Integration kann auf vielen Wegen geschehen – auch mit einem gemeinsamen Landschaftspflegeprojekt. Ein Unterfangen, in dem alle Beteiligten etwas lernen und gleichzeitig noch etwas für die Umwelt tun. Über soziale und naturbezogene Nachhaltigkeit.
Wer über Nachhaltigkeit nachdenkt, dessen erster Gedanke gilt nicht sofort Flüchtlingen und deren Integration in die neue Heimat. Beim Thema Integration wird oft zuerst an dem Erlernen der Sprache, das Akzeptieren der Kultur und der hiesigen Werte gedacht. Doch Europa hat viele Werte und einer davon ist der Natur- und Umweltschutz. Fast nirgendwo auf der Welt wird so sehr auf eine saubere Umwelt geachtet, wie in Westeuropa. Neben vielen anderen Dingen müssen die Geflüchteten auch dies kennenlernen. Wie sich Naturschutz und Integration im Alltag der Geflüchteten gut kombinieren lassen, zeigt das Umweltzentrum Dresden.
Das Projekt auf dem ehemaligen Matthäusfriedhof
Eigentlich konzentrierte sich die Flüchtlingshilfe des Umweltzentrums Dresden zunächst nur darauf, die Geflüchteten willkommen zu heißen, ihnen das Ankommen zu erleichtern und Asylsuchende sowie Dresdener*innen zusammenzuführen. Direkt neben der Einrichtung liegt der ehemalige Matthäusfriedhof, der seit 2013 vom Umweltzentrum Dresden gestaltet, gepflegt und verschönert wird. Seitdem schafft das Umweltzentrum Perspektiven, indem es Minijobs anbietet und Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit verschiedenen religiösen Ansichten zusammenführt. So wird gemeinsam gegärtnert, gepflanzt, Gestecke geflochten und das Grüne gepflegt. Immer im Kontext der Integration und der Umweltbildung. Ein spannendes Projekt, denn viele heimische Pflanzen sind den neuen Dresdner*innen unbekannt und auch Naturschutz spielte nicht immer eine große Rolle. Gemeinsam im Grünen, ein besseres Zusammenkommen ist kaum vorstellbar.
Ein Ort – viele Perspektiven
Diese Idee verfolgte das Umweltzentrum auch, als im Sommer 2015 im Stadtteil Friedrichstadt eine Erstaufnahmeeinrichtung eröffnete. Die Organisation wollte helfen, Schutz bieten in den schattigen Plätzen der alten Bäume. Und so wurden die ersten sogenannten ABC-Tische errichtet, regelmäßige Treffen, bei denen die ersten Kontakte geknüpft, durch den bürokratischen Dschungel geleitet, die erste Worte erlernt und Rat und Unterstützung gegeben wird. Bei der brütenden Hitze des letzten Sommers war der grüne Garten mit seinen kühlen Naturecken wie gemacht für ein erstes Aufeinandertreffen und Aufatmen und für die erste Konfrontation mit der deutschen Kultur. Viele Freiwillige Dresdner*innen kamen und halfen, wo sie nur konnten. Die Kinder spielten auf den weiten Wiesen, die Erwachsenen freuten sich einmal raus aus der Zeltstadt zu sein und Familien genossen ihre gemeinsame Zeit im Grünen. Umweltbildung rückte da fast in den Hintergrund, aber nur fast. Denn bevor nachmittags die Familien in den Park kamen, kümmerten sich jeden Morgen Unterstützer*innen und Geflüchtete mit Arbeitserlaubnis weiterhin um den alten Friedhof gekümmert.
Mit dem Anstieg der Asylsuchenden in Dresden, wurden auch die Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtling ein der Natur- und Landschaftspflege ausgebaut. Diese Arbeitsgelegenheiten ähneln den 1-Euro-Jobs, die Bezahlung ist also nur symbolisch. Der Dialog, das Zusammenkommen und die Umwelt stehen im Vordergrund. Das Projekt hat Erfolg. Es kamen immer mehr Dresdner*innen und junge Flüchtlingsfamilien in den Park, sodass kurzzeitig fast alle Kapazitäten in Hinblick auf Platz und Versorgung ausgeschöpft zu sein schienen. Doch das störte kaum, denn mit dem Anstieg der Neuankömmlinge, vergrößerte sich auch die Hilfsbereitschaft der Freiwilligen.
Keine Winterpause
Als dann im Herbst die Tage immer kühler wurden, musste nicht lange nach einem alternativen Ort gesucht werden, der die ABC-Tische beherbergen konnte. Das Albertinum in Dresden bot seine Räumlichkeiten an und so konnte an den Erfolg des Zusammenkommens angeknüpft werden. Nun standen weniger die Natur als der interkulturelle Austausch und der Spracherwerb in dem Vordergrund. Doch die Beliebtheit des Begegnens und Lernens hat nicht abgenommen. Im Gegenteil. Umso mehr freuen sich das Umweltzentrum Dresden, die Freiwilligen und vor allem die Geflüchteten auf den Frühling, wenn sie sich wieder im Freien treffen und zusammen die Frühlingssonne genießen können.