„Wir müssen klassische Strukturen aufbrechen!“ – Das forderte Üwen Ergün im Gespräch auf dem 4. Deutschen EngagementTag. Wie veraltet sind Strukturen zur Demokratieförderung an Schulen? Kann man den Jugendlichen vorwerfen, kaum politisch zu sein? Unsere Autorin Désirée Lengert hat sich mal umgehört.
Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung besagt, dass rund drei Viertel der Lehrkräfte eine demokratiefördernde Unterrichtskultur vorweisen können. Allerdings betreiben ältere Lehrer ab 43 eine höhere Demokratieförderung als jüngere. Es fällt auf, dass sich 41,3% der Befragten kaum für Demokratieförderung einsetzen. „Da ist noch viel Luft nach oben,“ meint auch Üwen Ergün. Aus seiner Perspektive erfolgt zwar viel Demokratiebildung, diese sei aber eher oberflächlich
Ergün führt als Themenpate des Bundesnetzwerks für Bürgerschaftliches Engagement oft Projekte an Schulen und in Kitas zur Demokratiebildung durch. Dabei bietet er beispielsweise Workshops zu den Themen Demokratie und Extremismusprävention an. Bei solchen Workshops wird ein Verständnis dafür entwickelt, was Demokratie überhaupt bedeutet oder wie gewaltfrei kommuniziert werden kann.
Solche Themen kommen im normalen Schulalltag zu kurz, weswegen Workshops wie die von Ergün eine gute Ergänzung zum normalen Unterricht, wie zum Beispiel in Politik oder Deutsch, darstellen können. Das Thema Demokratie wird im Politikunterricht zwar angeschnitten, kann durch einen Workshop jedoch nochmal um wichtige Aspekte ergänzt werden. Auch durch das Zusammenspiel von Workshop und Deutschunterricht können die Schülerinnen und Schüler nicht nur lernen, richtig zu argumentieren, sondern dabei auch gewaltfrei zu kommunizieren.
Zeitgleich schwindet jedoch der Stellenwert politischer Bildung im Schulunterricht. Dies ergab eine Studie der Uni Bielefeld. Trotzdem vertritt Üwen Ergün die Meinung, dass die Jugend nie so unpolitisch war, wie sie immer dargestellt wird und findet es traurig, dass es erst zu den weltweiten FridaysForFuture-Protesten kommen musste, damit endlich etwas passiert und die Jugend nicht mehr als unpolitisch wahr genommen wird.
Dennoch klagt Ergün an, dass der Staat zwar den Auftrag habe, die Jugend zu erhören, dies aber faktisch nicht tut.
„Die Förderung von Demokratie und die Beteiligung an ihr wird in der Schule definitiv viel zu klein geschrieben. Im Unterricht sollten viel mehr Möglichkeiten zur Partizipation an ihr gelehrt und gefördert werden,“ stellt auch Katharina Müller, Mitglied im Landesvorstand der Grünen Jugend Nordrhein-Westfalen, fest.
Doch wie genau kann das geschehen ?
Üwen Ergün sieht, dass junge Menschen viel zu spät beachtet wurden und glaubt, dass Jugendlichen viel mehr Hilfestellung geboten werden muss. Auch müssen sich seiner Meinung nach die politischen Rahmenbedingungen ändern. Elizabeth Karneza schlägt gleichzeitig vor, öfter mal Projekte zu besuchen oder auch selbst Projekte vorschlagen zu können.
Vorschläge von Jugendlichen für mehr Demokratieförderung sind zum Beispiel die Kooperation der Schulen mit Experten. So könnte ein Politiker, wenn er Zeit hat, auch mal den Politikunterricht besuchen und von seiner Arbeit berichten. Es könnte außerdem mehr Projekt- und Gruppenarbeit zur Stärkung der Zusammenarbeit erfolgen. Auch sollte es die Möglichkeit eines Schüler- oder Lehrerrats geben, bei dem Schüler demokratisch abstimmen können, beispielsweise, ob sie geduzt oder gesiezt werden wollen. Des Weiteren wünschen sich Schüler und Schülerinnen eine bessere Kommunikation zwischen ihnen und den Lehrpersonen und mehr Möglichkeiten, Lehrerinnen und Lehrern Feedback zu geben. Auch könnte es Abstimmungen bei nicht obligatorischen Lehrplaninhalten geben, wie zum Beispiel die Auswahl einer Deutschlektüre.
Insgesamt bieten sich also viele Möglichkeiten, um Demokratie stärker zu fördern. Diese müssen aber nur noch umgesetzt werden.