Viele werden täglich damit konfrontiert: Hasskommentare im Web 2.0. „Hate Speech“ nennt sich dieses Phänomen. Marlene Resch hat sich von drei Experten und Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmern erklären lassen, was man gegen Beleidigungen im Netz tun kann.
Paul Bahlmann und Robert Pietsch geben Workshops zum Umgang mit Hate Speech. „Bei dem Thema geht es darum, Mut zu geben. Die Leute wollen einschüchtern – und wir müssen lernen gemeinsam aufzustehen“, sagt Robert. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Kongress junger Demokratinnen und Demokraten fängt Hate Speech an unterschiedlichen Stellen an. Bei zwei Sachen sind sich alle trotzdem einig: Hate Speech ist verletzend und hat nicht das Ziel einer sinnvollen Auseinandersetzung.
Genau da setzt auch Robert an. Er sagt: „Hate Speech ist das, was im Zwischenbereich liegt. Es ist noch nicht strafrechtlich verfolgbar, aber auch nicht in dem Bereich, wie wir kommunizieren wollen. Da muss jeder ein bisschen für sich selber wissen, wo für ihn Free Speech aufhört und Hate Speech anfängt.“
Hass kann nicht mit Hass bekämpft werden
Das Besondere an Hate Speech ist auch, klar, dass sie im Internet stattfindet: Das Netz ist auf gewisse Weise anonym, wir sehen die Reaktion unseres Gegenübers nicht, nicht dessen Mimik oder Gestik. Dadurch kommt es zu einer vereinfachten Form der Diskussion. Häufig hat man das Gefühl, das Netz wäre ein Bereich ohne soziale Kontrolle.
Aber stimmt das überhaupt? Nein, findet Robert, der aus seinem eigenen Umfeld weiß, dass viele Menschen beobachten und mitlesen, was man so postet und kommentiert. Kongressteilnehmerin Nina meint deshalb auch: „Wir haben immer Verantwortung für das, was wir schreiben. Dessen müssen wir uns bewusst sein und die Empathieebene mit einflechten.“
Doch wie funktioniert das im Praktischen? Wie reagiert man sinnvoll auf Hate Speech? Für Paul ist das Motto einfach: „Es ist das Yoda-Prinzip: Hass mit Hass bekämpfen, das funktioniert nicht. Vielmehr muss man mit empathischer Einfühlung reagieren. Man sollte sich nicht auf die Tonalität des Haters einlassen. So hat man immer das moralische Oberwasser.“
Robert verrät, wie das gelingen kann: „Einmal habe ich einen Nutzer einfach gefragt: Was passiert eigentlich, wenn deine kleine Tochter in zehn Jahren mal liest, was du hier online schreibst? Da wurde er direkt kleinlaut und hat einige seiner Kommentare gelöscht.“
Gemeinsam gegen die Hater
Klingt gar nicht so schwer und die gute Nachricht ist: so viele Pöbler gibt es im Internet eigentlich gar nicht. Eine Umfrage beim Focus hat gezeigt, dass rund zwei Prozent der Nutzer 60% der Kommentare schreiben: Die Hater sind also einige wenige – doch dafür sind sie umso lauter. Da hilft nur: gegenwirken – mit Ruhe, Sachlichkeit und Empathie.
Eine konkrete Möglichkeit ist die Facebookgruppe #ichbinhier: Dort organisieren und formieren sich Menschen gegen Hate Speech. Mit dem Hashtag #ichbinhier markieren die Mitglieder Beiträge und Kommentarspalten, in denen sie mit sachlichen Kommentaren Hass entgegenwirken. Andere Gruppenmitglieder können sich so einschalten und unterstützen. Dann bietet man nicht nur als Einzelner, sondern unter Rückhalt der anderen Gruppenmitglieder, den Hatern die Stirn. Mitmachen ist ganz einfach, um das World Wide Web zu einem empathischeren Raum machen.
Weitere hilfreiche Tipps gegen Hate Speech gibt es unter No Hate Speech