Auf der Eine-Welt-Konferenz hat der deutsche Filmemacher Manuel Domes über seine Arbeit auf den Philippinen gesprochen. Felicia Herrmann war dabei.
Die Schulklasse ist weihnachtlich geschmückt, an der Decke hängt rotes Lametta, auf der Tafel steht Merry Christmas. Vor dem Pult steht eine Frau mit Kopftuch – die Lehrerin.
Die Szene stammt aus einem Film. Auf den ersten Blick wirkt sie friedlich, allerdings spielt sie an einem konfliktreichen Ort: den Philippinen. In dem bevölkerungsreichen Land stehen religiöse und politische Konflikte an der Tagesordnung. Gewaltbewältigung bleibt häufig ein Versuch. Diese Lebensrealität verarbeitet der Deutsche Manuel Domes mit philippinischen Filmemachern in bewegten Bildern. Ihr Projekt „The Long Reach of Short Films: Telling Stories of Peace in Mindanao” zeigt den Inselstaat in all seinen Facetten, auch den grausamen.
Wie kommt jemand wie Domes dazu, sich mit den Philippinen zu befassen? Der junge Mann war nicht immer in der Filmbranche tätig, dafür arbeitet er schon lange auf dem Inselstaat: Mit dem Forum Ziviler Friedensdienst, einem Zusammenschluss aus mehr als vierzig Hilfsorganisationen, hat Domes vier Jahre lang Konflikt- und Dialogarbeit auf den Philippinen geleistet.
Nun zeigt Domes der Öffentlichkeit, wie weitreichend die Probleme in dem Land sind. Seitdem der frühere Bürgermeister der Stadt Davao City, Rodrigo Duterte, im Jahr 2016 das Amt des Präsidenten übernommen hat, sind bereits mehr als 20.000 Philippinerinnen und Philippiner für kriminell erklärt und ermordet worden.
Häufig konzentriert sich Domes in seinen Filmen auf diese alltägliche Gewalt. Eines seiner Hauptthemen sind die Spannungen zwischen der christlichen Mehrheit und der muslimischen Minderheit.
Der Konflikt zwischen den beiden Gruppen hat eine lange Geschichte. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts haben die Spanier die Philippinen kolonialisiert. Sie haben die überwiegend muslimische Bevölkerung zum katholischen Glauben bekehrt – oder es zumindest versucht. Die Bewohnerinnen und Bewohner der südlichen Insel Mindanao widersetzten sich den Spaniern. Das hatte weitreichende Folgen: Noch heute prägen Konflikte zwischen muslimischen Rebellenbewegungen wie der Islamischen Befreiungsfront der Moros und der philippinischen Regierung das Land. Bei den gewaltsamen Kämpfen sind zahlreiche Menschen geflohen oder ums Leben gekommen.
Wie der Alltag auf den Philippinen wirken auch Domes‘ Aufnahmen oft bedrohlich. Da ist zum Beispiel ein Motorrad, das einen kaum befestigten Weg entlangrast. In einer anderen Szene werfen Schablonen unheimliche Schattenbilder. Wiederum in einer anderen Szene sprechen Männer über die Eroberung der Stadt Marawi, die zahlreiche Menschenleben gekostet hat.
Laut Domes ist es für das Forum Ziviler Friedensdienst seit Dutertes Machtergreifung schwerer geworden, auf den Philippinen zu arbeiten: Einerseits unterstütze der Präsident den Friedensprozess im Land, andererseits erschwere er die Arbeit der NGO’s, indem er Kämpfe zwischen rivalisierenden Gruppen anstachele.
Domes hat allerdings auch Positives zu berichten. Die Konflikte im Süden der Philippinen bleiben nicht ohne Resonanz. Nach der Schlacht um Marawi haben vor allem weibliche muslimische Geflüchtete eine Rettungsbewegung namens „Ranao Rescue Team“ gegründet. Sie hilft Zivilistinnen und Zivilisten dabei, aus umkämpften Regionen zu fliehen.
„Marawi zeigt: Die Zivilgesellschaft ist lebendig“, sagt Manuel Domes. Eine tröstende Botschaft für die Teilnehmenden seines Workshops, die nach dem Vortrag fasziniert und aufgewühlt sind.