NGOs haben eine direkte Mission. Aber nicht nur das, findet politikorange-Redakteurin Hannah Lee. Über die indirekte Funktion von NGOs für die Gesellschaft.
Die sogenannten „NGOs“ (übersetzt: Nicht-Regierungsorganisationen) sind zivile Gruppierungen verschiedensten Ausmaßes, die sich einem oder mehreren Zwecken gewidmet haben und sollen der Allgemeinheit zu Gute kommen. Sie sind normalerweise nicht auf Profit ausgerichtet.
Ein paar der größten und bekanntesten Beispiele weltweit sind unter anderem Ärzte ohne Grenzen, WWF, Amnesty International oder aber UNICEF. Sie kümmern sich um Gesundheit, Umwelt- und Tierschutz, Menschenrechte oder aber Kinder in Not. Spezifisch ist der Zweck einer NGO ihre jeweilige Mission. Generell haben sie aber alle gemeinsam noch einen weiteren Zweck, der in der Sache selbst liegt, eine NGO zu sein.
Das Megafon für die Stimmen der Bürger*innen
Jede Demokratie lebt von ihrer Gesellschaft, die aktiv an der Politik teilnimmt. Ganz nach dem Motto “Einmischen possible!?” der Eine-Welt-Landeskonferenz. Das Volk ist in einer Demokratie der Motor, der das Land zum Laufen bringt – sobald es sich zurückzieht, geht nichts mehr. Eine Regierung kann nur dann die Meinung ihres Volkes vertreten, wenn letzteres diese ausdrückt, danach handelt und darauf besteht, dass sie gehört wird. Hier kommt die NGO ins Spiel. Denn natürlich kann nicht jeder einfach ein Briefchen in Angelas Postfach segeln lassen und dann wird alles gut. Die zivile Gesellschaft hat auf Berufung der Menschenrechte die Option, aktiv zu werden: Sie kann sich organisieren, versammeln und protestieren, wenn sie dafür Bedarf sieht. NGOs dienen also direkt ihrer Mission, indirekt aber immer auch dem Volk zur Mitgestaltung seines Landes. Jede*r einzelne Bürger*in hat eine Stimme, die durch das Megafon NGO eine Lautstärke erreicht, die die mächtigen Instanzen nicht überhören können.
Wer Politik wirklich beeinflussen will, muss eigenen Druck
aufbauen, und das geht nur außerhalb der Institutionen,
behauptet Werner Rätz, Aktivist von Attac. Deshalb ist er persönlich schon seit seiner Jugend politisch aktiv und engagiert sich vielfältig.
In der Regel machen sich NGOs hauptsächlich die Lösung solcher Probleme zur Aufgabe, von denen ihre Gründer*innen denken, dass sie von der Politik vernachlässigt werden. Probleme, die ihrer Ansicht nach ignoriert, vertuscht oder vergessen werden. Daher ist einer der wichtigsten Ansätze ihrer Arbeit korrekte, verlässliche und möglichst vollständige Informationen für die Bevölkerung zu beschaffen. Schon hierbei geraten sie oft in eine unangenehme Lage, da sie beleuchten, was aktuell schief geht und vielleicht sogar aufdecken, wer dafür verantwortlich ist. Wenn dieser Jemand einen Staat darstellt, wie beispielsweise die Türkei, ist es bestenfalls unvorteilhaft sich diesen zum Feind zu machen. Ein Angriff bedeutet dann meist einen Gegenangriff, der die Akteure diskreditieren, einschüchtern oder mundtot machen soll.
Unparteiisch zwischen den Parteien
NGOs haben einen einzigartigen Vorteil gegenüber staatlichen Organisationen: Sie können politisch neutrale Stellungen auf internationalem Parkett einnehmen. Dieser Aspekt ist beispielsweise in Kriegssituationen relevant. Hilfstruppen von Beteiligten am Konflikt könnten abgelehnt werden. NGOs könnten dann, wenn die nötigen Weichen gestellt sind, unparteiisch eingreifen, indem sie beispielsweise Grenzstellen mit überlebenswichtigen Gütern passieren und Hilfsstationen aufbauen. In solch einer Situation könnte Ärzte ohne Grenzen Menschen medizinisch versorgen, ohne, dass der jeweilige Staat sie als eine Bedrohung empfindet. Denn: Sie unterstützen keine politischen Gruppierungen, sondern lediglich Verletzte und Kranke.
Warum und wie wird gegen sie gearbeitet?
Ganz so einfach ist das mit dem Unparteiisch- und Unpolitischsein nicht. Es gibt ständig Situationen, in denen NGOs Gegenwind bekommen. Insbesondere natürlich dann, wenn sie direkte Kritik am Staat oder dem System ausüben. Ländern, deren Demokratie durch das staatliche Handeln ausgehöhlt wird, sind die wohltätigen Organisationen ein wahrer Dorn im Auge. Sie kämpfen für die Rechte des Volkes, das der Staat unterdrückt – mittelbar oder unmittelbar dreht sich der Kampf um die Existenz von NGOs immer um Menschenrechte. Sie haben die Macht, Menschenmassen zu mobilisieren. Es liegt auf der Hand, warum sie ausgebremst oder gänzlich aufgehalten werden.
Anderswo bekommen zivile Gruppierungen hingegen sogar Unterstützung vom Staat. Nicht nur bei uns in Deutschland gibt es diese auf Antrag sogar finanziell. Das ist meist essentiell für die NGOs, da sie ansonsten lediglich auf Spenden angewiesen sind.
Es ist jedoch, je nach Regierungsform, teilweise sehr einfach, die notwendigen Gelder zu entziehen, wenn ein Interessenkonflikt besteht. Eine sehr gängige Vorgehensweise ist, dass ihnen die Gemeinnützigkeit aberkannt wird. Diese ist jedoch oft Voraussetzung dafür, dass sie bezuschusst werden können.
Das ist allerdings noch die gewaltfreie Art, gegen NGOs vorzugehen. Wo Korruption und totalitäre Machtverhältnisse Gang und Gebe sind, sind die Mitarbeiter*innen persönlich oft genauso gefährdet, wie ihre Arbeit. Hier werden ihre Tätigkeiten vorsätzlich kriminalisiert. Oder sie werden gar angeschwärzt und unschuldig verhaftet.
An Orten, in denen die Demokratie verfestigter ist, haben die Aktivist*innen es einfacher. Um eine NGO zu gründen, wird gewöhnlich lediglich ein gemeinnütziger eingetragener Verein (e.V.) angemeldet, wobei es auch andere Möglichkeiten gibt. Mehr Informationen zur Gründung von NGOs und der Rechtsgrundlage dieser stellt der Bund z.B. hier oder da zur Verfügung. Doch auch in Europa gibt es Hürden. In Ungarn wurde zuletzt ein Gesetz verabschiedet, das Menschenrechte der Freiheit und Vereinigung und somit die Arbeit von NGOs, eindämmen soll. Dies ist ein Verstoß gegen die Bedingungen, die damit einhergehen Teil der EU zu sein, der Ungarn 2004 beitrat.
Sobald ein Staat NGOs zu beeinflussen oder kontrollieren versucht, muss eingegriffen werden, um die Rechte der zivilen Gesellschaft und die Demokratie zu gewährleisten.