Warum Demokratie in der Schule anfängt, was LeFloid damit zu tun hat und warum am Ende alles darauf hinausläuft, dass Du dich beteiligst. Unsere Autorin Lilian Sekkai sprach auf den Jugendpolitiktagen mit verschiedenen Menschen über ihre persönliche Beziehung zur Demokratie und hat sich ihre eigene Meinung gebildet.
Bei den Jugendpolitiktage 2019 diskutieren Teilnehmende aus ganz Deutschland mit Gästen aus den Bundesministerien.
Bereits bei der Anmeldung sollten Bewerber angeben, was Demokratie für sie bedeutet:
… gehört werden
… alle einbeziehen
… ein modernes, aber fragiles System
Die Antworten sind vielfältig. Die Jugendlichen sind sich jedoch einig: Eine universelle Bedeutung von Demokratie lässt sich nicht wirklich festlegen. Das Wort ist einfach zu komplex. Es gibt aber eine Reihe an interessanten Definitionen und strategischen Vorschlägen Demokratie zu fördern und zu beleben.
Chancen und Risiken von Demokratie
Für die 18-jährige Beza Tefera aus Frankfurt bedeutet Demokratie ganz viel: „Es fängt damit an, dass ich öffentlich eine Meinung vertreten darf, dass ich tatsächlich wählen gehen darf, dass meine Freiheiten akzeptiert und nicht nur toleriert werden.“ Tefera ist sehr engagiert und nimmt an den Jugendpolitiktagen teil, weil sie sich sorgt. Zusammen mit 70 000 anderen Jugendlichen aus Hessen hat sie ein Forderungspaket für den Landtag erarbeitet. Jedoch berücksichtigt die Landesregierung keinen der Punkte. Die junge Aktivistin ist verzweifelt und wünscht sich von den anwesenden Politikerinnen und Politikern Hilfe.
Bettina Bundszus kann Teferas Anliegen verstehen. Früher engagierte sie sich als Schülersprecherin, Schülervertreterin, Fachschaftsrätin und trat der Jugendorganisation der SPD bei. Jetzt ist sie Leiterin der Abteilung Kinder und Jugend des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ): „Demokratie sollte immer wieder neu verabredet werden“, sagt sie.
Michael Frehse, Leiter der Abteilung Heimat des Innenministeriums, nimmt „amtsbedingt“ an der Veranstaltung teil und nicht aus Leidenschaft, wie er betont. Trotzdem warnt Frehse: „Alles hat ein Ende und auch Demokratie ist endlich.“ Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Thomas Krüger, appelliert: „Demokratie ist kein Erbgut, was sich einfach von einer auf die nächste Generation überträgt“. Im Gegenteil: Man müsse täglich an ihr arbeiten. Dafür sollten Räume und eine Kultur der Beteiligung geschaffen werden. Krüger mahnt vor einer homogenen Gesellschaft und plädiert für vielfältige Meinungen.
Jugend fördern – wie eine Demokratie lebendig wird
Demokratie lebt von ihrer Gesellschaft, so gilt es diese zu beleben. Politische Bildung muss gefördert werden. Für Beza Tefera beginnen alle Probleme unserer Demokratie in der Schule. Sie findet Politik sollte an allen deutschen Schulen gleich unterrichtet werden.
Laut Özgürcan Bas (19) aus Kiel, sollen Jugendliche da abgeholt werden, wo sie vertreten sind: In Sportvereinen und bei ihren Hobbys. Die jungen Menschen müssten für das Ehrenamt begeistert werden. Dafür, sich um eigene Interessen zu bemühen. Für den Schleswig-Holsteiner ist der verpflichtende Wirtschaftspolitikunterricht die Lösung mehr Jugendliche für Politik begeistern zu können.
Frehse bringt den Vorschlag die Beteiligung Jugendlicher an unserer Gesellschaft durch ein verpflichtendes oder freiwilliges „Deutschlandjahr“ anzuregen. Er selbst hat sich in seiner Jugend auch nicht freiwillig engagiert, sondern erst später ehrenamtlich eine Kindergarteninitiative geleitet.
„Junge Leute lassen sich gut durch Online-Kampagnen begeistern“, sagt Krüger. So hat die bpb beispielsweise bereits mit Influencern, wie LeFloid geworben. Er warnt jedoch davor, das Internet nur als ergänzende politische Beteiligung und nicht als direkte Kommunikation zu sehen. Der Wahl-O-Mat sei ein gutes Beispiel dafür. Um aber für mehr jugendliche Beteiligung zu sorgen, müsste das Wahlalter abgesenkt werden.
Also…
Die Komplexität von Demokratie ist schwer zu erfassen. Sie existiert durch ihre lebendige Gesellschaft. Es gilt die Vielfältigkeit zu vereinen. Räume für Diskussion müssen geschaffen und Partizipation muss ermöglicht werden. Nicht nur die Jugend muss sich gesellschaftlich engagieren, auch die Politik hat Nachholbedarf. Das Beispiel von der Aktivistin Tefera zeigt, dass Jugendliche trotz Engagement und Solidarität oftmals nicht gehört werden. Wenn dieses politische Engagement der Jugendlichen also erfolglos scheint, lassen sie sich entmutigen – und das ist in keinerlei Interesse.