Die Grenzen Europas sind schon lange Zeit geöffnet, die grenzübergreifende Jugendarbeit steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Wie man das ändern kann und warum eine Veränderung notwendig ist, wurde eindrucksvoll in einer Veranstaltung des 16. Deutschen Kinder- und Jugendtags unter Beweis gestellt. Einen Einblick liefert euch Annick Goergen.
Sechs Jugendliche schlafen kreuz und quer auf der Couch einer dänischen Schule. Eine neue Form des Couchsurfing? Vielleicht. Auf jeden Fall aber ist das Bild und die Geschichte dahinter Teil der grenzübergreifenden Jugendarbeit.
Das beweist die Veranstaltung „Europa vor Ort“ auf dem 16. Deutschen Kinder- und Jugendtag in Düsseldorf, moderiert von Matthias Hoffmann vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg. Die Vortragenden haben eins gemeinsam: Sie arbeiten an Projekten zur Mobilitätsförderung von Jugendlichen im europäischen Raum. In diesem Zusammenhang fordern sie mehr Impulse und unterstützende Projekte von der EU. Doch wie genau soll das aussehen?
Unterstützen statt bestimmen
Die Anwesenden sind sich einig, dass ein top-down Prinzip für diesen Arbeitsbereich ungeeignet ist. Die Union solle die Arbeit der einzelnen Kommunen und Länder nicht bestimmen, sondern lediglich wegweisend als Partner agieren. Europäische Vorgaben dürfen funktionierende Projekte nicht an ihrem Verlauf stören. Bei auftretenden Schwierigkeiten sollte die EU stattdessen als starker Ansprechpartner und Unterstützer handeln.
Karsten Hiller, Vertreter der SPI Stiftung, und Anna Pucher, Mitverantwortliche der Regionalmanagement Oberösterreich GmbH thematisieren zudem den Konkurrenzkampf der Organisationen um Fördergelder. Beide weisen darauf hin, dass dieses Konkurrenzdenken innerhalb der Bundesländer „ein Lernen voneinander“ erschwert. Gemeinsame Projekte europäischer Länder und die Beteiligung der EU könnten dieses Konkurrenzverhalten verringern.
Vernetzung außerhalb des Netzes
Sowohl der Austausch unter Fachkräften als auch der Austausch unter Jugendlichen der EU ist das erklärte Ziel der Anwesenden. Peerlearning lautet das Schlagwort. Janet Jödecke, Mitarbeiterin des Landkreises Dahme-Spreewald und Jugendamtes, und Frau Pucher betonen, wie wichtig es ist, Jugendlichen Teilnahmemöglichkeiten an internationalen Projekten anzubieten. Die Vernetzung von Organisationen soll den Lernprozess, der sowohl aus Fehlern als auch aus Erfolgen besteht, beschleunigen.
Für die Jugendlichen bedeutet ein gut funktionierendes Netz, eine Vielzahl an regelmäßig stattfindenden Projektangeboten und die damit verbundene Stärkung ihrer Identifikation mit Europa. In erster Linie sollen nicht nur digitale Kontakte mit Gleichaltrigen anderer Nationen geknüpft werden, sondern es soll auch ein Austausch „face-to-face“ ermöglicht werden. So sollen die Teilnehmenden dieser Projekte nicht nur neue Facebook-Friends dazu gewinnen, sondern auch offline die Möglichkeit haben, Gleichgesinnte innerhalb der EU zu finden.
Einmal Dänemark und zurück
Beispiele für einen funktionierenden Austausch stellen die Projekte von Frau Jödecke und Frank Vulpius, einem Mitarbeiter der KJV e.V Wildau, dar. Die beiden berichten von zwei Ausflügen nach Helsingør, Dänemark. An dem ersten Ausflug nahmen sechs jugendliche Skateboard- und BMX-Begeisterte teil und besuchten gemeinsam die dort ansäßige Freizeitschule. Die Jugendlichen hatten viel Spaß beim Biken und Skaten auf der dortigen Anlage. Zudem konnten sie kostenlos in den Räumlichkeiten der Schule übernachten. Der kulturelle Austausch bei diesem Besuch kam leider nur sporadisch zustande, da zum Zeitpunkt des Besuches Schulferien waren.
Die Begegnung wurde daher bei der Planung des zweiten Besuchs besonders ins Auge gefasst. An diesem nahmen bereits 20 Jugendliche teil. Dieses Mal wurden schon vor der Abreise mehrere Aktivitäten geplant, welche den kulturellen Austausch der jungen Menschen zum Ziel hatten. So gab es nun Abende, an denen die Jugendlichen beider Nationen zusammen kochten oder Gesellschaftsspiele spielten.
Diese Ausflüge sind nur zwei Beispiele der Bemühungen um einen internationalen Jugendaustausch. Kommende Projekte sollen an diesen Erfahrungen und Erlebnissen anknüpfen. Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Sofas in den kommenden Jahren erobert werden.