der demografische Wandel betrifft unsere Generation besonders. Es ist unklar, wie die Rente finanziert werden soll, wenn wir einmal alt sind und wer uns irgendwann pflegen kann.
Im Bereich Digitalisierung wandelt sich alles sehr schnell. Das Smartphone hat in den letzten Jahren viele Dinge aus unserem Alltag verdrängt. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Durch Künstliche Intelligenz werden immer mehr Arbeitsplätze wegfallen. Außerdem werden beispielsweise in China viel mehr Ingenieure ausgebildet als bei uns. Wir müssen daher überlegen, wie wir unseren Wohlstand verteidigen können.
Die Migration ist meiner Meinung nach die Jahrhundertfrage. Durch die große Armut und hohe Geburtenrate in den Entwicklungsländern wird dieses Problem nicht einfach und schnell zu lösen sein.

Welche Rolle spielt Identität für dich?

Ich könnte mir jetzt Etiketten wie „Mann“ und „Jurist“ aufkleben. Ich glaube aber, man kann Menschen nicht so einfach in Schubladen stecken. Jeder Mensch ist eben anders.
Wenn ich in den USA bin, fühle ich mich europäischer als hier, weil ich merke, was anders ist.
Identität besteht darin, Dinge festzustellen und sich einzuordnen. Erst durch den Kontakt zu anderen Menschen spürt man, wie man ist.
Unterbewusst definiert man ja immer sich selbst als „normal“. Wenn ich sage, jemand ist sportlich, meine ich eigentlich, jemand ist sportlicher als ich. Identität wächst durch Kontakt.
Die Identität einer Gesellschaft verändert sich laufend. Für uns sind heute andere Dinge normal, als für unsere Großeltern.
Eine ländereigene Identität gibt es insofern, als das Länder geschichtlich unterschiedlich geprägt sind. Wir nennen andere Zahlen als Asiaten, wenn wir nach den wichtigsten Wendepunkten des zwanzigsten Jahrhunderts gefragt werden. Identität ist dynamisch, kann sich also wandeln. Ich bin nicht der gleiche, der ich vor fünf Jahren war, und bei euch ist das sicher genau so.
Heute haben manche Angst, finanziell abgehängt zu werden. Daher konzentrieren sie sich auf das, was ihnen keiner nehmen kann. So kommt es dazu, dass sich Menschen in extremen Maße über nationale Herkunft identifizieren.
Viele Leute identifizieren sich über ihren Beruf. Da stellt sich die Frage, worüber sich Arbeitslose noch identifizieren können.

Wie entsteht Rassismus?

Leute kommen nicht als Rassisten auf die Welt. Das geschieht durch gesellschaftliche Prägung. Niemand, der bereits im Kindergarten Freunde mit Migrationshintergrund hatte, ist später rassistisch. Rassismus ist menschengemacht und wandelt sich.
Unsere Urgroßeltern sind mit der Erbfeindschaft zu Frankreich aufgewachsen. Wir wachsen hingegen mit einer engen Freundschaft zu Frankreich auf. Rassismus ist also überwindbar.

Was tut deine Jugendgorganisation gegen Rassismus?

Wir tauschen uns mit vielen verschiedenen Menschen aus und haben auch viele Mitglieder mit Migrationshintergrund. Man denkt nämlich dann in Stereotypen und hat Klischees, wenn man man etwas nicht kennt. Für meine Generation ist es normal, dass man mit vielen Menschen mit Migrationshintergrund in einer Klasse war. Das war früher anders. Wir wachsen heute anders auf, daher gibt es weniger Rassismus.

Was willst du unseren Lesern zum Thema Identität und Rassismus noch mitgeben?

Seid offen und schaut euch die Welt an. Die Auseinandersetzung mit anderen Menschen und Ländern erweitert den Horizont.
Beteiligt euch in der Politik, dort gibt es viele Facetten. Macht Praktika – auch in Bereichen, in denen ihr später nicht arbeiten möchtet. Was man kennt, sieht man gelassener.
Geht mit offenen Augen durch die Welt. Nehmt nicht nur Informationen auf, sondert engagiert euch auch und übernehmt Verantwortung.
Nehmt neue Blickwinkel ein. Eure Erfahrungen kann euch niemand mehr nehmen.
Tauscht euch mit Menschen aus, die in ganz anderen Lebensrealitäten stecken, als ihr. So gewinnt ihr Offenheit. Je mehr Menschen man kennt, desto weniger denkt man in Schubladen. Redet mit denen, mit denen ihr noch nie geredet habt.
Wir sind alle einfach nur Menschen.

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