Vom Kasernenhof ins Startup-Leben – Wie Dominik Kieslich zu ARX Robotics kam und warum Vertrauen und Pragmatismus in der Unternehmensführung so wichtig sind.

politikorange: Könntest du dich bitte einmal vorstellen – wer bist du und was machst du bei ARX Robotics?
Dominik Kieslich: Ich bin Dominik, noch 34 Jahre alt, verheiratet, habe ein Kind und wohne bei München in Kirchheim. Seit September 2024 arbeite ich bei ARX Robotics als Projektmanager.
Bei einem Projektmanager glaubt jeder zu wissen, was dahinter steckt: Die zielgerichtete Planung, Steuerung und Kontrolle von Projekten. Aber bei ARX Robotics ist das mehr. Wir haben einen sehr starken Hardware- und Software-Bereich. Unser Projektmanagement-Team, das mittlerweile aus vier Leuten besteht, macht alles dazwischen.
Das heißt, wir haben das ganze Thema Logistik übernommen, das Thema Testen der Roboter, die Schulung beziehungsweise Trainings von Robotern. Wir haben auch in der Produktion mitgeholfen, das heißt, beim Zusammenschrauben, beim Verpacken, beim Ausliefern der Roboter. Außerdem kümmern wir uns darum, dass diese Bereiche optimal arbeiten können.
Wenn wir große Übungen über zwei, drei Wochen haben, übernehmen wir auch oft die Rolle des Feelgood-Managers. Wir organisieren alles, von wie kommen die Leute dahin, haben die Leute Essen dort, wo schlafen die Leute bis zu wie kommt das Material dorthin.
Wie bist du damals von der Bundeswehr zu ARX Robotics gekommen?
Nach 13 Jahren Bundeswehr habe ich mich gefragt, was kann ich eigentlich noch tun? Leider gibt es in der Bundeswehr – außer vielleicht im Personalmanagement – nur sehr wenige Überschneidungspunkte mit dem Thema Wirtschaft, was ich studiert habe. Deswegen habe ich mir überlegt, noch einen MBA zu machen, um den Studieninhalt aufzufrischen.
Es ist eher unüblich, als Wirtschaftswissenschaftler nochmal einen amerikanischen Master zusätzlich zum europäischen zu machen. Aber davon ließ ich mich nicht abhalten und hatte so die Chance, verschiedene Unternehmen – von Unternehmensberatung bis Rüstungsindustrie, aber auch normale zivile Unternehmen – zu besuchen und deren Unternehmenskulturen kennenzulernen. Da ist mir aufgefallen, dass mir Großkonzerne nicht so sehr gefallen. Also musste ein Startup her.
Dann hat mich tatsächlich ein Headhunter angerufen und gesagt, hier sei ein cooles Unternehmen, ich solle doch mal da anrufen. Und das war ARX Robotics.
Das hat einfach super gepasst. Es war immer mein Traum, in einem Startup zu arbeiten, aber sich bei einem Startup zu bewerben, braucht viel Glück, dass man gerade genau reinpasst und die Skills mitbringt, die gebraucht werden.
Vertrauen vor Vorschrift – Die gelebte Unternehmenskultur bei ARX Robotics

Wie würdest du die Unternehmenskultur bei ARX Robotics mit drei Werten beschreiben und warum genau diese?
Ich fange mal mit dem wichtigsten Wert an, der mir so einfällt, und das ist tatsächlich Vertrauen. Das wurde so auch in der Bundeswehr gelebt. Man musste Vertrauen in die Leute haben – einen Vertrauensvorschuss geben sozusagen.
Es gibt keine Kontrollgremien. Das heißt, wenn man etwas macht, macht man es im besten Wissen und Gewissen für das Unternehmen und man hat auch das Vertrauen, dass alle anderen ihre Arbeit mit bestem Wissen und Gewissen für das Unternehmen machen.
Das hat mir Stefan Röbel [COO von ARX Robotics A.d.R.] damals gesagt: „Wenn du irgendetwas siehst, was verbessert werden muss, dann frag mich nicht, sondern mach es einfach – ich glaube dir, wenn du sagst, dass es das Richtige ist.“
Fleiß ist ebenfalls ein Begriff, der zur Unternehmenskultur passt. Wir haben offiziell eine 40-Stunden-Woche. Aber ich glaube, niemand in diesem Unternehmen bleibt unter diesen 40 Stunden. Das ist eher das Minimum.
Und da gehen alle mit?
Hier beginnt man gerne zwischen acht oder neun Uhr und hört zwischen 18 und 20 Uhr auf – aber nicht, weil man muss, sondern weil man es möchte. Ich glaube, das ist das Wichtigste. Diese längeren Arbeitstage sind allerdings die Ausnahme, wenn es wirklich notwendig ist. Wenn es aktuell passt, kann man auch schon früher gehen.
Überstunden am Wochenende können ebenfalls vorkommen und werden natürlich vergütet. Unter der Woche muss zudem oft spontan etwas erledigt werden. Dann schaue ich nicht auf die Uhr und denke: „Eigentlich wollte ich in einer halben Stunde gehen, das fange ich jetzt nicht mehr an.” Sondern es wird erledigt.
