„Nachhaltig einkaufen. Siegel verstehen.“ Mit diesem Slogan bewirbt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Siegelklarheit-App. Hält die Software, was sie verspricht? Vanessa Reiber macht den Test.
Ein Blick auf das Etikett meines T-Shirts verrät mir sofort den Fertigungsort. Doch sind die Produkte, die ich kaufe, auch umweltfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen entstanden? Ich weiß es nicht. Siegel sollen da Klarheit schaffen und für ein gutes Gefühl sorgen. Aber was sagt das Fairtrade-Siegel eigentlich aus? Wer steckt hinter der Fair Wear Foundation?
Ich bin bereit dazu, auch mal tiefer in die Tasche zu greifen, wenn ich dafür weiß, wie meine Kleidung produziert wurde. Doch die vielen bunten Siegel machen mich eher misstrauisch als sicher. Kaufe ich am Ende wirklich faire und umweltfreundliche Produkte? Oder zahle ich für ein Siegel, das gar nichts aussagt?
In Bremen spricht Bundesentwicklungsminister Gerd Müller auf der ZukunftsTour auch über die Siegelklarheit-App. Diese wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert und betrieben. Einen Tag später beschließe ich, die App zu testen.
Ansprechendes Design, einfache Bedienung
Wer den Suchbegriff „Siegel“ im Playstore eingibt, stößt schnell auf die kostenlose App des BMZ. Der Download verläuft schnell und problemlos. Nun kann es losgehen. Auf den ersten Blick überzeugt mich das schlichte Design von Siegelklarheit. Ein kurzes Intro verspricht eine einfache Bedienung: Label scannen, nach wenigen Sekunden liegt eine Bewertung des Siegels vor.
Was gut klingt, funktioniert in Realität leider überhaupt nicht. Ich versuche, unterschiedliche Siegel in verschiedenen Kleidungstücken zu scannen. Die App verkündet immer wieder, dass sie das Siegel nicht erkennt. Nach mehreren Versuchen gebe ich auch. Vielleicht sind die Siegel zu verwaschen? Als nächstes beschließe ich, die Siegel in Papierform zu scannen. Meine neue App verweigert aber weiter die Auskunft.
Siegelklarheit-App vermasselt auch die zweite Chance
Nachdem die Scanfunktion nicht überzeugt, will ich wenigstens die zweite Funktion der App, den Siegelvergleich, nutzen. Hier fällt mir die Übersichtlichkeit der Anwendung positiv auf. Alle Siegel sind in den Kategorien Glaubwürdigkeit, Umweltfreundlichkeit und Sozialverträglichkeit bewertet. Ein Stern bedeutet, dass das Siegel besonders hohe Anforderungen erfüllt. Ein Haken zeigt, dass die Mindestanforderungen erfüllt sind. Das Kreuz steht dafür, dass die Mindestanforderungen an ein Siegel nicht erfüllt sind.
Die drei Kategorien bilden die Basis für die Bewertung der Siegel. Wie ein Siegel abschneidet, zeigt ein farbiger Knopf mit Gesicht: Ein dunkelgrüner, breit lächelnder Knopf bedeutet, dass das Siegel zusätzlich zu den Mindestanforderungen weitere Anforderungen erfüllt. Der hellgrüne, lächelnde Knopf steht für Siegel, die die Mindestanforderungen in zwei Kategorien erfüllen. Ein roter Knopf signalisiert, dass das Siegel die Mindestanforderungen nicht einhält. Durch einen Klick auf ein Siegel zeigt die App nähere Information zu der Analyse der Siegel an. Die Kategorie Umweltfreundlichkeit prüft beispielsweise, wie der Umgang mit Chemikalien erfolgt und ob der Einsatz von Kunstdünger vermieden wird.
Manko: Es gibt nur 11 bewertete Siegel
Positiv ist also, dass die Bewertung der Siegel sehr detailliert erfolgt und für die Anwender*innen strukturiert und verständlich aufgearbeitet wird. Man erfährt, welche Phasen des Produktlebenswegs von der Rohstoffproduktion bis zur Entsorgung durch das Siegel abgedeckt sind.
Leider gibt es derzeit aber nur elf bewertete Siegel. Für die anderen aufgelisteten Siegel liegen keine Bewertungen vor. Ob und wann diese folgen, ist leider nicht ersichtlich. Im Informationstext „Mehr erfahren“ wird aber angekündigt, dass in Kürze auch Siegel aus den Produktgruppen Lebensmittel, Papier und Holz in die App eingefügt werden.
Konsequenz: App löschen
Nach meinem Test habe ich die App wieder gelöscht. Die Grundidee, eine Orientierung im „Siegelwirrwarr“ zu schaffen, gefällt mir nach wie vor. Auch die Art der Darstellung und das umfangreiche Informationsangebot überzeugen. Leider funktioniert der Siegelscan und somit die Hauptfunktion nicht. Ferner sind nur wenige Siegel bewertet. Somit muss ich in vielen Fällen doch wieder selbst recherchieren – die App nützt mir damit leider nur wenig.
Zum Selbertesten: Die Siegelklarheit-App gibt es kostenlos im Google Play Store (Android) und im App Store (iOS).