Redaktionsmitglied Leonel Steinbrich schaut zurück auf den DÖAK 2023. Er gibt Einblicke in den Kongress und beschreibt, wie er die Atmosphäre in Bonn wahrgenommen hat.
Vergangenes Wochenende durften wir als junge politikorange-Redaktion vom 11. Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongress in Bonn berichten. Das Event war für die breite Öffentlichkeit nicht zugänglich und unsere Teilnahme somit etwas ganz Besonderes. Wir haben recherchiert, Interviews geführt, Umfragen gemacht und durch unsere Berichterstattung auf Instagram alle Interessierten am Kongress teilhaben lassen.
Von Donnerstag bis Samstag diskutierten täglich etwa 1000 Fachleute und Menschen aus der Community über HIV und AIDS und haben sich über aktuelle Entwicklungen und Fortschritte ausgetauscht. Unter dem Motto „HIV und AIDS – (k)eine Generationenfrage“ wurden Fachvorträge gehalten, Community-Workshops durchgeführt und sich in Symposien und an Campfires rege ausgetauscht.
Im Zentrum des World Conference Center Bonn hatten verschiedene Unternehmen und Organisationen bunte Stände mit Infomaterial und Sitzmöglichkeiten aufgebaut. Für Essen war ebenfalls gesorgt und eine Ape bot frisch gebrühten Kaffee an. Zwischen den zahlreichen Vorträgen, die parallel in den angrenzenden Räumen stattfanden, boten die Stände also die Möglichkeit zum weiteren Austausch in kleinen Gruppen oder im persönlichen Gespräch.
Am ersten Abend wurde im großen Saal des Kongresszentrums der Medienpreis der Deutschen Aidsstiftung verliehen. Die Preisverleihung wurde von Dr. Kristel Degener als Teil des Stiftungsvorstands eingeleitet. Sie betonte, dass die Auszeichnung der Stiftung Medienschaffende ins Licht rücken sollte und erklärte, dass „Medienschelte einfach ist, aber Lob auch dazu gehört.“
Neben drei journalistischen Werken wurde als Sonderpreis außerdem die Miniserie „It’s a Sin“ (Idee und Drehbuch: Russell T Davies, Regie: Peter Hoar, Produktion: Phil Collinson) ausgezeichnet sowie die Textsammlung „Kahlschlag AIDS – Macht und Ohnmacht einer Bewährungsprobe“ von Christian Noak und Ernst M. Häussinger von der Jury empfohlen.
Weitere ausgezeichnete Werke:
• „Michaels erstes Jahr mit dem Virus“, Ole Siebrecht (Autor), Matthias Kapohl (Regie) bei Deutschlandfunk Kultur
• „Wir alle hatten Angst“, Lars Reichardt und Gabriela Herpell, erschienen im SZ-Magazin (23/2021)
• Die langjährige Arbeit von Axel Schock zu HIV/Aids, vor allem im magazin.hiv
All dies fand in einer ausgesprochen angenehmen, fast familiären Atmosphäre statt. Es war beeindruckend, mit welcher Offenheit sonst tabuisierte Themen angesprochen und diskutiert werden konnten. Niemand wurde schräg angeschaut oder bestaunt, wenn er oder sie über Analsex oder MSM (Männer, die Sex mit Männern haben, ohne explizit schwul zu sein) geredet hat. Dieser Safer Space war wichtig, um den Austausch von Wissen und Erfahrungen möglich zu machen. Nicht nur die medizinischen Aspekte von HIV und der Folgeerkrankung AIDS waren also Thema, sondern auch die Situationen, in denen das Virus weitergegeben wird. An einem der Campfires konnte zum Beispiel ganz selbstverständlich über Sex auf Drogen, so genannten Chem-Sex, und die damit Verbundenen Freuden und Risiken gesprochen werden.
Dieser Safer Space konnte sicherlich auch dadurch entstehen, dass sich viele Teilnehmende nicht zum ersten Mal trafen. Sowohl Ärzt:innen als auch Aktivist:innen kannten sich seit Jahren auch aus anderen Kontexten und sind teils sogar befreundet. Der Zusammenhalt der Community war deutlich zu spüren. Er verlieh dem Kongress eine angenehme Leichtigkeit.
Der nächste Deutsch-Österreichische AIDS-Kongress findet 2025 in Wien statt.