Was funktioniert wahrscheinlich meistens?

Wie gelingt eine Ausstellung über Entwicklungspolitik? Das wollte Niklas Thoms von Stefanie Neumann im Workshop „Vom Wissen zum Handeln“ wissen. Die Tipps der Referentin für Bildungs- und Kampagnenarbeit gibt‘s hier.

 

Ihre Beteilgung ist erwünscht – das lernen die Teilnehmenden des Workshops „Vom Wissen zum Handeln“. / Foto: Erik-Holm Lanfhof

 

„Einen goldenen Weg zu einer erfolgreichen entwicklungspolitischen Ausstellung gibt es nicht!“, sagt Stefanie Neumann zu Beginn ihres Workshops – und zerstört (oder erfüllt?) damit wohl die Erwartung manch eines Teilnehmenden. Doch wenn die Referentin für Bildungspolitik beim Verein Vamos das denkt, dann stimmt es wohl auch: Seit vielen Jahren konzipiert Neumann Ausstellungen, mit denen sie versucht, Menschen für entwicklungspolitische Themen zu sensibilisieren. Und eben jene Menschen sind einfach jedes Mal zu unterschiedlich, als dass sie ein immer gleiches „Erfolgsrezept“ anbieten könnte.

Das „Wer“ und das „Wie“ zählen

Einige Tipps kennt Neumann aber dennoch: Oft steht und fällt die Beliebtheit einer Ausstellung mit den Besucherinnen und Besuchern. Bevor es mit der inhaltlichen Arbeit so richtig losgeht, sollte man sich deshalb viel Zeit für eine genaue Definition der Zielgruppe nehmen, rät die Expertin. Dabei darf man ruhig auch mal kreativ werden und neue Wege gehen. „Vor einer Ausstellung, die wir für den Schulkontext erstellt haben, sind wir beispielsweise schon in der Planungsphase an die Schülerinnen und Schüler herangetreten.“ So hat man bereits früh viel über die Interessen und möglichen Zugänge zur Zielgruppe erfragt. Solche Informationen seien unglaublich wichtig, betont Neumann – auch wenn sie natürlich nicht garantieren, dass das hinterher entwickelte Konzept bei jeder Gruppe Anklang findet. „Was bei einer Zielgruppe super klappt, kann bei der nächsten auch mal völlig schiefgehen.“ Eine gewisse Frustrationstoleranz sei als Workshopleiterin oder -leiter daher hilfreich. Im Grunde, meint Neumann lächelnd, könne man sich sogar immer nur fragen: Was funktioniert wahrscheinlich meistens?

Ethische Dilematta

Ist die Zielgruppe definiert, kann es mit der inhaltlichen und organisatorischen Planung losgehen. Dabei muss deutlich mehr als die Frage „Was drucke ich wohin?“ beachtet werden. Zum Beispiel spielt auch das „Worauf“ eine Rolle. Oft erschwert das Kriterium „Nachhaltigkeit“ die Auswahl der verwendeten Materialien.

Richtig schwierig wird es, wenn zusätzlich Richtlinien beachtet werden müssen. Neumann hat schon Erfahrungen mit Regelungen zum Brandschutz gemacht. „Oft müssen wir dann doch auf Polyester zurückgreifen, weil man beispielsweise für Baumwolle einfach zu viele Chemikalien benötigt, um dem Brandschutz gerecht zu werden“, berichtet sie. Nun ist Polyester als Material nicht gerade nachhaltig – für die Herstellung der Kunstfaser wird Rohöl verwendet. Zum Problem wird das, wenn es in der Ausstellung etwa um die Vermeidung von Plastikmüll geht. „Dieser Widerspruch fällt vielen Teilnehmern natürlich auf und sie fragen nach“, sagt die Referentin.

Ähnlich komplizierte Erfahrungen in Sachen Nachhaltigkeit hat Neumann in Ausstellungn gemacht, die Teilnehmende zu umweltfreundlichem Handeln bewegen wollen. Oft werden Informationen für die Ausstellungen über Tablets verbreitet worden – die Geräte eignen sich dafür am besten. Manche Anwendungen funktionieren allerdings nur auf Geräten, die unter „unfairen“ Bedingungen produziert werden. Auch dann hagele es oft Fragen, sagt Neumann  – und schiebt schnell ein „völlig zu recht natürlich“ nach.

Wie geht man als Ausstellerin oder Aussteller mit solchen Dilemmata um? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops sind sich einig: „ehrlich und direkt“ ist der beste Weg, um Konflikte zu kommunizieren. „Solche Entscheidungen würde ich immer offen ansprechen oder sogar in die Ausstellung integrieren“, sagt eine Frau. So könnten Transparenz und Vertrauen zwischen dem Workshopleitenden und den Teilnehmenden entstehen.

Vom Wissen zum Handeln mit Blümchenpower

Seine Absichten offenzulegen ist für eine Ausstellerin oder einen Aussteller auch dann wichtig, wenn sie oder er Menschen zum Handeln bewegen will. Genau das sei oft die größte Schwierigkeit, sagt Neumann. Deswegen achten sie und ihr Team darauf, dass Ausstellungen und Bildungsangebote stets auch praktisch ablaufen. Beim Projekt „fair flowers“ verteilen Kinder beispielsweise Blumen, um Passantinnen und Passanten dazu anzuregen, sich über die Herkunft des Grünzeugs Gedanken zu machen. Bei der Wanderausstellung „planet plastic“ haben Neumann und ihr Team Menschen zu einer zweiwöchigen „no-plastic-challenge“ – dem weitgehenden Verzicht auf den Kunststoff – angeregt. Ihre Erfolge konnten die Teilnehmenden in einer „App“ messen, die auch Informationen zum Thema Plastik angezeigt hat. Mit solchen Herangehensweisen habe sie gute Erfahrungen gemacht, berichtet Neumann.

Zudem sei es auf jeden Fall hilfreich, die Zielgruppe interaktiv einzubeziehen. Geschehen kann das schon während der Planung oder durch Teilhabe während der Ausstellungen. Ganz falsch sei es hingegen, mit „erhobenem Zeigefinger“ aufzutreten – stattdessen sollte sich der Referierende lieber permanent selbst überprüfen, rät Neumann. In jeder Planungsphasen sollte er sich fragen: „Wer bin ich?“, „Wo will ich hin?“, „Wen will ich erreichen?“ und „Wie politisch will ich sein?“

Am Ende des Workshops ist deutlich geworden, was Stefanie Neumann schon zu Beginn verkündet hat. Einen „goldenen Weg“, wie sich entwicklungspolitische Ausstellungen erfolgreich gestalten lassen, gibt es nicht. Dafür sollte jede Referentin und jeder Referent einige „goldene“ Kompetenzen mitbringen: Die Fähigkeit, Entscheidungen zu reflektieren und gegebenenfalls zu korrigieren gehört ebenso dazu wie die Meinung anderer anzuhören und wertzuschätzen.

 

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