„Jede Kommune ist anders“. Überall gibt es andere Entscheidende, andere finanzielle Bedingungen, andere Infrastrukturen. Das berichtet Anna Grebe von der Koordinierungsstelle für eine jugendgerechte Gesellschaft im Forum „Gelingensbedingungen für eine Jugendgerechte Politik“: „Ich höre den Satz oft als Ausrede oder Entschuldigung dafür, dass Veränderungsimpulse nicht umgesetzt werden können“. Die Frage ist nämlich: Wenn alle Kommunen anders sind, wie kann dann trotzdem eine gemeinsame Strategie für jugendorientierte Politik entwickelt werden?
Die Koordinierungsstelle für eine jugendgerechte Politik hat in den vergangenen drei Jahren gemeinsam mit 16 sogenannten Referenzenkommunen versucht, genau diese Frage zu beantworten. Jede der Städte und Landkreise hat eigene Weichen und Grundlagen dafür gelegt, dass Jugendliche Teil des politischen Prozesses werden. Entstanden sind 16 individuelle Strategien (denn jede Kommune ist ja anders – da ist dieser Satz wieder). Im Austausch konnten die Kommunen allerdings auch voneinander lernen.
Grundsätze, die auf der Hand liegen
Aus diesem Austausch hat die Koordinierungsstelle 16 Gelingensbedingungen für eine funktionierende Politik von, für und mit Jugendlichen formuliert. So zum Beispiel: Jugendgerechte Politik braucht finanzielle Unterstützung, sie braucht eine positive Einstellung gegenüber Jugendthemen. Diese Themen müssen in kommunalen Strukturen verankert, koordiniert und gemeinsam durch viele Entscheidungsstellen angegangen werden.
Viele dieser Punkte sollten eigentlich auf der Hand liegen. Das zeigt: In vielen Gemeinden Deutschlands spielen Jugendliche noch immer eine untergeordnete Rolle. Lukas Nusser, einer der jugendlichen Vertreterinnen und Vertreter, die an der eintägigen Konferenz nur für Jugendliche teilnahmen, erzählt von seiner Heimatgemeinde, die alle Jugendlichen per Brief formell zum Jugendforum geladen hatte: „Da stand nur ‚Einladung zum Jugendforum’“. Keiner von uns wusste, was das ist – niemand ist gekommen. Das ist nicht jugendgerecht.“ Lukas berichtet auch, dass die Veranstaltung während der Schulferien stattfand, während alle anderen im Urlaub waren, und dass an dem betreffenden Samstag keine Busse ins Umland fuhren. „Wenn die Kommune ihre Jugendlichen nicht kennt, dann bringt das weder Politik noch Jugend weiter“, stellt er fest.
Feste Strukturen – ohne Gelder
Die Koordinierungsstelle möchte an genau solchen Reibungspunkten den Dialog zwischen Jugend und Politik anregen. Dafür sollen feste Strukturen entwickelt werden, die langfristig bestand haben. Für das Projekt bekommen die Referenzkommunen daher nur wenig finanzielle Zuschüsse.
„Es ist immer leicht zu sagen, dass eine Kommune ja jugendgerechter werden könnte, wenn nur mehr Geld reingepumpt würde“, sagt Anna Grebe. „Wir wollten aber Prozesse anzustoßen, die nicht an kurzfristigen Projektmitteln hängen. Die Kommunen werden dann an vielen Stellen auf sich selbst zurückgeworfen.“
Und was ist mit dem Rest von Deutschland?
Dass die Gelingensbedingungen nicht das Zauberrezept für eine jugendorientierte Kommunalpolitik sind, weiß auch Anna Grebe: „Es gibt nicht den einen Weg, es gibt auch nicht 16 Wege, wahrscheinlich gibt es Tausende. Aber die Erfahrungen aus dem Prozess geben neue Impulse und Anregungen. Und sie können anderen Kommunen eine Grundlage sein.
Genau das ist nötig, denn die 16 Referenzkommunen sind zwar ein erster Schritt, fallen im deutschlandweiten Bild allerdings nur wenig ins Gewicht. Als Referenzkommunen stoßen sie im Schneeballsystem hoffentlich auch Veränderungen in weiteren Städten an.
Viele Vertreterinnen und Vertreter von Jugendarbeit und Verwaltung sitzen im Seminarraum in der Mälzerei, um neue Impulse in die heimatliche Jugendpolitik zu tragen. Ein Austausch mit den wenigen jungen Leuten im Forum kommt nicht zustande. Das ist schade, denn die Diskussionsteilnehmenden betonen an diesem Nachmittag mehrmals, dass die besten Impulse für die Bedürfnisse junger Leuten von ihnen selbst stammen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung und Politik wenigstes in ihren Heimatkommunen auch mit den Jugendlichen sprechen.