Journalismus in der Existenzkrise?

Der Wettstreit um Werbeeinnahmen und das schwindende Vertrauen in etablierte Medienhäuser stellen den unabhängigen Journalismus vor erhebliche Herausforderungen. Doch es gibt Hoffnung. Die ‚Initiative 18‘ etwa setzt sich für eine starke und demokratische Medienlandschaft ein.

Durch Google, Facebook & Co. werden deutschen Lokalzeitungen die Kunden für Werbeanzeigen weggenommen und somit ihrer finanziellen Grundlage beraubt. Die Folge: Das Aussterben der lokalen Berichterstattung und Medienvielfalt. Foto: Planet Volumes/unsplash

Der unabhängige und freie Journalismus finanziert sich zum Großteil durch Werbeanzeigen. Fallen diese jedoch weg, weil Megakonzerne wie Meta, Google, YouTube oder Amazon den Anzeigenmarkt immer weiter für sich erobern, sind vor allem kleine Redaktionen wie Lokal- oder Kreiszeitungen dazu gezwungen, zu schrumpfen und alsbald aufzuhören.

Hinzu kommt, dass viele Redaktionen den Umstieg von den klassischen Printmedien auf digitale Formate verpasst haben und die Investitionslast von aufwendigen Webseiten sowie rentablen digitalen Geschäftsmodellen oft nicht tragen können. Kurz gesagt sind kleine Redaktionen langfristig nicht wettbewerbsfähig.

Die klassischen, etablierten und großen Medienhäuser wie die FAZ oder der Tagesspiegel sind von Printmedien durch kostenintensive Investitionen auf digitale Abo-Modelle mit technisch anspruchsvollen Apps umgestiegen und dadurch in der Lage, genug Gewinn zu erwirtschaften. Der Erfolg dieser Medienhäuser darf allerdings nicht den Fakt verdecken, dass die journalistische Vielfalt deutlich abnimmt.

Denn je weniger Kapital, desto weniger können Themen adäquat adressiert werden und desto eher sinken die Qualitätsstandards der Medienwelt. Im Zeitalter von Desinformation und Fake News ist das ein Problem. Qualifizierte und kompetente Medien stellen ein Korrektiv für Desinformation dar. Gibt es dieses Korrektiv nicht mehr, so kann Desinformation zwangsläufig zur gesellschaftlichen Spaltung und Entdemokratisierung einer Bevölkerung führen.

Parlamentarier und Investigativjournalist Guido Heinen klärt die Teilnehmer*innen der 81. young leaders Akademie in Paderborn über Fake News und Medienmanipulation auf. Foto: privat/ Raphael Cullmann

Doch es gibt Stimmen, die sich für Aufklärung und Stärkung von Journalismus und Medien im Rahmen eines demokratischen Grundsatzes einsetzen. Dieser Artikel präsentiert drei mögliche Lösungsansätze für eine nachhaltige Zukunft der Medien.

Das 18. Nachhaltigkeitsziel der Agenda 2030

Bisher gibt es 17 Nachhaltigkeitsziele auf der „Agenda 2030“ der Vereinten Nationen. Sie beschreiben Bereiche, bei denen die Vereinten Nationen bessere und nachhaltigere Lebensbedingungen und -Verhältnisse auf der Welt schaffen wollen, zum Beispiel „Keine Armut“, „Hochwertige Bildung“, „Geschlechtergleichheit“ oder „Maßnahmen zum Klimaschutz“.

Die „Initiative 18“ fordert ein weiteres. Für den Erhalt der Presse- und Rundfunkfreiheit, die Förderung von Medienkompetenz und -Bildung, die nachhaltige Verteilung von Werbebudgets oder auch die Bekämpfung von Desinformation und schadhaften Inhalten.