Dritter Punkt… hmm, lösungsorientiert eventuell? Ist das ein Wert?
Pragmatismus vielleicht?
Ja, also Pragmatismus würde auch gut passen. Viele sehen das eher ein bisschen negativ, wenn jemand pragmatisch ist. Aber es geht einfach darum, Lösungen zu finden. Leute, die problemorientiert denken, können in großen Unternehmen lange überleben, aber sie zeigen meist nur auf, wo die Fehler oder Hürden sind.
Natürlich schauen wir uns auch an, wo Hürden bestehen, aber es wird eigentlich für alles eine Lösung gefunden. Das kann spontan passieren, das kann durch Kommunikation entstehen. Und auch wenn das Ergebnis vielleicht nicht immer zu 100 % das Schönste oder Beste ist, aber es gibt eins und das ist, glaube ich, das Entscheidende.
Führen ohne Chefallüren
Viele, die bei der Bundeswehr waren, sagen, in der Corporate Welt gäbe es keine gute Führung beziehungsweise keine gute Teamdynamik – stimmt das?
Im Militär gibt es zwei Grundkonzepte: Auftragstaktik und Befehlstaktik. Tatsächlich nutzen die Amerikaner im Militär die Befehlstaktik. Das bedeutet: Wenn ich dir sage, wir treffen uns draußen im Hof unseres Gebäudes, dann würdest du erst einmal nachfragen, wie du dahin kommst, was du anziehen sollst, vielleicht sogar warum du dort sein sollst.
Dann müsste ich dir klipp und klar sagen: Du sollst zur Tür gehen, dir eine Regenjacke anziehen und draußen sein. Das, was befohlen wird, wird genauso ausgeführt – ohne darüber nachzudenken.
Und in der Bundeswehr?
In der Bundeswehr wird hingegen die sogenannte Auftragstaktik verwendet. Das bedeutet: Ich sage dir, wir treffen uns draußen – und du findest selbst einen Weg dahin. Du schaust aus dem Fenster, siehst die Wolken, denkst dir: „Es könnte regnen“, und nimmst dir eine Regenjacke mit.
Du findest deinen eigenen Weg zum Ziel. Am Ende zählt nur das Ergebnis. Und ich glaube, genau das wird in vielen Unternehmen nicht gelebt. Dort heißt es zum Beispiel: „Du sollst eine Präsentation machen.“ Und dann kommen erst einmal zehn Gegenfragen, wie das genau gemacht werden soll.
Das ist genau das, was in vielen Unternehmen schiefläuft. Die Mitarbeitenden haben zu wenig Vertrauen – oder zu viel Angst, etwas falsch zu machen –, und glauben, sie müssten es exakt so umsetzen, wie es sich der Vorgesetzte vorstellt.
Dadurch entsteht dieses ständige Micro-Controlling. Die Vorgesetzten wollen über alles genau Bescheid wissen, weil sie das Gefühl haben, dass die Mitarbeitenden es sonst nicht richtig machen. Und auch da kommt man wieder auf das Thema Vertrauen zurück.
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Militär trifft Corporate – Wie Ex-Soldaten und Zivilisten bei ARX Robotics gemeinsam wachsen
Was tust du, dass du vielleicht auch aus der Bundeswehr mitgenommen hast, um die Teamdynamik richtig gut zu gestalten?
Was unsere Teamdynamik wirklich stark macht, ist, dass wir unser Produkt ständig weiterentwickeln. Wir arbeiten nicht zehn Jahre lang auf ein Ergebnis hin, das dann einmal präsentiert wird.
Jeder ist irgendwie in ein Projekt involviert und sieht, dass es Fortschritt gibt. Und genau das schweißt uns zusammen. Wir erzielen gemeinsame Erfolge.
Für alle, die nicht direkt in Projekte eingebunden sind und vielleicht nicht mitbekommen, was passiert, gibt es unser vierteljährliches Quarterly Meeting. Dort stellen die Head Ofs der einzelnen Bereiche sowie unser C-Level-Team [CEO, COO, CFO A.d.R.] vor, was in den letzten drei Monaten passiert ist.
Bei euch treffen zivile Mitarbeiter mit Corporate-Mentalität auf Ex-Soldaten mit Vertrauenskultur – wie geht ihr damit um?
Da machen unsere Human-Resources-Abteilung und die „Head Ofs“ [Abteilungsleiter A.d.R.], die bei jedem Interview dabei sind, wirklich gute Arbeit. Die achten von Anfang an darauf, dass die Leute gut ins Team passen.
Natürlich brauchen wir ein extrem hohes Skillset – etwa bei der Weiterentwicklung von KI oder beim autonomen Fahren. Aber tatsächlich liegt der Fokus noch mehr auf dem „Cultural Fit“: Passt die Person in unsere Unternehmenskultur? Passt sie vom Denken her? Ist sie flexibel im Kopf, sodass sie sich bei uns einfügen kann? Und je mehr wir wachsen, desto unterschiedlicher werden natürlich auch die Menschen.
Der Artikel ist im Rahmen der offenen Redaktion entstanden. Bei Fragen, Anregungen, Kritik und wenn ihr selbst mitmachen mögt, schreibt uns eine Mail an redaktion@jugendpresse.de