Im gebrochenen Spiegel: Unsere Generation ist anders

Wir sind sehr schnell im Umgang mit Digitalem und Technik. Wir sind innovativ, lieben die Multioptionalität, fordern Transparenz. Unsere Individualität ist uns sehr wichtig und wir haben ein erhöhtes Medienbewusstsein und sind sehr kommunikationsfreudig. Das ist unsere Generation: die Digital Natives.

Foto: Rex Roof, flickr.com, CC-BY
Foto: Rex Roof, flickr.com, CC-BY

Meine Generation ist nicht nur mitteilsam, sondern lebt auch anders als die Generationen zuvor. Wir schreiben anders und wir bewerten anders. Wir befinden uns andauernd in einem Beobachtungsstatus. Wir erleben den Moment nicht nur einmal, sondern zweimal. Denn wir erleben ihn noch einmal digital. Und dieses digitale Erleben macht für uns keinen Unterschied.

Ich bin auf dem Weg zu einem Konzert in der Hamburger Innenstadt. Mitten auf der Straße bleibe ich stehen, ich habe den Weg vergessen – Google Maps. Ein wenig später komme ich an – Ankommensselfie. Luisa, Sarah und Tom gefällt das. Warten in der Schlange vor dem Einlass – schnell noch die Nachrichten und Kommentare lesen, eine neue App und ein T-Shirt kaufen. Beim Einlass wird meine Eintrittskarte von meinem Bildschirm abgescannt. Nun stehe ich mitten in einer Masse von tausend Menschen vor der Bühne. Ich filme die Performance auf der Bühne. Mein Bildschirm ist zu meiner Bühne geworden. Der Sänger fordert auf mitzutanzen. Drei Ältere tanzen vor mir. Ich möchte das Bild nicht verwackeln und ich fühle mich von der Ansage nicht wirklich angesprochen, denn ich starre weiter auf meinen Bildschirm, als würde ich ferngucken. Nach dem Konzert bin ich sehr glücklich – den Film, den ich auf Facebook auf meine Pinnwand gepostet habe, hat vielen gefallen. Drei beneiden mich darum. Das Foto auf Twitter bekam eine positive Resonanz und eine anhaltende Diskussion über das Konzert ereignet sich.

Im Internet lebt mein zweites Ich

Wir erleben also nicht nur auf den Moment bezogen, sondern unser zweites Erleben ist das Mitteilen an die Gesellschaft. Uns ist die Zuneigung und Aufmerksamkeit der Freunde sehr wichtig. Natürlich gibt es Situationen, in denen ich mich vom Bildschirm wegbewege und meine Welt anschaue und auch diese Situationen werden bleiben. Aber spätestens, nachdem mich der WhatsApp-Ton erweckt hat, werde ich auf mein Handy schauen müssen.

Ich merke selbst, wie sich das Verhalten meiner Generation gewandelt hat. Ein Tag ohne Smartphone und soziale Netzwerke, ein Tag ohne digitale Resonanz ist undenkbar. Mein Leben im Internet ist wie ein gebrochener Spiegel: Er erzählt nicht die ganze Wahrheit über mich, aber eine Teilwahrheit und diese vielleicht auch wünschenswerte Teilwahrheit ist mein zweites Ich. Und es beeinflusst mich in meinem Leben und meiner Urteilskraft sehr stark. Wir sind die Generation der Voyeure – doch anstatt still zu sein, bewerten und unterhalten wir uns im Nachhinein sehr angespannt.

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