Was macht eigentlich … ein Street Worker?

Stell Dir vor, Du lebst auf der Straße – allein, ausgegrenzt, ohne Perspektive. Niemand glaubt an Dich. Gibt es einen Ausweg? Von Maria John Sánchez und Luisa Ringer.

Berliner Street Worker zeigen Gesicht im Zuge der Internationalen Wochen gegen Rassismus. von links nach rechts: Banu Küçük, Mesut Kamali, Katrin Zimmer (Gangway e.V. Team Wedding) / Foto: Maria John Sánchez

 

Obwohl es den meisten Menschen in Deutschland relativ gut geht, gibt es immer noch Jugendliche, die ein Leben auf der Straße führen müssen. Armut und Diskriminierung gehören zu den tagtäglichen Herausforderungen. Viele Menschen rutschen dadurch in Drogenmissbrauch und Kriminalität ab. Aus der Abwärtsspirale wieder herauszukommen ist sehr schwer. Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner sowie Rettungsanker sind dann oft Street Worker, die den Menschen auch dann noch beistehen, wenn diese sich durch andere Institutionen verlassen fühlen.

Street What?!

Street Worker arbeiten – wie der Name es vermuten lässt – hauptsächlich auf der Straße. Hier treffen sie sich mit Jugendlichen, die zuvor freiwillig auf sie zugekommen sind. Typische Aufgaben sind beispielsweise Geflüchtete zu Gerichtsterminen oder zu Behörden zu begleiten, da diese dort auf Bürokratie- und Sprachbarrieren stoßen.

Häufig werden Geflüchtete Opfer von Alltagsrassismus, beispielsweise aufgrund eines „ausländisch“ klingenden Namens. Street Worker helfen ihnen bei der Wohnungs- und Ausbildungsplatzsuche. Als Berater stehen sie ebenfalls in Asylfragen zur Seite oder vermitteln Jugendliche mit Drogenproblemen an geeignete Therapiestellen. Für andere mag es schon ausreichen, dass ihnen während der wöchentlichen Sprechstunde ein offenes Ohr geschenkt wird. Außerdem leisten Street Worker Präventionsarbeit in Form von Workshops oder Projekten. Manche davon stellen die Jugendlichen auch selbst auf die Beine.

Auf den Straßen Berlins

„ZwischenWelten“ ist dabei nur ein Beispiel von vielen. Bei diesem Präventionsprojekt geht es um Gewalt- und Radikalisierungstendenzen bei jungen Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrungen. Seit 2016 setzen sich junge Männer in der Jugendstrafanstalt Berlin damit auseinander, was es bedeutet, sich „zwischen den Welten zu fühlen“. Wie ist es, sowohl eine alte als auch eine neue Heimat zu haben, inmitten verschiedener Kulturen zu leben? Ihre nicht selten von Krieg und Gewalt geprägten Geschichten können die jungen Männer durch Zeichnungen, Film, Schreiben, Theater, Graffiti oder Rap ausdrücken und sich so mit anderen austauschen. Unterstützt wird das Projekt von Gangway, einem Berliner Street Worker Verein.

Das Team Wedding von Gangway e.V. organisiert regelmäßig Gruppensitzungen, in denen Mädchen und junge Frauen unter sich sind, oder Filmabende mit anschließender Diskussionsrunde. So können sich die Betroffenen mit Themen wie Rechtsextremismus, Rassismus und Diskriminierung auseinandersetzen. Daneben können sie ihre Probleme durch gemeinsame Sport-, Theater-, Kunst- oder Musikprojekte verarbeiten.

Offenheit und Verständnis

Street Worker verstehen sich auch als Sprachrohr der Jugendlichen. Sie wollen deren Probleme an die Öffentlichkeit tragen und sichtbar machen. Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus 2017 organisierte die Berliner Gruppe „Girl What?“ unter anderem die Ausstellung „Rassismus aus weiblicher Sicht“. Diese behandelt Erfahrungen über Alltagsrassismus von Frauen aus ganz Berlin. „Wir wenden uns entschieden gegen Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Ausgrenzung“, heißt es auf der Website von Gangway.

Das Stichwort bei allen Veranstaltungen lautet „niedrigschwellig“. Das bedeutet, dass möglichst wenig Hürden wie finanzielle Mittel, Sprache oder Vorkenntnisse die Teilnahme erschweren. Außerdem haben Empathie und Sensibilität einen hohen Stellenwert. Ein Kriegsfilm eignet sich zum Beispiel eher weniger für einen Filmabend mit Geflüchteten. Die Veranstaltungen sollen den jungen Menschen einen Schutzraum ohne soziale Ausgrenzung bieten. Hier können sie offen über ihre Erfahrungen sprechen, sich austauschen und durch gegenseitiges Verständnis ihr Selbstvertrauen stärken.

Es gibt also einen Ausweg – in Zusammenarbeit mit Menschen, die kulturelle Diversität als Bereicherung für die Gesellschaft verstehen. Menschen, die den Mut haben, dem Alltagsrassismus ins Auge zu blicken. Menschen, die Dir helfen, den Weg in Dein eigenständiges Leben zu finden.

 

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