Der politische Alltag in Polen

Ein Mann auf einer Parkbank stzend, Im Hintergrund ein Platz, Brunnen und Bäume.
Breslau ist das Saint Tropez von Polen: Wasser, Sonne, Internetempfang – in „Wrocław“ steppt der Bär.

Nicht nur Pommes können weiß-rot sein, ein ganzes Land kann es ebenfalls. Wenn bei den Nachbarn mal wieder die Nationalflagge ausgepackt wird, hat Lisa Strozyk die Chance, sich mit Popcorn unter die Menschenmenge zu mischen und einer Unterhaltung zwischen Faschismusfetischisten und Feminismusfanatikern zu lauschen. Oft ein recht vergnügliches Hobby.

Was Deutsche über die politische Sichtweise der Polen wissen? Na, eine ganze Menge! „Das war doch dieses Land mit dieser PiSspartei und, ach ja, neuerdings demonstrieren die alle. Aber gastfreundlich sind sie, die Polen.“ Ich in meiner höchst löblichen Position als Freiwillige a.k.a. Weltretterin in unserem Nachbarland weiß das alles natürlich viel besser. In der Epoche antidemokratischer Solidarność-Mitglieder und Deutschlandwitze reißender Woodstock-Hippies freue ich mich in Gesprächen mit selbst erklärt toleranten Einwohnern stets auf den Zeitpunkt, wenn die Beschwerden über die viel zu konservative Regierung zu einem „Aber Muslime finde ich nicht gut.“ werden.

Galgenhumor

Andersrum geht auch. An einem besonders frostigen Wintertag traf ich auf diesen einen polnischen Trump-Anhänger, der zu mir meinte, dass Migranten aus Europa für ihn „okay“ seien. Solche Gassendialoge machen Spaß. Und sobald ich danach nach Hause fahre und die auf meine Hauswand gesprayte, äußerst ästhetische Graffitikunst bewundern darf (ein Hakenkreuz an einem Galgen), fühle ich mich gleich viel wohler. 

Neuer Tag, neues Glück

Der nächste Tag sieht anders aus. Mein Popcorn schmeckt auf einmal viel knuspriger als sonst. Sonnenstrahlen tanzen auf meiner Haut. Die Schüler tragen statt Polska-Shirts schwarze Kleidung und Grabkerzen auf Frauenrechts- und Anti-Justizreform-Demonstrationen. Eine Studentin erklärt mir ihre moderne Meinung bezüglich Demokratie, auf dem Woodstock wird gemeinsam zu Musik über Freiheit und Gleichheit getanzt und bei dem Patrioten nebenan versagt die Musikanlage. Statt 24 Stunden Disco Polo gibt es 24 Stunden Existenzkrise. Etwas liegt in der Luft. Ist es Veränderung? Ist es Umschwung? Ist es Revolution? Nein, es ist der angenehme Duft des allzeit präsenten Smogs.

Die netten patriotischen Menschen

Über das Umweltproblem regen sich wenigstens sowohl der Patriotennachbar als auch die moderne Studentin auf. Ist ja auch wesentlich wichtiger als Frauen zum Beispiel. Wer braucht die schon? Polen jedenfalls nicht, wie man durch die in polnischen Schulbüchern aufgeführten bekannten Persönlichkeiten lernen kann. 60 Männer und 2 Frauen. Damit wurde die polnische Bildung endlich auf den rechten Weg gebracht. Eine Lehrerin bestätigte nicht nur den Bildungs-, sondern auch den geistlichen Fortschritt. So riet ihr ein Priester davon ab, ins Ausland zu reisen, da Polen doch schön genug sei. Finde ich auch. Zwischen all den netten patriotischen Menschen, der gar nicht so netten PiS und den überaus netten Lichtblickleuten versucht da ein Land demokratisch zu existieren, welches in der Vergangenheit Großes erreicht hat. Was davon übrig ist? Die PiSspartei. Doch auch eine Chance auf Veränderung. Mein Popcorn ist labbrig geworden. Morgen mache ich mir neues.

Collage aus den Logos der Förderer: Axel Springer Stiftung, deutsch polnisches Jugendwerk, Stiftung für deutsch polnische Zusammenarbeit, Think Big und Erasmus + sowie dem Schriftzug "This Project was supported by"

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