Stuttgart für Fußgänger

Auf dem 9. Jugendforum Stadtentwicklung begegnet politikorange-Redakteurin Anastasia Kourti Politikinteressierten aus allen Ecken Deutschlands. Unter anderem zwei Kunststudierenden aus Stuttgart, welche derzeit mit sogenannten „Parklets“ ein eigenes Projekt auf die Beine stellen. Dieses soll die Stadtplanung revolutionieren. 

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Wie die Parklets bei den Anwohnern ankommen wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Foto: Basil Salomon Helfenstein

Einfach mal nachmittags das Haus verlassen, spontan durch die Nachbarschaft schlendern und den Ort genießen. Vielleicht auf dem Weg jemanden treffen, dem kurz zuvor dieselbe Idee kam oder mal herausfinden, wer da nur fünf Häusernummern weiter wohnt. Eine Situation wie aus dem Bilderbuch, für die meisten Stadtkinder aber kaum vorstellbar.

Beim Verlassen des Hauses begeben wir uns in der Regel umgehend in Auto, Bus oder Bahn, Kein Wunder – warum sollte man auch in seiner Ortschaft umherschlendern? Es scheint, als sei der Verkehr ganz exklusiv für alles mit vier Rädern reserviert. Auf der Fahrbahn so oder so (wehe es traut sich ein Radfahrer, die Autos bei ihrem Wettrasen zu stören!). Und dort, wo sie endet, reihen sich die parkenden Autos. Für Fußgänger und Fußgängerinnen lädt dieses Stadtbild eher weniger zum Spazieren ein und bis zum nächsten Park sind es nicht selten mehrere Kilometer.

„Der Straßenraum ist Stadtraum und daher nicht nur für die Autofahrer da. Auch Fußgänger sollen sich wohlfühlen“, wirft  die Teilnehmerin Kristin Lazarova in einem Workshop zum Thema zukünftige Stadtplanung ein. Derzeit sei alles zugepflastert, die Nutzung des öffentlichen Raumes trage nur wenig zu einer freundlichen Stadtatmosphäre bei. Es stellt sich im Verlauf des Nachmittags heraus, dass Kristin dieser Gedanke schon länger beschäftigt. Zusammen mit Basil Salomon Helfenstein und Philipp Wölki haben die drei Studierenden an der Universität Stuttgart ein Forschungsprojekt auf die Beine gestellt, mit welchem sie eine neue Form der Straßenraumnutzung nach Deutschland holen: Die Parklets.

Parklets, wie bitte?

In San Francisco, Montreal und New York verursacht der Begriff schon längst kein Stirnrunzeln und fragende Blicke mehr. Zusammen mit dem Städtebau-Institut der Universität Stuttgart und dem Reallabor für nachhaltige Mobilitätskultur sollen nun auch die Stuttgarter Einwohner und Einwohnerinnen von dieser innovativen Idee erfahren.

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Wie alles begann… Eine kleine Party am Straßenrand, die jedoch mit einem Besuch von der Polizei endete. Foto: Basil Salomon Helfenstein

Aber was sind Parklets genau? „Im Grunde eine Erweiterung des Bürgersteigs. Dort, wo ein bis zwei Autos parken würden, werkeln wir etwas Neues für Fußgänger zusammen. So wird aus Straßenraum hochwertiger Stadtraum“, erzählt Kristin, als wir nachhaken. Und… woran erkenne ich so ein Parklet, wenn ich es sehe? Beim Stöbern durch die Bilder der elf Parklets, die am 29. Juni in Stuttgart eröffnet werden, fällt auf, dass es darauf keine wirkliche Antwort gibt. Verantwortlich für den Aufbau und die Gestaltung der einzelnen Mini-Wohnzimmer ist jeweils ein Studierender des Parklets-Team, der dann eigene kreative Ideen umsetzen darf. Da werden Freunde und Freundinnen zusammengetrommelt, Equipment organisiert und stundenlang aufgebaut und eingerichtet.

Eine Stadtplanung für alle

„Wir wollen eine öffentliche Diskussion über den öffentlichen Raum anstoßen. Die Zusammenarbeit mit dem Reallabor ermöglicht es, in einem Entwurfsprojekt herauszufinden, was die Parklets bewegen können. Vor allem aber gilt es, Aufmerksamkeit zu erzeugen“, erklärt Basil. So werden für drei Monate lang an elf Stuttgarter Standorten die endlosen Reihen parkender Autos durch ein Fleckchen urbanes Interieur unterbrochen. Lokale Paten und Patinnen unterstützen das Projekt. Bereits jetzt erreichen das Team Parklet Mails von Stuttgartern und Stuttgarterinnen, die bereits Wind von der Aktion bekommen haben. Am 29. Juni findet die Eröffnungstour statt und lädt zielgruppenlos alle Stuttgarter und Stuttgarterinnen dazu ein, auch mal als Fußgänger die Straßen zu erkunden. Der Straßenraum sei schließlich für alle da.

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