Wie tief Alltagsrassismus in den Strukturen der Gesellschaft verwurzelt ist, zeigt der Film „Ich gehe immer leise“, der auf der Eine-Welt-Konferenz ausgestrahlt wurde. Unsere Autorin Evindar Gürel beschäftigte sich mit der Frage, wie man dem entgegen wirken kann.
Alltagsrassismus ist kein angenehmes – aber notwendiges Thema. Deshalb wurde es auch im dem Workshop „Erfahrungen und das Engagement gegen Alltagsrassismus“ auf der Eine-Welt-Konferenz in Münster ausführlich thematisiert.
Der Film „Ich gehe immer leise“ von Dr. Keith Hamaimbo, Referent des Welthaus Bielefeld, leitet des Workshop ein. In dem Film erzählen verschiedene Personen entweder von ihren persönlichen Erfahrungen mit Alltagsrassismus oder versuchen diesen wissenschaftlich zu erläutern.
Eine junge Frau sagt, dass sie kein Mitleid, sondern den Menschen die Augen öffnen möchte, weil Rassismus immer noch existiere. Der Rassismus-Experte Austen Peter-Brandt sagt, dass Rassismus verschiedene Formen annehmen könne, wie zum Beispiel Antisemitismus oder Antiziganismus. Außerdem geht er davon aus, dass Rassismus ein Konstrukt sei, das Weißsein zu einem Privileg macht und den Weißen Macht verleiht. Die Protagonisten im Film erzählen außerdem von ihren Schwierigkeiten keine Wohnung finden, weil sie einen Akzent haben, nicht in einen Club kommen, weil sie „keine Stammgäste“ sind, oder gefragt werden, wo sie herkämen, obwohl Deutschland ihre Heimat ist.
„Wir müssen weiterreden, solange es Wörter gibt“
„Wir müssen weiterreden, solange es Wörter gibt“, sagt Dr. Mai-Anh Boger, Expertin zu den Themen Diskriminierung, Rassismus und Migration, zum Ende des Films. Damit meint sie, dass man kontinuierlich Aufklärungsarbeit in Schulen und Vereinen leisten sollte, um mit Stereotypen zu brechen. Das könne zum Beispiel durch die Abbildung schwarzer Kinder in Schul- oder Kinderbüchern erreicht werden. Boger sagt, dass Kinder schon in der frühen Erziehung auf Alltagsrassismus vorbereitet werden sollten, weil sie in der jetzigen Gesellschaft schnell mit Vorurteilen und Rassismus in Kontakt kämen.
Nach dem Film setzt der Referent des Eine Welt Netz Serge Palasie in seinen Impulsvortrag das Thema Alltagsrassismus in historischen und soziologischen Kontext. Ähnlich wie Peter-Brandt er geht davon aus, dass moderner Rassismus ein Konstrukt ist, das sich mit der Zeit in gesellschaftlichen Struktur fixierte. Mit Beispielen aus der Geschichte, wie jene des Königs Mansa Musa, der im 14. Jahrhundert als reichster Mann seiner Zeit galt, verdeutlicht er, dass das Bild von Afrika sich erst in den letzten fünf Jahrhunderten änderte. Dies kam mit dem transatlantischen Dreieckshandel, also dem Warenhandel zwischen Europa, Afrika und Amerika und dem Sklavenhandel zustande. Der Kontinent wurde durch den Dreieckshandel und die Kolonialzeit systematisch ausgebeutet. Diese Zeiten änderten das Bild von Afrika nachhaltig und verstärken noch heute den Rassismus gegen Menschen afrikanischer Abstammung.
Große Herausforderungen
„Wir müssen uns von der Idee eines ethnisch homogenen Nationalstaaten verabschieden eine neue Anerkennungs- und Erinnerungskultur schaffen, die Vielfalt großschreibt“, schlägt Serge Palasie vor, um diese Umstände zu ändern. Das sind große Herausforderungen, derer sich Politik und Zivilgesellschaft in Zukunft annehmen müssen.