Berlin an einem heißen Junimorgen. Auf dem Weg zur Verleihung des Schülerzeitungspreises ist die Digitalisierung dauerpräsent. Tausende Menschen drängen in die Bahnwagons der BVG. Ständiger Begleiter der pendelnden Masse: das Smartphone. Die Finger fliegen über die Bildschirmoberfläche, bei dem ein oder anderen klickt bei jedem Buchstaben der Tastenton rhythmisch mit. Im letzten Winkel sitzt ein Mitte-50-Jähriger, eine Zeitung über beide Arme hinweg ausgebreitet. Mindestens zwei Sitzplätze gehören ihm. Dabei ist er in der heutigen digitalen Welt das Abbild einer anderen Zeit. Print ist out! Ein Plädoyer für mehr reine Online-Schülerzeitungen von Theresa Müller.
Dass Print-Zeitungen der Vergangenheit angehören, zeigt auch der drastische Auflagenschwund. Laut einer 2018 veröffentlichten Studie von Statista haben sich die verkauften Auflagen in den letzten 18 Jahren so gut wie halbiert. Die Online-Angebote der großen Verlagshäuser sind längt in Form von Apps und Podcasts auf den Minicomputern installiert. Es gilt der Leitspruch: Das Internet ist schneller als die Druckmaschine. Dieser Trend ist selbstverständlich auch bei Schülerzeitungen angekommen. Immer mehr Schulen bieten eine Onlineversion Ihrer Schülerzeitung an, bespielen eigene Instagramkanäle oder haben sich ganz vom Printprodukt verabschiedet.
Ist Print vom Aussterben bedroht?
Stirbt Print aus? Wahrscheinlich nicht völlig, wird jedoch immer exklusiver. Print ist nicht mehr zeitgemäß und könnte genau wie die Schallplatte irgendwann nur noch in Antiquariaten auffindbar sein. Große Tageszeitungen, wie die taz denken über ein Ende ihrer Printprodukte nach. „Das Zeitalter der gedruckten Zeitung ist zu Ende“, schrieb der ehemalige Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch 2018 in einem Brief an die Redaktion. „Der Journalismus lebt im Netz weiter.“ Es ist also gar nicht so abwegig, dass das gedruckte Magazin bald zum Sammlerstück wird. Die Generation Y ist dabei längst auf das Smartphone als Informationsquelle umgestiegen. Die kleiner werdende Print-Fangemeinde wird sich stets mit schwitzigen Fingern am Printprodukt festklammern, weil sie die Haptik des Papiers spüren möchte.
Drucken nicht gestattet.
Angesichts der protestierenden Schülerinnen und Schüler der Fridays for Future Bewegung, die für eine bessere Umweltpolitik freitags die Schule schwänzen und demonstrieren, muss die Lösung sein: weg vom Print, hin zu digital. Jede umweltbewusste Person fragt in der eigene Signatur: „Müssen Sie diese E-Mail wirklich drucken?“. Nein, müssen wir nicht. Ebenso keine Zeitungen. Wir können unsere Nachrichten auch zeitaktuell online abrufen, ohne auf die Zeitung vom nächsten Tag warten zu müssen. Nicht umsonst haben auch Schülerzeitungen den Weg in die digitale Welt gefunden und wachsen dort stetig.
Qualitätsverlust ist keine Option: Wir brauchen mehr Medienkompetenz in Schulen
Lange Zeit galten Online-Journalisten als Hoodie-tragende, Mate-trinkende Sonderlinge, die in die klassischen Printredaktionen Einzug gehalten haben. Dieses Bild ist überholt. Der Online-Journalist ist genauso Journalist, wie der, der eine vierseitige Printreportage schreibt. Das begreifen nun auch Schülerzeitungsredaktionen nutzen diese Erkenntnis für sich. Der Onliner braucht multimediale Kompetenzen: Instagram, Mobile Reporting, Tweets und Blogs dürfen keine Fremdwörter sein, auch nicht für Lehrkräfte. Hier haben die Digital Natives einen klaren Vorteil: Sie wächst von klein an mit den Minicomputern auf. Das Smartphone ist Handwerkszeug und Dauerbegleiter, egal ob Interviews aufzeichnet oder erste Momentaufnahmen von dem Schulfest geteilt werden. Wenn Schulen diesen Trend und seine Möglichkeiten erkennen und Fachkräfte in Medienkompentenz weiterbilden, können Schülerinnen und Schüler nur profitieren.
Redaktionen als wichtige Mediatoren im Netz
Wir alle leben in einer Zeit, die von einem dauerhaften Informationsüberfluss in Atem gehalten wird. Trotzdem wünscht sich das Publikum fundierte und vor allem quellengeprüfte Inhalte. Keine Fake News oder Bots, die populistische Inhalte stärken. Dafür braucht es im Onlinejournalismus auch Regeln. Community-Manager erhalten dabei die Rolle des notwendigen Mediators und die des stillen Beobachtenden, der in brenzligen Situationen einschreitet. Genau diese Mediationsfunktion braucht auch eine Online-Schülerzeitung, um gezielt gegen möglichen Hate-Speech in den Kommentaren vorzugehen.
Onlinemedien sind die Chance, Journalismus wieder attraktiv zu machen
Wer jetzt glaubt, durch das Wegfallen einer Printausgabe würde den Schülerinnen und Schülern etwas fehlen, denkt nicht digital, sondern hält sich an der Vergangenheit fest. Sie haben noch immer etwas in der Hand, nur ist es nicht aus Papier sondern aus Leichtmetall. Es ist die Aufgabe der Medienmachenden, mit der Digitalisierung Hand in Hand zu gehen und ihr nicht spöttisch hinterher zu blicken, wenn sie vor ihnen davonläuft. Offenheit anstelle von Stursinn ist gefragt.