Fabian Gramling gehört noch zu den jungen Abgeordneten in der CDU-Landtagsfraktion von Baden-Württemberg. Mit ihm sprach Niklas Thoms über Jugendpartizipation, aber auch über Ideen zur Parität. Konkrete Antworten gab es darauf nur selten.
Guten Tag Herr Gramling. Wir wollen mit Ihnen gern über Partizipation sprechen. Was uns sofort aufgefallen ist: In der Gesprächsrunde mit den Teilnehmenden sind lediglich männliche Vertreter des Landtages anwesend. Der Baden-Württemberger Landtag stellt mit nur rund 25 Prozent Frauen den geringsten Anteil in ganz Deutschland ist. Haben sie eine Idee woran das liegen könnte?
Genau zu benennen, woran das liegt, finde ich schwierig. Das hört sich schnell nach „Klugscheißerei“ an. Wichtiger ist, dass sich dieser Umstand in Zukunft verbessert
Wie könnte eine solche Verbesserung erreicht werden?
Es gibt ja zwei Herangehensweisen. Die eine, die von manchen auch proaktiv gefordert wird, ist dass man eine Quote einführt und so über Listenwahlen den Frauenanteil erhöht. Den Einsatz dieses Instruments halte ich persönlich allerdings für falsch. Denn da stellt sich für mich direkt die Frage, was kommen danach noch alles für Quoten? Und daran anknüpfend die Folgefrage, inwieweit es sich dann noch um Volksvertreter handelt, wenn man nur aufgrund von einem Geschlecht oder bestimmten Eigenschaften in einem Parlament sitzt.
Wir haben in Baden-Württemberg eines der demokratischsten Wahlsysteme. Auch wenn die Auszählung kompliziert ist, ist jeder Abgeordnete, der hier sitzt, auch wirklich vom Volk gewählt worden und ist nicht von irgendeiner Liste gekommen, die eine Partei aufgestellt hat. Diesen Grundsatz finde ich gut.
Manche ihrer Kolleginnen sagen, genau in diesem System liege das Problem. Weil oft derjenige, der momentan bereits im Parlament sitzt, bei der Aufstellung der Kandidaten den Vortritt hat. Der aktuelle Stand von rund 75 Prozent Männern im Landtag würde sich mit diesem Wahlsystem so beinah von selbst erhalten.
Ich versuche es anders: Schauen wir uns die CDU-Fraktion an. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels müsste die jüngere Generation es immer schwerer haben, dass ihre Stimme Gehör findet. Trotzdem sind wir aktuell die jüngste Fraktion im Landtag. Da ist also ein gewisser Generationswechsel von statten gegangen. Ohne Quotenregelung, die dafür sorgt, dass die Themen der jüngeren Generation aufgenommen werden. Der entscheidende Faktor ist, dass man sich als junge Generation hinstellt und proaktiv einbringt. Ich habe mich auch entscheiden müssen, ob ich in die Politik gehe oder in die freie Wirtschaft gehe. Das war von mir auch eine Entscheidung, die mit gewissen Chancen und Risiken einherging.
Das heißt, Frauen müssen einfach risikobereiter sein?
Es muss grundsätzlich von Parteien mehr gefördert werden. Ich würde schon sagen, dass es oft noch so ist, dass eine Frau die die Qualifikation für ein Amt mitbringt, sich die Übernahme des Amtes aber eher weniger zutraut als ein Mann. Ganz pauschal und plakativ formuliert. Ein Mann stellt sich hin und sagt: Na klar kann ich das. Und erst fragt nach der Wahl fragt er sich, was er denn jetzt genau tun muss.
Es geht also um Ermutigung. Zu ermutigen, Ideen einzubringen und umzusetzen und auch zu ermutigen, sich aufstellen zu lassen. Es müssen Anreize geschaffen werden. Mit einer Quote allein kommt man da nicht weiter.
„Ermutigung, sich einzubringen“ sind gute Stichworte im Bezug auf die heutige Veranstaltung und die Jugend. Welche Möglichkeit haben wir jungen Leute denn uns politisch einzubringen?
Zum Beispiel bei so Veranstaltungen wie heute hier. Ich finde es sehr positiv, dass hier junge Leute in den Landtag kommen und übrigens auch in erster Linie junge Frauen ans Podium getreten sind.
Oft sagen die jungen Menschen hier, dass solche Veranstaltungen zwar interessant und gut sind, aber schon morgen keinen mehr interessieren und keinen nachhaltigen Effekt mehr haben. Was sagen sie den kritischen Stimmen?
Also bezüglich der Annahme, dass die Themen hier nicht mehr wahrgenommen werden oder am nächsten Tag bereits vergessen sind, kann ich zumindest für mich persönlich sagen, dass es nicht so ist. Ich versuche immer, an mich Herangetragenes auch in die Arbeit einzubringen.
Das heißt die junge Generation muss ihre Wünsche nur laut genug kommunizieren, dann findet sie in der Politik Gehör? Wir fragen auch vor dem Hintergrund der „fridaysforfuture“-Demonstrationen, die aktuell vielerorts in Deutschland stattfinden. Finden sie die gut?
Ich finde es sehr gut, dass sich junge Menschen über ihre Zukunft Gedanken machen! Und auch, dass in dieser Art und Weise zu artikulieren und sich Gehör zu verschaffen. Was ich mir von dem ein oder anderen manchmal noch mehr wünschen würde, ist die Stringenz. Das heißt, nicht nur freitags bis 16 Uhr demonstrieren und dann ist Wochenende und in den Ferien flieg ich einmal nach Amerika und hab mit der Flugreise deutlich mehr Co2 ausgestoßen als der Durchschnittsdeutsche auf einen sehr langen Zeitraum gesehen. Anderen ein schlechtes Gewissen machen und fordern, dass der Lebensstandard reduziert werden muss, aber selber um die Welt jetten, das haut nicht hin.
Aber es ist gut und wichtig, einen Standpunkt zu haben und Systeme kritisch hinterfragen! Die Frage ist nur, auf welcher Faktengrundlage, man zu einer Meinung kommt. Und das ist, was ich vermisse: Dass auch mal ein Leitartikel von der ersten bis zur letzten Seite gelesen wird. Da stelle ich in meiner Wahrnehmung nämlich leider fest, dass ein gewissenhaftes Informieren eher rückläufig ist und oft nur noch kurze Tweets und Plakate wahrgenommen werden und als Informationsgrundlage dienen. Das würde ich aber nicht nur auf die jungen Mitbürger bezogen so sehen.
Ein Beispiel: Die Luft in Stuttgart. Die wird besser. Jeder einzelne Wert wird seit 30 Jahren besser. Wenn man rausgeht und auf der Straße fragt, wie ist denn die Luft in Stuttgart, glaube ich, dass der Großteil der Menschen behaupten würde, dass die Luft schlechter geworden ist. Obwohl das faktisch falsch ist.
Könnte nicht auch die Politik etwas tun, um diesem Trend entgegenzuwirken?
Natürlich – beispielsweise bei der Medienkompetenz. Heute prasseln ja Unmengen an Informationen auf uns ein – ganz andere Mengen als noch vor vielen Jahren. Deswegen muss Medienkompetenz und Meinungsbildung heutzutage viel mehr im Bildungsplan berücksichtigt werden. Auch, um ein kritisches Hinterfragen der Geschehnisse in der Welt und der Politik zu ermöglichen.
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
yooooo. fresh 🙂