Spezialitäten aus Syrien

Ghosoun Racho (52) ist vor 19 Jahren von Syrien nach Deutschland gekommen. Heute führt sie in Lahr einen Laden mit arabischen Spezialitäten. Mit der Anzahl der Flüchtlinge wächst auch ihre Kundschaft.

Racho kommt aus Syrien und verkauft Obst und Gemüse in einem laden
Ghosoun Racho verkauft in ihrem Laden arabische Spezialitäten und ist Ansprechpartnerin für Geflüchtete und andere Kunden und Kundinnen. Foto: Stefanie Huschle

Viele Kunden kommen an diesem Morgen zu Ghosoun Racho, denn freitags verkauft sie frisches Fladenbrot. In ihrem kleinen Laden kann man große Gläser mit acht Kilogramm Oliven kaufen. Einen Stand mit buntem, besonderem Gemüse gibt es auch: „Wenn die Leute sehen, dass sie hier Mini- Zucchini wie in Syrien kaufen können, dann freuen sie sich richtig“, schmunzelt Racho. Ihr Lieblingsessen steht natürlich ebenfalls im Regal: Moloukhia, ein spinatähnliches Gericht, das man mit Hühnchen zubereiten kann. Ihre anderen Lieblingsprodukte: Hummus, arabischer Käse und selbstgebackene Sesamkekse. Außerdem liebt sie arabischen Kaffee, der mit Kardamon, manchmal auch Zimt oder Nelken gewürzt wird. Gelegentlich lädt sie ihre Kunden auf einen solchen Kaffee ein.

In Syrien wurde Racho erpresst, weil sie sich politisch engagierte

Heute ist eine Freundin zu Besuch, die vor eineinhalb Jahren aus Syrien geflüchtet ist. Ihr, und auch den anderen Flüchtlingen, die bei ihr einkaufen, gibt Racho manchmal Tipps. Denn vor 19 Jahren war sie selbst neu in Deutschland. „In meinem Dorf in Syrien gab es eine kleine Gruppe von Menschen, die sich getroffen hat, um über Politik zu sprechen. Wir waren nicht zufrieden mit dem Regime von Assad. In Syrien durften wir aber unsere Meinung nicht äußern. Die Eltern meines Ex-Mannes wussten von den Treffen und erpressten mich. Als Hebamme mit eigener Praxis verdiente ich gut. Sie wollten Geld von mir, ansonsten hätten sie der Polizei von den Treffen erzählt“, berichtet Racho. Sie möchte so nicht leben und beschließt, gemeinsam mit ihren zwei kleinen Kindern nach Deutschland zu gehen. Sie reist in die Türkei, zahlt Schleusern 4000 Dollar, wird in einem Lastwagen versteckt und nach Deutschland gebracht. „Es war so heiß und eng. Wir lagen da, wie in einem Sarg – drei Tage lang. Ich spürte, wie meine Kinder schwitzten. Das Geld haben sie genommen, aber nicht einmal Wasser haben sie uns gegeben“, erinnert sie sich. „Ich möchte gar nicht daran denken.“

Racho mag Deutschland, aber würde gerne wieder zurück nach Syrien gehen

Racho mag ihre neue Heimat. „Ich liebe die Deutschen. Sie haben ein gutes Herz. Deutschland geht in der Flüchtlingskrise mit gutem Beispiel voran.“ Sie fühle sich als Lahrerin, Lahr sei ihre zweite Heimat, aber: „Ich bin ehrlich: Wenn in Syrien wieder alles gut wäre, würde ich zurückgehen. Meine ganze Verwandtschaft ist dort.“ Das Telefon klingelt: „Ja, ich habe Koriander da. Und morgen hole ich frische Minze“, informiert Racho. Jede Woche fährt sie ins 50 Kilometer entfernte Straßburg, um frische Ware zu kaufen. Weil der nächste Großmarkt zu weit weg ist, kauft sie in kleineren Geschäften ein, verdient daher lediglich ein paar Cent an jedem Produkt. „Aber seit die Flüchtlinge kommen, hat die Kundschaft um etwa 50 Prozent zugenommen und ich kann zum Glück nicht mehr jammern“, sagt sie. Für Ghosoun Racho sind die Flüchtlinge ein Glücksfall. Der Text wurde (leicht abgeändert) in der Badischen Zeitung veröffentlicht: http://www.badische-zeitung.de/lahr/spezialitaeten-aus-syrien–118861625.html

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