Gemeinsam die Erde retten

Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema im Alltag geworden, das zeigte die Politikarena in Leipzig. Dazu gab es große Worte von den Politikern und großartige Taten von den jungen Menschen. Von Meckern und Machern hier in Leipzig.

Vertreter*innen aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft kamen zur Zukunftstour nach Leipzig
Vertreter*innen aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft kamen zur Zukunftstour nach Leipzig Foto: Sabrina Winter

Er brauchte drei Anläufe bevor er seinen Fehler bemerkte. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wusste nicht ganz in welcher Stadt er war – so schien es. Was Angela Merkel, Goethe und Erich Kästner gemeinsam haben, fragte er. Genau, sie haben alle in Dresden studiert. … Leipzig natürlich. Auch wenn es in Dresden ein paar Rahmenveranstaltungen gab, das Hauptprogramm der Zukunftstour fand in Leipzig statt.

Eine Jeans wird für 1,50 Euro produziert

Der kleine Versprecher am Anfang sollte nicht über die wichtigen Botschaften hinweg täuschen. Der Minister stellte in seiner Rede klar heraus, dass Globalisierung fairer gestaltet werden muss als bisher und nicht weiterhin auf Kosten der Entwicklungsländer geschehen darf. Müller erzählte von seiner Reise nach Bangladesch, wo viele große Modelabels ihre Kleider nähen lassen. Eine Jeans wird für 1,50 Euro produziert und dann für 20, 60 oder gar 200 Euro verkauft. Ginge nur 1 Euro mehr des Kaufpreises in die Produktion, würde es das Leben vieler Arbeiter*innen in Entwicklungsländern verbessern. Mit seiner Rede unterstrich der Minister das Motto der Zukunftstour: Wir leben in einer Welt und sind damit alle für sie verantwortlich.

Aus der Vergangenheit lernen

Das untermauerte auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Er begann damit, über die Terroranschläge in Belgien zu sprechen und betonte, dass man an Menschen in anderen Ländern und auch am anderen Ende der Welt denken müsse. Vor allem wenn es um Entwicklungspolitik und Naturschutz geht, ist globales Denken wichtig. Tillich erinnerte an Tschernobyl und Fukushima und sagte, man müsse aus diesen Ereignissen Lehren ziehen. Auch auf die Rolle Sachsens ging er ein. In den vergangenen Jahrzehnten wurde im Freistaat nämlich viel Braunkohle gefördert und zur Stromversorgung genutzt. Außerdem wurden im Erzgebirge im Süden Sachsens Erze abgebaut. Für den Bau von Stollen brauchte man viel Holz. Die Folge: Sachsen ist eines der Bundesländer mit den geringsten Baumbeständen. Doch das Land hat Fortschritte gemacht: 23 Prozent des Stromverbrauchs wird inzwischen durch erneuerbare Energien gedeckt.

Die Körpertemperatur der Erde steigt

Trotz allen Fortschritts ist die Erde noch in Gefahr. Das machte der Klimaforscher Professor Hans Joachim Schellnhuber deutlich. Anhand einer Karte, die ihre Farbe änderte, zeigt er, wie die industrielle Revolution in verschiedenen Ländern die Temperatur verändert hat. Die globale Mitteltemperatur sei wie die Körpertemperatur des Menschen erklärte er. Wenn sie um mehr als 5 Grad Celsius steigt, versagen lebenswichtige Organe, zum Beispiel der Regenwald oder das Great Barrier Rief. Das zu verhindern liegt in der Verantwortung unser aller.

Großes Engagement von kleinen Leuten

Dass Fairtrade längst im Alltag angekommen ist, beweisen nicht nur die vielen fair gehandelten Produkte im Supermarkt, sondern vor allem die Zivilgesellschaft. Besonders beeindruckend ist daher das Engagement der internationalen Jugendbildungsinitiative YOUTHinkgreen. Clara (15) und Romy (12) stellten das Projekt „Tauschmarkt“ an ihrer Schule vor, bei dem gebrauchte Gegenstände und Klamotten eingetauscht werden können. Das Prinzip ist einfach und deshalb so erfolgreich: Wer etwas braucht, nimmt es sich, wer etwas nicht mehr braucht, legt es hin. Clara und Romy denken nachhaltiger als mancher, der schon länger auf der Welt lebt und deren Zerbrechlichkeit eigentlich besser kennen müsste. Was brauche ich und was nicht, ist wohl ständig ein Thema beim Abendbrot. Selbstreflexion als Devise, nicht ganz oben bei Tillich oder Müller, sondern ganz unten, in der Familie mit den Schulkindern.

Ungerechtigkeit gibt es auch bei uns

Auch die ehemalige Eiskunstläuferin Katharina Witt hatte ein paar Worte zu sagen und stellte ihre Stiftung vor. Die nach ihr benannte Organisation hilft benachteiligten Kindern, fördert die Mobilität von Kindern mit körperlichen Behinderungen und unterstützt ihre medizinische Versorgung. Zunächst schien es, als passe die Stiftung nicht ganz zu dem Thema der Zukunftstour. Doch Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Chancengleichheit sind nicht nur ein Thema in Entwicklungsländern, sondern auch in einem so reichen Land wie Deutschland. Auch hier werden Kinder mit Behinderungen meistens benachteiligt und leiden ihr Leben lang darunter. Die Katharina-Witt-Stiftung möchte dagegen halten – mit Erfolg. Schon mehreren Kids bot sie aufgrund von Fördergeldern und Spenden neue Lebensperspektiven und faire Chancen.

Die Redner*innen in der Diskussion zum Thema Nachhaltigkeit
Die Redner*innen in der Diskussion zum Thema Nachhaltigkeit Foto: Sabrina Winter

Abschließend fanden sich alle Vertreter*innen für eine kleine Diskussionsrunde zusammen und sprachen über alles, was irgendwie mit Nachhaltigkeit zu tun hat: Emissionen, Braunkohleabbau in Sachsen, Klimawandel, Geflüchtete, Landwirtschaft und fairer Handel. Doch die Argumente und Lösungsideen wirkten zum Teil so abstrakt und zähflüssig wie die halbgeschmolzene Fairtrade-Schokolade war, zeigte die Reaktion aus dem Publikum. Reihe um Reihe lichtete sich der Saal und die schwindenden Schulklassen läuteten das Ende ein.

 

Von Sabrina Winter und Yvonne Hein

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