In den kommenden Wochen stellt Marcel Kupfer die Wahlprogramme vor. Zu jedem führt er ein Interview mit einem Parteimitglied. Diese Woche geht es um die FDP: Er fragt den FDP-Bundestagskandidaten und Pfarrer Pascal Kober aus Reutlingen in Baden-Württemberg zu seinen Berufen, zu der Situation in Nordkorea und den Wahlen.
Pascal Kober beschreibt sich in drei Sätzen: Ich bin ein sehr ruhiger Mensch. Ich habe aber feste Überzeugungen, für die ich mich sehr einsetze. Also bin ich auch hartnäckig.
Was hat sie 1998 in die Politik bewegt?
Im Studium habe ich mich mit Staatsphilosophie beschäftigt, also der Frage, wie ein Staatswesen gerecht ist. Da bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass Demokratie die einzig gerechte Staatsform ist. Und deshalb wollte ich meinen Beitrag dazu leisten, dass die Demokratie erhalten wird und deshalb bin ich Mitglied einer Partei geworden. Bei der FDP, weil ich denke, dass die Gesellschaft lebenswert ist, wenn jeder selber etwas Verantwortung übernimmt – für sich selbst und für andere – statt nur mit dem Finger auf andere oder auf den Staat zu zeigen, wie es andere politische Parteien machen.
Theologe und Politiker. Wie können Sie die Politik mit Ihrem Beruf vereinbaren, gerade in Hinsicht darauf, dass Deutschland ein säkulares System hat?
Säkular bedeutet ja nicht, dass wir eine wertfreie Gesellschaft sind. Wir erwarten, dass Politiker sich auf Werte berufen. Bei mir sind es die christlichen Werte. Demokratie bedeutet ja genau das, dass auf der Basis unterschiedlicher Wertvorstellungen Ideen formuliert und gemeinsame Kompromisse gefunden werden. Es schließt sich also nicht aus.
Die FDP befürwortet im Regierungsprogramm die assistierte Selbsttötung. Können Sie als evangelischer Pfarrer da überhaupt dahinterstehen?
Als Seelsorger weiß ich, dass Menschen manchmal in eine Lebenssituation kommen, wo die Lebenskraft sie verlassen hat. Natürlich wünsche ich mir, dass diese Menschen den Lebensmut wiederfinden. Wenn aber jemand seinen Lebenswillen verloren hat, darf er nicht vom Staat zum Leben gezwungen werden. Das ist dann freilich eine harte Situation.
Ihrer Partei fordert „Weltbeste Bildung“. Das klingt ja schonmal gut. Ihre Partei ist allerdings auch dafür, die Studiengebühren anzuheben, damit die Qualität steigt. Wenn mir meine Eltern nicht doch das Studium finanzieren können, bin ich gezwungen mich zu verschulden oder neben bei so viel zu arbeiten, dass meine Noten leiden werden. Bei höheren Gebühren: Muss ich meinen Traum vom Studium aufgeben?
Das muss auf jeden Fall verhindert werden, dass jemand ein Studium nicht macht, weil er es sich nicht leisten kann. Die Gebühren sollen deshalb erst nach dem Studium bezahlt werden, sobald man sein Einkommen hat. Das sind also nachlaufende Studiengebühren, die sich nach dem Einkommen richten. Das Geld muss dann aber auch wirklich für die Verbesserung der Hochschulen eingesetzt werden und nicht für den allgemeinen Landeshaushalt genutzt werden.
Bei der Bundestagswahl 2013 hat es die FDP nicht mehr in den Bundestag geschafft. Was macht die FDP anders als vor vier Jahren?
Wir betonen die Inhalte, statt eine Koalition. Schon 2005 stand bei der FDP die Koalition mit der Union im Fokus und die Inhalte unseres Wahlprogramms wurden zu sehr vernachlässigt. Nach der Wahl 2009 waren wir dann in einer Koalition mit der CDU gefangen, mit der wir uns auf die Inhalte vorher nicht präzise geeinigt hatten. Da haben wir uns aber selber reinmanövriert. Das machen wir dieses Mal anders. Nun legen wir den Schwerpunkt wieder auf die Inhalte unseres Wahlprogramms.
Für die FDP im Osten läuft es nicht so glatt. An was liegt das?
Wir haben in den neuen Bundesländern keinen so breiten Mittelstand wie in den westlichen Bundesländern. Das hat aus meiner Sicht mit der Geschichte der DDR zu tun. Die Marktwirtschaft wurde von der DDR verhindert und damit die Entwicklung des Mittelstandes. Deshalb haben wir weniger Anknüpfungspunkte im Osten. Allerdings sage ich das als jemand, der im Westen großgeworden ist, da bewege ich mich vielleicht auf dünnem Eis.
Wie wird die Bundestagswahl allgemein und wie wird sie für die FDP ausfallen?
Ich bin optimistisch, dass wir mit acht Prozent plus X abschneiden werden. Es ist klar, dass Frau Merkel Bundeskanzlerin bleibt und die SPD die zweite Kraft. Wir streben den Platz drei an. Wir müssen verhindern, dass die Linkspartei und vor allem die AfD, also die politischen Extreme, dritte Kraft werden.
Auf Twitter ist die FDP der Meinung „mehr Polizisten sorgen für Sicherheit und nicht Paragrafen“. Wie kann das funktionieren?
Am Beispiel von Frankreich wird klar, dass Anschläge durch die Vorratsdatenspeicherung nicht verhindert werden. Gesammelte Daten nützen nämlich nichts, wenn keine Auswertung der Daten stattfinden. Dafür benötigt man mehr Personal und eine bessere Ausstattung, nicht mehr Daten oder Gesetze. Wir müssen die Sicherheitsbehörden deshalb besser ausstatten und sie auch besser miteinander vernetzen. Es darf nicht sein, dass die Polizei ihren Aufgaben nicht mehr nachgehen kann, weil zu wenig Personal vorhanden ist.
Wie geht ihre Partei mit der derzeitigen Situation in Nordkorea um?
Wir hoffen, dass eine diplomatische Lösung gefunden wird. Letztlich ist Nordkorea ja nur ein Krisenherd neben anderen, wie zum Beispiel Syrien. Kim Jong Un könnte nicht so agieren, wenn ihn nicht andere Länder unterstützen würden. Die Probleme sind so vielschichtig, weil es verschiedene Interessen gibt. Die großen auf der Welt müssen sich politisch einig werden. Wichtig ist, dass wr immer miteinander im Gespräch bleiben. Mit den Russen zum Beispiel nicht zu reden, ist falsch, weil wir sie zur Lösung vieler Konflikte brauchen. Militärisch ist das Problem mit Nordkorea nicht zu lösen. Man muss auf Diplomatie setzten und Europa, die USA, Russland und China müssen sich einig werden.
Was soll sich als erstes nach der Bundestagswahl am 24. September verändern?
Schön wäre es, wenn wir sehr rasch die finanziellen Mitteln für Bildung erhöhen könnten und der Glasfaserausbau vorangetrieben werden könnte. Die Umsetzung braucht ja auch einige Zeit, da kann man also nicht früh genug anfangen.