Für Martin Winter, den Bundesvorsitzenden der Jugendpresse Deutschland, ist eine Schülerzeitungsredaktion immer das Sprachrohr aller Schülerinnen und Schüler. Von Heba Alkadri
Wer wissen möchte, was Schüler und Schülerinnen denken, der muss nur eine lesen. „Eine Schülerzeitung ist genau der Ort, an dem sich die jungen Menschen ausprobieren und gleichzeitig der (Schul-)Gesellschaft zeigen können, was sie gerade bewegt“, sagt Martin Winter. Für den Bundesvorsitzenden der Jugendpresse Deutschland ist eine Schülerzeitungsredaktion immer das Sprachrohr aller Schülerinnen und Schüler. Er glaubt, dass Schülerzeitungen damit auch zur Meinungsvielfalt und letztendlich zur Demokratie beitragen.
Demokratie muss gelernt werden
„In unserer Gesellschaft ist Demokratie einer der wichtigsten Grundwerte überhaupt – und mit dieser Tatsache unterstützt eine Schülerzeitung natürlich auch die Ziele der Erziehung eines Menschen zum mündigen Mitmenschen“, sagt Winter. Doch Demokratie fällt nicht einfach vom Himmel, sie muss gelernt werden. Wie entwickeln sich junge Menschen also zu selbstbewussten, demokratischen Persönlichkeiten und werden vielleicht sogar Journalisten und Journalistinnen?
Die Schule sei der Ort, an dem junge Menschen Grundfähigkeiten und Kompetenzen erlangen, glaubt Winter. Für ihn sind dafür vor allem drei Dinge relevant: Nachdenken, Nachahmen und Erfahrung. Durch das Nachahmen der Lehrkräfte und das eigene Handeln lernen die Schülerinnen und Schüler. Der Soziologe Richard Paluch stimmt dem zu. „Freiheit und Würde sind keine menschlichen Eigenschaften, die zu jeder Zeit da sind. Sie müssen vielmehr gesellschaftlich institutionalisiert und durch Erziehung gelernt werden, damit sie Relevanz haben und verteidigt werden können.“
Die Schülerzeitung als Demokratieplattform
In ihren Zeitungen schreiben Schülerinnen und Schüler daher über ihren Alltag und verleihen ihren Gleichgesinnten eine Stimme, wenn diese selbst keine haben. „Genau durch diese Möglichkeiten bietet eine Schülerzeitung die beste Plattform, um Demokratie – also das sich selbst an der Gestaltung der Gesellschaft Beteiligen – zu lernen und zu leben“, sagt Winter. Schüler und Schülerinnen lernen in der Praxis, welche Rolle Journalismus spielt, was Pressefreiheit bedeutet und wie diese funktioniert. Damit stärken Schulen den journalistischen Nachwuchs.
Und dennoch werden auch bei Schülerzeitungen immer wieder Absätze gestrichen und Artikel zensiert. Auch Schülerzeitungen kämpfen für ihre Pressefreiheit. Laut Winter wenden sich durchschnittlich ein bis zwei ernstere Fälle im Jahr an die Jugendpresse Deutschland, um Hilfe zu erhalten. Eine genaue Statistik gebe es nicht, aber würde es sie geben, wäre die Dunkelziffer noch viel höher als die gemeldeten Zahlen, sagt Winter. „Die jungen Menschen trauen sich oft nicht, gegen die Erwachsenen, die Lehrkräfte anzusprechen – auch wenn sie im Recht sind“, sagt Winter. In solchen Fällen kann die Jugendpresse Deutschland als Unterstützer angesprochen werden. So könne eine kostenfreie Rechtsberatung für Mitglieder der Landesverbände der Jugendorganisation in Kooperation mit der Berliner Kanzlei Thomas Rechtsanwälte zur Schlichtung bei Verstößen gegen die Pressefreiheit beitragen. Im Notfall würden Fälle auch vor Gericht gebracht.
Viele positive Beispiele
Doch das geschieht zum Glück nur selten. Grundsätzlich habe eine Lehrkraft objektiv die Ergebnisse eines Schülers oder einer Schülerin zu beurteilen und ihn oder sie durch geeignete Hilfestellungen dazu zu ermutigen, sich selbst zu verbessern. Es könne schon einmal geschehen, dass eine Lehrkraft die Objektivität als Grundsatz in der Bewertung fallen ließe und ein aus dem Kontext gerissenes Zitat in der Schülerzeitung zu einer schlechteren Bewertung führe. Doch aus seiner Erfahrung bei der Jugendpresse kennt er viele positive Beispiele aus Schulen, in welchen sich die Schulfamilie als solche versteht und in diesen Fällen dann vermittelnd auftritt.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen der Yalla Media Akademie, eine Kooperation zwischen der Jugendpresse Deutschland und dem Verein Eed be Eed („Hand in Hand“) aus Berlin. Der Text erschien zuerst in der Printausgabe des Weser-Kuriers.