„Gerade wo wir überlegen, wo wir jetzt sind mit Söder und Aiwanger und Co., braucht es einfach grüne Elemente in der Politik, um unsere Wirtschaft zukunftsfest und zukunftsbereit zu machen“ – das sagt eine 17-jährige Person auf einer Wahlveranstaltung der Grünen über die Frage, was sie an Politik in Bayern wichtig findet, vor allem in Hinblick auf die Wahl. Doch für was machen sich die Jugendlichen von heute stark? Wie viele junge Leute gehen heutzutage wirklich wählen? Und was beeinflusst ihre Entscheidungen?
Grün? Gelb? Oder vielleicht doch schwarz?
Auch dieses Jahr hatten wieder ca. 9,4 Millionen Bürger*innen die Chance, mitzuentscheiden, was sie sich von der bayerischen Regierung in Zukunft wünschen. Unter ihnen: zahlreiche Menschen zwischen 18 und 30 Jahren, die sogenannten Jungwähler*innen, aus allen möglichen gesellschaftlichen Schichten und mit unterschiedlichen Bildungshintergründen. Wie genau dies auch Einfluss auf ihre Wahlentscheidungen hat, erklärt Herr Dr. Ludwig Unger, Politikwissenschaftler und Experte für das politische System Bayerns: Die sogenannte „soziale Verortung“ verändere sich im Lebensabschnitt von 16-20 Jahren und lenke somit auch das Wahlverhalten durch die Werte, welche die Jugendlichen in ihrem neuen sozialen Umfeld lernen und auch selbstständig für sich erkennen. Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2023 stellte fest, dass 88% von Jungwähler*innen eine Partei wählen, weil ihnen die inhaltlichen Positionen zusagen und nur 26% eine Wahlentscheidung treffen, weil Familie und Freunde auch so denken. Dies hängt laut Studie auch mit dem Bildungsgrad der Jungwähler*innen zusammen. Bei jungen Menschen mit einem niedrigen Bildungsgrad ist die politische Ausrichtung von Familie und Freunden für ihre Wahlentscheidung ausschlaggebender als bei Leuten mit einem höheren Bildungsgrad. Dr. Unger findet das problematisch und meint, eine „Gleichwertigkeit von Lebenschancen und-befindungen beeinflusse Wahlentscheidungen“. „Gleiche Chancen“ würden laut dem Experten für „ausgeglichenere Wahlentscheidungen“ sorgen.
Es geht nicht nur um das Kreuz an der Wahlurne,
merkt Dr. Unger zudem an. Trotzdass es „bedauerlich“ sei, dass laut FES Stiftung für Jugendliche der Wert „sich politisch engagieren“ der zweitunwichtigste sei, seien dieses Wahljahr in Bayern ein paar Initiativen auf weite Resonanz gestoßen. Auch gebe es mittlerweile mehr Kommunen, Landkreise, und Gemeinden in Bayern mit Jugendparlamenten.
Eine Institution für Demokratiebildung und Aufklärung, ist das Demokratiemobil des Kreisjugendrings München-Stadt. Bei dem Demokratiemobil handelt es sich um ein ausgenutztes, rotes Auto. Nach Stationen in verschiedenen Teilen von München hielt es sich letzten Freitag und Samstag in Moosach auf. Ziel sei es, „allen möglichst niedrigschwellig politische Bildung anzubieten“, so die Projektleiterin Ulrike Ahnert. Sie wolle mit ihren Aktionen „Mut machen, sich zu beteiligen“, nicht nur in Wahlen, sondern auch bei beispielsweise Petitionen. Auf Augenhöhe eine auch persönliche Ebene zu suchen, ist das, was Frau Ahnert und die mitarbeitenden Ehrenamtlichen dort mithilfe von kreativen Übungen und Spielen, Flyern und Blättern versuchen zu erreichen. „Wir wollen die Leute an ihrem Wissensstand abholen“, sagt Ahnert dazu. Demokratiebildung sei für sie vor allen Dingen „Sensibilisierung, dass jede Stimme wichtig ist“. Sie hat im Gegensatz zu der Studie den Eindruck, dass Jugendliche „wieder politischer werden“; vor allem in der Klimafrage, in der „Potenzial und Willen“ präsent sei. Allerdings existiere da auch „die andere Gruppe, der das zu viel ist“. Viele junge Personen seien, von Krisen der letzten Jahre wie Corona und eben auch Klima angeschlagen. Eine weitere Problematik, wenn es um Jugendbeteiligung und -engagement geht, merkt auch Dr. Unger an: die generelle Ambition, die Jugend zu vertreten, treffe noch nicht auf genug Akzeptanz, um alle Jugendlichen richtig repräsentieren zu können. Frau Ahnert ist ähnlicher Ansicht: „Es ist für die Funktionsweise der Demokratie unerlässlich, sich zu beteiligen“, äußert sie sich, “um Selbstwirksamkeit erleben zu können – etwas, dass Jungwähler*innen und Jugendlichen allgemein zeigt: Ich kann einen Unterschied machen.” Ahnert zeigt sich zufrieden mit den vielen guten Reaktionen, die sie von den Menschen bekommt: „Das positive Feedback der Menschen ist der Impact und der Erfolg, den wir mit nach Hause nehmen.“
Wieso junge Leute wählen sollten
Was Wahlen in Deutschland allgemein angeht, sieht sich die deutsche Politik allerdings noch damit konfrontiert, dass laut einer weiteren FES Studie aus dem Mai 2023 55% der Jungwähler*innen hatten bei der Bundestagswahl 2021 keine Stimme abgegeben, weil es keine Partei gab, der sie ihre Stimme geben wollten. Dr. Unger spricht hierbei hauptsächlich davon, dass “die Überbewertung der älteren Generation hinsichtlich der tatsächlichen Stimmenzahl übersehen wird, aber dass die jungen Menschen sehr gut in der Lage sind, sich öffentlich zu artikulieren – etwa Fridays for Future. In der öffentlichen Artikulation werden die älteren Menschen in der Regel weniger sichtbar und hörbar als die jüngeren.” Frau Ahnert ist der Überzeugung, wenn mehr junge Leute wählen gehen, wird auch mehr Politik für diese gemacht-Repräsentierung sei hier der relevanteste Faktor. Und die zunehmende Polarisierung, von der ja in der letzten Zeit auch viel die Rede war? Dr. Unger spricht von einer „breiten Mischung aus demokratischen Parteien“, doch bei der bei der politischen Ausrichtung der Jugend gäbe es keine Spaltungen. Was kann also getan werden? Laut ihm ist es gemeinsames Ziel, junge Personen “bereits während und natürlich auch nach” der Schule möglichst früh an Politik zu beteiligen, sowie Meinungsfreiheit zu fördern und bewusst zu machen.
Weitere Quellen:
Veranstaltung: Jungwähler:innen-Studie „Krisenerwachsen“ (fes.de)