Willst du mit mir wählen gehen?

Am 30. August wurde der Wahl-O-Mat für die Bundestagswahl veröffentlicht. Unsere Autorin Charline Lelgemann war als Mitglied des Redaktionsteams des Wahl-O-Mats bei der Bundespressekonferenz und fasst ihre Eindrücke zusammen.   Wäre die Wahlentscheidung am 24. September 2017 nicht um einiges leichter, wenn man einfach anhand eines Musik-O-Mats seine Parteipräferenz erfahren würde. Wer wollte nicht schon einmal wissen, mit welcher Partei sein Musikgeschmack am meisten übereinstimmt, das gingt auf dem Musik-O-Mat? Wenn die Vorliebe zu Lieder wie „Atemlos durch die Nacht“, „Someone like you“ oder gar „Einigkeit und Recht und Freiheit“ uns die schwierige Auseinandersetzung mit Wahlprogrammen abnähme, würde die Alternative für Deutschland wahrscheinlich auch unter fünf Prozent bleiben. Helena Fischer stammt ja ursprünglich nicht aus Deutschland.   

Bei mir jedenfalls hatten die Freien Demokraten die höchste Übereinstimmung. Deswegen war ich auch sehr gespannt, als endlich am 30. August 2017 der Wahl-O-Mat zur diesjährigen Bundestagswahl veröffentlicht wurde. Nicht nur, um sicherzustellen, mit den Freien Demokraten den meisten Konsens zu erzielen, sondern auch, weil ich als eine von 25 Redaktionsmitgliedern in einem Workshop die Thesen erarbeitet habe.   

Ich bin als eine von 25 Jungredakteuren ausgewählt worden, die den diesjährigen Wahl-O-Mat entwickeln. So machte für ein Wochenende auf den Weg nach Bonn, um bei der Entwicklung vom Wahl-O-Mat mitzuwirken. Dort angekommen, knüpfte ich Kontakt zu jungen Menschen, die wirklich divers waren. Vom Azubi, über die Friseurin, bis zum angehenden Jurastudent waren wir wohl wirklich repräsentativ über das gesamte Bundesgebiet vertreten.    

Wir wurden in Gruppen unterteilt und beschäftigten uns erst einmal mit den Wahlprogrammen, von den Volksparteien bis hin zu den Spaßparteien. Dadurch bekamen wir einen groben Überblick, mit was sich die Parteien beschäftigten. Meine setzte sich mit der Innen- und Außenpolitik und der Europäischen Union auseinander. Schließlich sammelten wir mögliche Themenbereiche, die wir später konkretisierten und abschließend formulierten. Nun ging es zurück ins Plenum, wo wir Überschneidungen mit anderen Gruppen ausmerzen konnten. Später diskutierten wir angeregt über alle Thesen. Verschiedene Entwürfe und Vorschläge wurden unterbreitet.   

Aktuell wird eine These im Wahl-O-Mat über die Erinnerungskultur des Holocausts kritisiert, sie gehöre nicht in den Fragenkatalog. Begründet wurde es damit: Diese Thematik stünde gar nicht in der aktuellen politischen Debatte. So verneint beispielsweise die NPD diese These, doch die AfD bejahrt sie. Denn die Thesen zielen im Wahl-O-Mat nicht darauf ab, dass sie neuen Schwung in den politischen Diskurs bringen, sondern, dass mit den Thesen eine Differenzierung zwischen einzelnen Parteien ermöglicht wird.    

Ein langer Weg bis zur Veröffentlichung

Alle Thesen mussten sich somit einem Auswahlprozess stellen: Decken wir alle Themenbereiche ab? Ist sie verständlich formuliert? Oder bejahrt die These je jeder gleich? Stück für Stück reduzierte sich die Anzahl der Thesen durch mehrere Abstimmungen, bis es schließlich um die 80 Thesen waren.   

Vorerst war damit unsere Aufgabe als Jungredakteure erledigt. Denn nun mussten die Parteien in den darauffolgenden Wochen die Thesen beantworten. Anfang August setzte sich anschließend ein weiteres Team, welches uns schon beim Workshop begleitet hatte, zusammen. Sie besprachen mit den Parteien die Thesen um sicher zu stellen, dass sie die Thesen und Fragen richtig verstanden haben. Rechtsschreibung- oder Grammtikfehler oder sonstige Auffälligkeiten wurden jedoch nicht korrigiert.   

Mitte August wurden dann die finalen Thesen und Fragen ausgewählt und der Wahl-O-Mat war fertig. Und Ende August war es endlich so weit: Vier Spitzenpolitiker aus den zurzeit im Bundestag vertretenen Parteien trafen bei der Bundespressekonferenz ein und durften den Wahl-O-Mat als erstes durchspielen.    

Ich begleitete am 30. August den SPD-Generalsekretär Hubertus Heil durch seinen Wahl-O-Maten. Zahlreiche Kameras und Mikrophone umgaben uns. Bei ihm erschien schließlich eine Zustimmung von 100 Prozent mit der SPD.  

Ein Paar Meter weiter, stellte sich der Generalsekretär der CDU, Peter Tauber, den Fragen. Er wählte zum Vergleichen beim Wahl-O-Mat nur Parteien aus, mit denen er eine mögliche Koalition eingehen würde; somit keine AfD und Linke. Wie Herr Heil kommentierte er jede Entscheidung über eine These. Bei der These über die Obergrenze für Flüchtlinge entschied er sich für ein dagegen. Der Vertreter der CSU stimmte jedoch dafür. Dies erklärt auch die kleine Differenz zwischen den Ergebnissen der CDU und CSU. Herr Tauber nahm dies sichtlich mit Humor, wohl schon gewohnt, dass die bayerische Schwesterpartei mit diesem Thema vom Kurs der Kanzlerin abwich.    

Glücklich nun in der Snapchat-Story von Herrn Tauber zu sein, ergab sich für mich anschließend die Möglichkeit mehrere Interviews zu geben, zum Beispiel der Wirtschaftswoche, der ARD und Reuters.  

Zeitgleich zur Konferenz, wurde auch der Wahl-O-Mat online veröffentlicht. Aufgrund der vielen Zugriffe war er jedoch zeitweise gar nicht mehr aufrufbar. Der Newsfeed bei Facebook wurde in den nächsten Stunden von Wahl-O-Mat Ergebnissen regelrecht überschwemmt.   

Dabei ist aber zu beachten, dass die Ergebnisse beim Wahl-O-Mat nur als Wahlorientierung dienen. Unabhängig vom Wahl-O-Mat sollte sich jeder noch weiter über die einzelnen Parteien und ihre Positionen informieren. Das wurde auch in dem Beitrag der Tagesschau am Abend verdeutlicht, in dem man mich neben Herrn Heil (SPD) kurz sah.

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