Ändert sich das Lebensumfeld, wenn in direkter Nachbarschaft eine Notunterkunft für Geflüchtete eingerichtet wird? politikorange macht eine Ortsbegehung in Berlin-Wilmersdorf.
An diesem Samstagvormittag treibt es hier nicht viele Menschen auf die Straßen. Das Wetter ist für Anfang Dezember überraschend mild. Doch attraktiv scheinen die Plätze und Fußwege entlang einer stark befahrenen, achtspurigen Straße ohnehin nicht zu sein. Vereinzelt kommen Radfahrer*innen vorbei. Zwei Passant*innen lassen sich dann tatsächlich ansprechen. Ob sie, in diesem Augenblick direkt neben der Notunterkunft stehend, etwas von dieser mitbekommen haben? „Ich weiß leider gar nicht, wovon du sprichst“, antwortet der junge Mann und hat es eilig, zum Bahnhof zu kommen. Ebenso schnell unterwegs eine junge Erwachsene, die zwar hier wohne, sich aber nicht sonderlich für ihr Viertel interessiere. Kümmert es die Anwohner*innen also vielleicht gar nicht, was in ihrer Umgebung geschieht?
Der Alltag außerhalb geht jedenfalls weiter
Kaum einhundert Meter entfernt, der örtliche Kiez-Trödelmarkt. Genauso, wie er seit Jahren und jedes einzelne Wochenende stattfindet. Sicherlich kann man nicht davon sprechen, dass es einen Besucher*innenandrang gebe. Aber das, so ist sich eine Händlerin sicher, liegt am Zeitpunkt: „Im Winter ist hier immer nicht so viel los.“ Man müsse sich im Sommer ein Bild vom Trödelmarkt am Fehrbelliner Platz machen. Da sei stellenweise kein Durchkommen mehr durch die Menschenmassen. Aber dass es seit vier Monaten direkt nebenan eine Erstunterkunft für Geflüchtete gibt, das ist hier kein Thema. Stellenweise wissen die Besucher*innen nicht einmal davon. Oder sie interessieren sich nicht dafür. Ein älterer Herr klingt erleichtert, dass man offenbar entgegen seinen Erwartungen überhaupt nichts mitbekommt von der Gegenwart der zahlreichen Geflüchteten. Er verabschiedet sich mit den Worten, dass es seinetwegen gut und gerne genauso, ganz ohne Aufsehen, weitergehen könne.