Als Luis von Randow 13 Jahre alt ist, geht er das erste Mal mit „Fridays -for- Future“ auf die Straße. Anschließend steckt er viel Zeit und Arbeit in den Aktivismus – bis bei ihm Burnout diagnostiziert wird. Über einen Menschen, der viel für sein Engagement opfert.
Es ist der 20. September 2019. Mehr als hunderttausend Menschen sind auf den Straßen im Zentrum Berlins unterwegs. „Fridays for Future“ (FFF) hat eine der größten Demonstrationen in der jüngeren Geschichte der Stadt organisiert. Mit dabei ist auch Luis von Randow. Er soll an diesem Tag vor der großen Menschenmenge sprechen – dabei ist er gerade mal 14 Jahre alt. Nervös ist er nicht. Auch dann nicht, als er auf der kleinen Bühne steht, in die vielen Gesichter blickt und anfängt in das Mikro zu sprechen.
Inzwischen ist Luis von Randow 17 Jahre alt. Er hat in seinem Leben schon einiges erlebt: er hat viele Demos organisiert, Erfolge mit „Fridays for Future“ gefeiert. Aber er musste auch schon lernen, wie es sich anfühlt, ausgebrannt zu sein.
Von Randow kommt 2006 in Berlin als Sohn einer Biologin und eines Politikwissenschaftlers auf die Welt. Er selbst sagt, dass er und seine kleine Schwester eine schöne und behütete Kindheit gehabt hätten. Während er davon erzählt, sitzt er in einer kleinen Küche. Auf der Anrichte trocknen bunte Tassen, der Geschirrspüler läuft. Im Raum stehen viele Pflanzen, ein gelbliches Licht fällt auf sie. Auf dem Küchentisch liegt nichts außer ein kleines Spielzeugauto. Von Randow nimmt es in die Hand und fängt an zu reden.
„Das Gefühl, dass etwas Großes passiert“
Die ersten zwei Jahre wuchs er in Kreuzberg auf, dann entscheiden die Eltern, dass sie lieber in Tempelhof wohnen wollen. Von Randow sagt, dass er lieber in Kreuzberg geblieben wäre – bis heute sei er deshalb etwas wütend auf seine Eltern. In der Schule hat er keine Probleme, geht nach der Grundschule aufs Gymnasium. Beim Abendessen diskutiert er oft mit seiner Familie und so interessiert er sich schon früh für Politik.
Sein Vater schlägt ihm Anfang 2019 vor, zu einer FFF-Demo zu gehen. Luis ist erst skeptisch. Damals habe er gedacht, das sei „wieder so eine langweiliges Papa-Ding“. Kurz danach habe ihm aber ein Freund erzählt, wie toll die Demos doch wären. Damit war der 13-Jährige dann doch überzeugt.
Als von Randow von seinen ersten Demos erzählt, hat er ein Lächeln auf den Lippen. Er spricht von einem „unglaublichem Gemeinschaftsgefühl“, „krasser Aufbruchsstimmung“ und von dem Gefühl, dass „etwas Großes“ passiere. Ab dann ist er „hooked“, geht zu den FFF-Teamtreffen, hilft bei der Demo-Organisation und geht jeden Freitag auf die Straße.
Ende 2019 tritt von Randow auch der Schülerverwaltung seiner Schule und einem Jugendparlament bei. Die Diskussionen über neue Schulglocken und Wasserspender hätten ihn aber „schrecklich“ gelangweilt. Er kommt zu dem Schluss, dass nur der Aktivismus und Protest auf der Straße ihn wirklich reizen.
Doch all das Engagement hat für von Randow seinen Preis, das merkt er 2020. Da ist er 15 Jahre alt und die Corona-Pandemie hat gerade erst begonnen. Er bekommt ein Burnout. Nichts geht mehr. Er zieht sich zurück aus dem Aktivismus, macht eine Pause.
Die Pause dauert etwa ein Jahr, dann will er freitags wieder zurück auf die Straße. Er steigt wieder voll ein bei „Fridays for Future“ und arbeitet wieder als Pressesprecher für FFF-Berlin. 2023 macht er sein Abitur und beginnt ein Studium der Politikwissenschaften in Berlin.
Zeit für Hobbys hat von Randow nicht
Jetzt sitzt er an einem Tisch in einer kleinen Küche in Berlin-Wedding. Das Spielzeugauto, mit dem er während des ganzen Gesprächs gespielt hat, fällt aus seinen Händen und landet auf dem Küchenboden. Er hebt es wieder auf und legt es leicht beschämt weg.
Seit über vier Jahren engagiert Luis von Randow sich politisch und opfert dafür seine Freizeit.
Auf die Frage, welche Hobbys er habe, antwortet er etwas nüchtern: Zeit für Hobbys bliebe ihm nicht. Wenn er die Zeit hätte, würde er sie für Fotografie und Musik nutzen, er hört am liebsten Musik aus den Siebzigern und Achtzigern oder amerikanische Indie-Musik.
Manchmal frage sich von Randow, warum er das alles mache. So viel Arbeit, so viel Stress. Doch dann, sagt er, erinnere er sich an die schönen Momente bei FFF, wie er sich auf Demos mit anderen in den Armen lag, Lieder sang und Parolen rief. Und er denke an das, was sie dadurch verändert hätten. Der Klimaschutz ist in der Agenda deutscher Parteien weit nach oben geklettert, daran haben auch „Fridays-for-Future“-Aktivist*innen wie Luis von Randow einen Anteil.
Und trotzdem reicht ihm das nicht. Es gebe immer noch Themen, für die man auf die Straße gehen und mit Politiker*innen diskutieren müsse. Von Randow sagt, dass die Demokratie von Menschen lebe, die die Energie hätten, etwas zu verändern. Nicht nur im Aktivismus, sondern auch beim „langweiligen“ Engagement in der Schüler*innen-Vertretung oder im Jugendparlament.