Viele Erstwählerinnen und Erstwähler erleben die „Qual der Wahl“ vor der sächsischen Landtagswahl am 1. September 2019. Dafür ist es wichtig, sich im Vorfeld zu informieren. Der Jugendstadtrat Hoyerswerda hat in Kooperation mit dem Internationalen Bund die Spitzenkandidaten des Wahlbezirks zur Grillparty eingeladen. Marija Skvoznikova war auch dabei.
Der Countdown läuft. Es sind neun Tage bis zur Landtagswahl in Sachsen. Die Spitzenkandidaten des Wahlkreises 55 machen sich auf den Weg zu einer, für sie ungewöhnlichen Diskussionsrunde. Die strengen Büroanzüge können sie heute zuhause lassen, Formalität wird an diesem Abend klein geschrieben. Das Format des Jugend-Wahlforums ist ungewöhnlich, weil die Politiker nur einen groben Ablauf erhalten haben: Sie wurden weder über Themen, noch Fragen im Voraus informiert. Außerdem besteht ihr Publikum an diesem Abend aus überwiegend jungen Menschen, die teilweise noch nicht wählen dürfen.
Welche Positionen stehen hinter den Personen?
Nach einer musikalischen Performance des Gundermann-Songs folgt die erste Kennenlernrunde. Lukas Mosler (Die Grünen/Aktives Hoyerswerda), Frank Hirche (CDU), Ralf Blüchner (Die Linke), Dirk Nasdala (Freie Wähler), Karsten Hilse (AfD) und Kevin Stanulla (SPD) haben lediglich 30 Sekunden Zeit, um sich vorzustellen.
Manch einer präsentiert sofort seine politischen Intentionen, andere legen in der Vorstellungsrunde Akzente auf den beruflichen Werdegang. Doch Christian Völker-Kieschnick, Moderator der Diskussionsrunde, weiß, dass der Lebenslauf noch lange nicht die Persönlichkeit eines Menschen beschreibt. Er fragt nach der letzten guten Tat der Diskutierenden und bittet sie, ihren perfekten Tag zu beschreiben. Lukas Mosler appelliert dafür, mehr Wert auf die kleinen Gefälligkeiten im Leben zu legen, zum Beispiel Türen aufzuhalten. Karsten Hilse dagegen erinnert sich gerne an die glücklichen Momente aus seiner Zeit als Polizist. Bevor er Abgeordneter wurde, rettete er Menschenleben.
Dialoge zur Positionsbestimmung
Nach dem offiziellen Part verlassen die Spitzenkandidaten das Podium. Junge Menschen gehen auf sie zu und stellen zahlreiche Fragen. Dabei prallen die unterschiedlichen Meinungen, Vorstellungen und Forderungen von der Jugend auf die Kandidaten.
Karsten Hilse (AfD) liegt das sächsische Baby-Begrüßungsgeld in Höhe von 5.000 Euro, am Herzen. Die finanzielle Hilfe soll die Geburtenrate steigern, Familien unterstützen und junge Menschen dazu anregen, Verantwortung als Eltern zu übernehmen. Die Mitglieder der Jungen Union dagegen wünschen sich eine stärkere Förderung des ländlichen Raumes durch neue ÖPNV-Verbindungen, Ausbau des Straßennetzes und Glasfaser-Verlegung.
„Die weichen Standortfaktoren sind gegeben“, sagt Ralf Zeidler, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler und beschreibt die hervorragende soziale Infrastruktur, die Wohnlage und das Flächenangebot der Lausitz. Karsten Hilse (AfD) appelliert für die Idee der Lausitz-Sonderwirtschaftszone. Durch Steuervergünstigungen könne man in- und ausländische Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region ansiedeln, sagt der Bundestagsabgeordnete. Obwohl die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer den Vorschlag für sinnvoll hält, wird dieser von Sozialdemokraten des Bundeslandes Sachsen abgelehnt. Es würde nur die temporäre Ansiedlung der Unternehmen bewirken und das Lohndumping vor Ort unterstützen, so Martin Dulig, Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.
Neue Perspektiven
Auch wenn alle Kandidaten verschiedene Positionen vertreten, sind sie sich bei einem Thema sehr einig: Die Stadt Hoyerswerda, die nach der Wende 35.000 Einwohner verloren hat, braucht neue Perspektiven.
Auch wenn der Kohle-Ausstieg eine große Umstrukturierung mit sich bringt, eröffnet er gleichzeitig neue Möglichkeiten für die Region. So plant die Technische Universität Dresden in Kooperation mit der sächsischen Staatskanzlei einen neuen IT-Campus am Westufer des Scheibe-Sees. 3.000 Informatik-Studierende sollen künftig in der „Konrad-Zuse-Computerstadt“ ausgebildet werden. Zudem werden sie schnelle S-Bahn-Verbindungen in die Landeshauptstadt, gerechte Wohnräume am See und neue Freizeitmöglichkeiten in der Stadt benötigen. Inspiriert von der Idee wurden die Informatik-Professoren und -Professorinnen vom schwedischen Uni-Campus in Växjö, welche bereits 15.000 Studierende in die ruhige Gegend des Südschwedens herholte.