Immer weniger Jugendliche fühlen sich der Religion verbunden – besagt zumindest eine These. Andererseits sorgt unsere beschleunigte Gesellschaft für eine Rückbesinnung auf religiösen Ausgleich. Welche konkreten Erfahrungen Mitarbeitende in der Jugendarbeit gemacht haben, ob sie diese Thesen stützen oder gar widerlegen können – die Antworten gibt´s hier.
Prof. Dr. Walter Tokarski, 72, wissenschaftlicher Beirat cjd
Die Gesellschaft ist vielschichtiger geworden. Wir haben eine Vermischung. Über die Globalisierung finden wir auch Wege zu anderen Religionsrichtungen oder auch Nicht-Religion. Das führt sehr stark auch zu einer Verunsicherung derjenigen, die einen Glauben haben und sie auch anderes kennenlernen und das sie ja auch akzeptieren sollen, das ist ja der Zusammenhalt der Gesellschaft.
Johanna Weddigen, 28, Aufsichtsrat der cvjm Hochschule
Ich glaube, dass es viel weniger die Religion beeinflusst als man so denkt. Ich glaube, dass Religion immer noch etwas stetiges ist, trotz des gesellschaftlichen Wandels. Viele dachten ja, dass es verschwindet und trotzdem ist es noch da un stetig und bleibt und ich glaube, dass wir eher gucken müssen: wie können wir Religion in diesem gesellschaftlichen Wandel immer wieder hervorheben und wie können wir dem eine Stimme geben.
Desiree Munzmaier, 29, Sozialpädagogin
Ich denke, man kann zwei Trends beobachten: Erstens wird Religion weniger wahrgenommen, man konzentriert sich mehr auf sich und schafft seine eigene Religions- oder Lebensrealität und zum anderen wird Religion viel mehr wahrgenommen, weil man mehr verschiedenen Einflüsse und Ausprägungen sieht und viel mehr reflektieren muss: Was denke ich? Und viel mehr gefragt ist, eine eigene Meinung zu bilden. Warum denke ich, was ich denke? Dass man da in Reflektion geht und über sich und seine Wahrnehmung und seinen Glauben wirklich nachdenkt und das dann auch kommunizieren kann. Und der Dialog darüber kann sehr spannend und erfüllend sein.
Kathleen Jevlasch, 42, Diplom-Sozialpädagogin
Ich erlebe einen permanenten Wandel in der Kinder- und Jugendhilfe. Vor allem im Bereich der Jugendarbeit beobachte ich in den letzten fünf Jahren ein stärkeres Engagement Jugendlicher in der Gemeindearbeit. Ich könnte mir vorstellen, dass das mit einer Rückbesinnung auf religiöse Angebote in den Familien als Reaktion auf die Schnelligkeit in der Gesellschaft zusammenhängt.
Udo Bußmann, 63, Landesjugendpfarrer der Landeskirche Westfalen
Religion gibt es nur in konkreten Formen. Die Wirklichkeit des religiösen Lebens ist die Vermittlung zwischen ursprünglichen Beständen und der kulturellen Lage, in der man lebt.
Die Schnelligkeit des Wandels ist ein Problem für Religion.