Konkret appelliert die Initiative an Politik und Unternehmen. Unternehmen sollen sich ihrer Verantwortung bewusst werden, beim Schalten von Werbung nicht ausschließlich auf die oben genannten Plattformen der Megakonzerne zurückzugreifen und gezielt auch mit Redaktionen zusammenzuarbeiten. In der Politik möchte die Initiative erreichen, dass Redaktionen wieder einfacher Werbung schalten können und nicht durch Überregulierung ausgebremst werden.

Junge Menschen in die Redaktionen!

Die deutsche Medienwelt sei so divers wie die Bevölkerung selbst, sagt eine Schülerin. Sie arbeitet als freie Journalistin bei einer bayerischen Lokalredaktion und setzt sich mit verschiedenen politischen wie gesellschaftlichen Themen auseinander, darunter vor allem Jugendbildung, Klimaschutz und Demokratieförderung.

„Wir haben ein enormes Privileg an Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland, was im Vergleich zu vielen anderen Ländern ein unglaublicher Vorteil ist. Und somit auch eine unglaubliche gute Voraussetzung für Demokratie“, betont die Schülerin.

Neben den vielen Privatsender und privaten Verlagshäusern gebe es aber auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit ARD, ZDF, Deutschlandradio und weiteren Spartenkanälen sowie etliche „Zwischennuancen“, die Einfluss auf die Medien nehmen würden, sagt sie.

Zunehmend verliere der öffentlich-rechtliche Rundfunk jedoch das Vertrauen der Mehrheit, weshalb sich einige Menschen mehr und mehr „Alternativmedien“ zuwenden. Das sind meist Privatanbieter, die politisch nicht neutral oder faktisch korrekt agieren. „Eine sehr erschreckende Entwicklung, weil der Journalismus und die Medien, die ich als Stützpfeiler der Demokratie beschreiben würde, natürlich genauso gut andersherum funktionieren können“, sagt die Schülerin.

Die Zukunft des Journalismus

Einen Weg für mehr professionelle Medienbildung in Deutschland zeigt die young leaders GmbH auf. Sie schult die Medienkompetenz und das kritische Denken von Schüler*innen auf landesweiten Workshops und Veranstaltungsprogrammen in sämtlichen Städten Deutschlands. Ein Beispiel ist der jugend presse kongress (jpk) in Paderborn, bei dem es in Zusammenarbeit mit Journalist*innen, Moderator*innen, Podcast-Hosts, Reporter*innen und Kameraleuten darum geht, gemeinsam mit den jungen Teilnehmer*innen Filme und Zeitungen zu produzieren.

Sie lernen, wie die Medienbranche arbeitet und erhalten darüber hinaus spannende Vorträge zur Medienwelt von Referent*innen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Darüber hinaus veranstaltet die young leaders GmbH einen jährlichen Jugendjournalismus Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer*innen Artikel über ein Thema verfassen und in Zeitungen veröffentlichen sollen. Die Gewinner*innen, ungefähr zehn Leute, werden auf eine Recherchereise nach New York eingeladen, wo sie zusammen mit einem/r Profijournalist*in das UN-Headquarter, die Wall Street oder das ARD-Studio vor Ort besuchen und mit Expert*innen reden. Aus journalistischer Perspektive beschäftigen sich die Teilnehmer*innen mit den besuchten Orten, sprechen mit Expert*innen und halten abschließend ihre Eindrücke und Erfahrungen in einem Online-Blog fest.

Für junge Menschen zählt die Förderung von Medienkompetenz und -Bildung am ehesten, weil sie nicht nur am zugänglichsten für neue Perspektiven sind, sondern zudem die Zukunft der Wirtschaft und Politik verkörpern. Und so ist der richtige Umgang mit Medien und das kritische Hinterfragen des Ist-Zustandes der erste Schritt zu einer nachhaltigeren und starken Medienwelt.


Dieser Artikel ist im Rahmen der offenen Redaktion entstanden. Bei Fragen, Anregungen, Kritik und wenn ihr selbst mitmachen mögt, schreibt uns eine Mail an redaktion@jugendpresse.de 

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