Jugendforum – Freiräume, Partizipation … und was eigentlich?

Sebastian Schlecht sitzt auf einer Bank mit blau-altrosa kariertem Stoffüberzug.
Sebastian Schlecht sitzt auf einer Bank – er könnte darauf aber auch skateboarden oder grillen. Foto: Dustin Sattler

Seit gestern diskutieren 21 Jugendliche aus ganz Deutschland im Jugendforum Stadtentwicklung in Potsdam. politikorange ist live dabei – und erkundigte sich bei Architekt und Mitorganisator Sebastian Schlecht, 41, vom JAS e.V., über Freiräume, Partizipation und darüber, was das Jugendforum eigentlich ist?

Sebastian: Das Jugendforum versteht sich als Expertenrat, der jugendliche Belange vertritt und das Ministerium dahingehend berät.

Wie kam es dazu?

Das erste Forum fand 2011 statt. Davor haben wir mit JAS selbst einmal am Forschungsprogramm „Jugendliche im Stadtquartier“ teilgenommen und 2009 ein großes JugendStadtLabor, Young Cities Now, veranstaltet. 2010 fand in Berlin schließlich der Kongress Realstadt statt, auf dem der damalige Staatsekretär des Bauministeriums das jugendliche Plenum mit ihren Ideen ins Ministerium einlud – damit es nicht nur verschiedene Berichte, sondern einen direkten Kontakt gibt. Wir von JAS e.V. wurden gebeten, das Forum auszurichten. Das klappte gut, mittlerweile gibt es die sechste Auflage. Und die Veranstaltung ist größer geworden. Früher wurden nur Jugendliche aus den Modellvorhaben des Ministeriums eingeladen, heute sind es auch jugendliche Experten aus anderen Projekten.

Mitmachen klingt immer gut. Aber funktioniert das durch das Jugendforum?

Wir können nicht beanspruchen, dass unsere Ideen eins zu eins übernommen werden, aber sie fließen in die Förderprogramme mit ein. Für das Ministerium sind diese Programme ein Experimentierfeld, um Möglichkeiten der jugendgerechten Stadtentwicklung auszuloten. Das Jugendforum fungiert als Beirat. Einen Vorschlag, den das Forum im letzten Jahr machte und der berücksichtigt wurde, ist die längerfristige Unterstützung von damit nachhaltigeren Projekten. Bisher liefen die Förderreihen jeweils nur ein Jahr. Damit entwickelten sich selten Projekte, diewiederrum in der Lage waren, eigenständige Projekte zu initiieren. Wie Keimlinge einer Pflanze.

In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt des Jugendforums auf urbanen Freiräumen. Können Freiräume überhaupt frei sein?

Freiheit definiert sich über die Möglichkeiten, Bedürfnisse und Anforderungen, die man an Räume hat. Sie ist dann erfüllt, wenn die Möglichkeiten vorhanden sind. Wo keine Wünsche sind, braucht man auch keine Möglichkeiten. Durch Jugendliche werden oft neue Wünsche formuliert und entdeckt, dass Möglichkeiten fehlen. Jugendliche sind eine Innovationsinstanz in unserer Gesellschaft. Sie probieren Dinge aus. Ein einfaches Beispiel ist die Parkbank, auf der man ganz normal sitzen kann – oder auf deren Lehne, mit den Füßen auf der ursprünglichen Sitzfläche. Oder Skateboarden und für den Stadtsport Parcour trainieren. Eine ganz neue Nutzungsmöglichkeit ist die des Grillrosts. Die Funktion dieser Bank definiert sich nicht nur durch die Tradition und bestehende Meinung, sondern auch durch die an sie bestehende Ansprüche. Es gibt mittlerweile bewusst für beispielsweise Skateboarder konzipierte Stadtmöbel. Eine Bank ist nicht eine Bank nach der Idee des Herstellers, sondern sie definiert sich durch die Nutzung.

Was sind Freiräume für euch als Organisatoren?

Freiräume sind für uns mehr als Grünräume. Es sind sämtliche nicht bebaute Räume einer Stadt. Speziell der öffentliche Raum ist für alle da, wobei natürlich auch Konflikte entstehen. Das ist ein spannendes Thema, denn öffentliche Räume sind weitestgehend Räume, die von Bund, Land und Kommunen gestaltet werden können. Wenn diese Akteure wissen, welche Bedürfnisse die Jugend hat, können sie besser darauf eingehen. Denn Jugendliche haben bei der Aushandlung oft einen schlechten Stand und treffen mit ihren Interessen verstärkt auf Unverständnis.

Und warum einen Blog zum Forum?

Bisher gab es nur die interne Dokumentation und Forschungsberichte des Ministeriums. Wir haben überlegt, wie wir das Forum öffentlichkeitswirksamer begleiten und bekannter machen können. Das ist auch ein Problem: Das Jugendforum zur Stadtentwicklung ist nach außen hin nicht wirklich sichtbar.

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