Junge Menschen sind gern gesehene Gäste auf Konferenzen. Ihre Naivität, ihre Geschichten und ihre Visionen sollen rühren. Auf dem Zukunftsforum sollen sie an die Gewissen der Menschen appellieren. Aber können sie in Fragen der Weltpolitik und Entwicklungshilfe auch tatsächlich mitmischen?
Durch ein Fenster blicken große braune Kinderaugen. Ein grinsendes Mädchen lehnt an einem Globus. Aufmerksame Jugendliche, die in Holzhüttchen Matheformeln an Tafeln schreiben. Kleine Menschen, die gemeinsam aus einer großen Tasse essen. Das gesamte Programm der Zukunftscharta ist mit derartigen Kinderbildern gespickt.
„Vergesst nicht, warum ihr solche Konferenzen besucht und für wen ihr es tut – wir sind eure Kinder. Ihr entscheidet, in was für einer Welt wir aufwachsen werden.“ 22 Jahre ist es her, dass die damals 12-jährige Severn Suzuki diese Worte auf der ersten Klimakonferenz sagte. Mit ihrer Rede erlangte sie Berühmtheit, über 28 Millionen Aufrufe hat das Video der Rede heute bei YouTube.
Immer wieder binden Staaten, Institutionen und Organisationen junge Menschen in öffentlich wirksame Ereignisse ein. Die 17-jährige Schülerin Malala Yousafzai gewann in diesem Jahr den Friedensnobelpreis, weil sie sich trotz versuchten Mordanschlags für das Recht auf Bildung einsetzte. Ob vor 22 Jahren oder heute – Kinder waren und sind schon immer ein wichtiges Instrument der Politik. Um Aufmerksamkeit zu wecken, Sympathien zu gewinnen und Menschen zu berühren. Ihre symbolische Tragkraft prägt auch das Programm des Zukunftsforums – sowohl das Layout als auch den Inhalt.
Die Welt überleben
Auf dem EINEWELT-Zukunftsforum diskutieren 20 engagierte Jugendliche aus den unterschiedlichsten Ländern mit UNICEF-Exekutivdirektor Anthony Lake und mit Ahmad Alhendawi, dem Gesandten der Vereinten Nationen für Jugend. Von den Anwesenden befinden sich letztendlich nur zwei dauerhaft auf der Bühne. Die beiden stellen Fragen zu Themen vor, die sie als Jugendliche besonders bewegen und über die sich die Politik mehr Gedanken machen sollen. Sie wollen wissen, wie die Vereinten Nationen die Krise in der Ukraine beeinflussen können, und fragen unter anderem, was die UN für eine bessere Wahrnehmung von Flüchtlingen tut.
Am Schluss fragt die Moderation die TeilnehmerInnen, was für eine gemeinsame und gerechte Welt nötig ist. „Youth participation“, sagt Sophie Trobitzsch. Die 15-Jährige nimmt regelmäßig an Veranstaltungen wie dem Zukunftsforum teil und setzt sich bei „WorldWeWant“ dafür ein, dass die Jugend mehr Chancen bekommt, sich politisch zu beteiligen. Neben Bildung sei ihr vor allem die Umwelt wichtig. „Denn wir wollen ja natürlich alle, dass unsere Kinder später eine Welt erleben, in der wir auch leben.“
Nicht genug Partizipation
Im Nebenraum simulieren Jugendliche eine Staatssekretärsrunde mit Peter Altmaier, dem ehemaligen Umweltminister und derzeitigen Chef des Bundeskanzleramts. Unter ihnen ist auch der 21-jährige Christian Stärk. Er war bis Mai Landesschülersprecher und setzt sich im Gespräch für mehr Beteiligung von Jugendlichen in Deutschland ein. Er fordert daher mehr Beteiligungsforen statt platonischer Simulationsprozesse und schlägt ein Jugendpartizipationszentrum vor: Junge Menschen sollten in kommunalen, landes- und auch bundesweiten Entscheidungen der Politik mitwirken können. So wünscht er sich, beispielsweise auch in Arbeitskreise eingebunden zu werden, die Entscheidungen auf globaler Ebene diskutieren. Denn es sei ihre Zukunft, über die PolitikerInnen heute entscheiden. Nur auf Bundesebene werden wichtige Entscheidungen der Außen- und Klimapolitik getroffen. „Es fehlt für Jugendliche noch an Beteiligungsmöglichkeiten, insbesondere auf Bundesebene, um bei politischen Prozessen mitzuwirken“, sagt Christian. „Aber politisch wird das häufig zu wenig gewollt.“
Bis dahin werden Kinder und Jugendliche wohl oder übel als Gewissenswecker instrumentalisiert werden. Bei der Übergabe der Zukunftscharta stellt sich eine große Gruppe von Kindern um Kanzlerin Merkel und Entwicklungsminister Müller herum. Dazu wird ihnen eine aufblasbare Weltkugel und Pappplakate in die Hände gedrückt. Bei diesem Anblick drängt sich Eindruck auf, dass sie bis auf Weiteres wohl nur süße Spielbälle auf dem Parkett der Politik bleiben. Jedenfalls so lange, bis Jugendliche wie Christian und Sophie die Welt vom Gegenteil überzeugen.
Mitarbeit: Alexander Kauschanski