Handy kaputt? Klar – ab in die Wertstofftonne und Gutes tun! Oder lieber nicht?
„Wer sein Handy in die Wertstofftonne gibt, tut vielleicht was Gutes damit. Er könnte aber weitaus nachhaltiger handeln, mit gleichem Aufwand“. Ralf Häußler berichtet in ruhiger Stimme. Er versprüht eine tiefgründige Kompetenz, unterfüttert seine Argumente glaubhaft – stets mit Zahlen und Statistiken. Der Pfarrer – Häußler arbeitet für das Zentrum für Entwicklungsbezogene Bildung der Evangelischen Landeskirche in Baden-Württemberg – spricht monoton, aber pointiert. Keine Sekunde entstehen Zweifel, der Mann wisse nicht, wovon er spricht.
Handy kaputt? Wert hat es trotzdem!
Auf der Zukunftstour steht Ralf Häußler am Stand des Projekts „Handy-Aktion“. „Die Nummer eins auf der Liste der Konfliktgründe im Kongo ist der Abbau von Rohstoffen aus der Erde“, so Häußler. Menschenrechtsverletzungen würden bei der Abbau der Rohstoffe billigend in Kauf genommen, meist seien Milizen illegal für den Abbau verantwortlich. Mit dem landesweiten Projekt „Handy-Aktion“ möchten Häußler und sein Team die schon abgebauten Rohstoffe durch Recycling wiederverwerten. Das Ziel: Den allgemeinen Rohstoffverbrauch senken und die massenhafte Ausbeutung von Arbeitskräften stoppen. Ein hehres Ziel, das Häußler da hat.
Die Handys kann man in Sammelboxen abgeben, die an vielen Orten – etwa in Schulen und Behörden – aufgestellt sind. Die Daten werden gelöscht, das Handy in seine Einzelteile zerlegt. „Mit unserem Projekt führen wir die Handys Fachstellen zu, die die Rohstoffe einzeln trennen“, erklärt Häußler und fügt hinzu: „Die sortenreine Trennung wird im Wertstoffhandel nicht gewährleistet“.
Das Handy – Filetstück des Elektroschrotts
Knapp eine Million Handys werden pro Jahr entsorgt. Gleich mitentsorgt werden 2,5 Tonnen Gold, 25 Tonnen Silber und 800 Tonnen Kupfer. Dass diese auch besser genutzt werden könnte, ist für Häußler klar: „Wir möchten, dass die geschöpften Rohstoffe in den Kreislauf zurückgeführt werden.“. Die Frage, ob mit dem reduzierten Abbau auch Arbeitsplätze in den Ursprungsländern verloren gingen, pariert Häußler souverän: „Wir möchten nur eine Reduktion sicherstellen. Unser Ziel ist nicht, dass der Abbau von Rohstoffen gänzlich eingestellt wird“.
Das ginge auch gar nicht. Nur ein kleiner Teil der heute abgebauten Rohstoffe wird für Mobiltelefone genutzt. Nahezu alle technischen Geräte enthalten allein durch ihre Platinen Rohstoffe. Trotzdem gilt das Handy als das „Filetstück“ des Elektroschrotts, da es verhältnismäßig viele Rohstoffe enthält. „Ein Umdenken könnte hier schon einiges bewirken“, gibt sich Häußler zuversichtlich und fügt hinzu:„Unser Ziel ist, dass einfach weniger Rohstoffe benötigt werden. Das hätte direkte Auswirkungen auf die Arbeiter“.
(K)ein kleiner Beitrag für mehr Gerechtigkeit
Da der Preis für Rohstoffe so gering ist, müssen die Arbeiter ihrer Tätigkeit auch unter widrigen Bedingungen nachgehen – der Lohn ist dürftig. Häußler und sein Team möchten sicherstellen, dass die Rohstoffe gezielter eingesetzt werden und so auch vernünftige Löhne bezahlt werden können. „Wir möchten, dass endlich wieder ein Markt besteht, in dem auch die soziale Komponente eine Rolle spielt. Das geht nur, wenn den Arbeitern auch mehr bezahlt wird.“, so der Pfarrer.
Mit dem Geld, das das Projekt durch die recycelten Rohstoffe erwirtschaftet, unterstützen die Initiatoren zudem gezielt Kleinschürfer. „Momentan wird beispielsweise im Kongo alles hervorgeholt, was geht. Der Kleinschürfer hat da keine fairen Chancen.“, so Häußler. Durch die Unterstützung soll zumindest ein kleines bisschen Chancengleichheit hergestellt werden.
Auch die Wirtschaftsriesen machen mit
Häußler scheut nicht davor zurück, die Messlatte hoch zu legen. „Wenn für die Rohstoffe das Doppelte an die Arbeiter bezahlt würde, hätte das auf den Verbraucher de facto keine Auswirkungen“, sagt er. Denn der Anteil, den die Rohstoffe im Endprodukt ausmachten, sei sehr gering.
Die Sammelbox, in der die Handys im ganzen Land gesammelt werden, ziert das Logo eines magentafarbenen Telefondienstleisters – der Telekom. Auch Fragen, wie christlich die Motive eines börsennotierten Unternehmens seien und welcher Wille dahinter stecke, den Abbau der Rohstoffe zu senken, umschifft Ralf Häußler elegant. „Das kann man auch wirtschaftlich nachvollziehen. Viele Unternehmen, so auch die Telekom, haben erkannt, dass sich der Verbraucher zunehmend für die Produktionskette interessiert. Man nimmt nicht mehr einfach hin, dass soziale Missstände als Kollateralschaden abgetan werden“, so Häußler. Deshalb glaubt er, dass das Engagement der Telekom auch eine wirtschaftliche Berechtigung hat.
Die Telekom stellt die Sammelboxen und die gesamte Logistik zur Verfügung. „Das ist ein Haufen Arbeit. Ohne die Telekom würde das Projekt nicht so gut laufen“, so Häußler. Doch nicht nur die Telekom ist beteiligt. Viele Unternehmen, Jugendverbände und auch die Kirchen unterstützen das Projekt. Dass das für viele Beteiligte auch eine Imagekampagne ist, bestreitet Ralf Häußler – der Pragmatiker – nicht: „Das kann sein. Und wenn sie dann auch noch sozial ist, dann haben alle was davon!