Das gesamte Wochenende über hat sich das Jugendforum Stadtentwicklung mit der Unterbringung von Geflüchteten beschäftigt und sich unweigerlich mit der Frage auseinandergesetzt, was Raum alles bedeuten kann. politikorange-Redakteurin Christina wagt sich an eine Annäherung.
Raum, was ist das eigentlich? Eine in Länge und Breite nicht fest eingegrenzte Ausdehnung? Eine ziemlich nüchterne Beschreibung. Raum – ist das nicht viel mehr? Ein Ort, an dem Menschen heimisch werden können; ein Platz, um unsere Kultur und Sprache, unsere Religion und Geschichte zu leben? Ein Platz zum Sein?
Menschen gestalten Räume
Menschen schaffen Raum und geben ihm Bedeutung. Sie machen Raum zu Wohnraum und hinterlassen ihren Fußabdruck auf dem Land, das sie bewohnen. Sie verwirklichen sich im Raum durch beeindruckende Bauwerke, von herrschaftlichen Schlössern bis zu hoch in den Himmel ragenden Wolkenkratzern. Sie errichten Brücken, die Kontinente verbinden und Tunnel, die unter dem Meer hindurchführen. Seit der Mensch sein Nomadendasein aufgegeben und sich dauerhaft niedergelassen hat, nennt er ein Stück Land sein Eigen und knüpft so Raum unmittelbar an sich.
Raum ist, wo Menschen Plätze kreieren, die für alle, für die Gemeinschaft zugänglich sind, aber auch für jeden Einzelnen zur Verfügung stehen. Räume werden zu Treffpunkten, zu Orten des Austauschs und des Dialogs. Raum ist dann vor allem Begegnungsraum – in der Stadt, auf dem Land, unterwegs. Ein Ort, der die Gesellschaft abbildet, die ihn belebt.
Zäsuren und Grenzen: Schnitte im Raum
Raum kann aber auch Konflikte herbeiführen. Menschen kategorisieren Raum, teilen ein, grenzen ab. In der Vergangenheit, wie in der Zukunft. Mit dem Mensch kommt der Streit um Raum. Raum ist geglaubter Besitz, Raum steht für Macht. Menschen teilen Räume ein, sie machen Schnitte und Zäsuren und grenzen sich selbst damit von Anderen ab. Im Laufe der Geschichte sind zwischen Räumen kilometerlange Mauern und Zäune aus Steinen und Stacheldraht entstanden. Aus Angst, Raum und damit Macht zu verlieren – oder um Macht und Land dazuzugewinnen.
Der Mensch hat nicht nur die Macht, Räume bewohnbar zu machen, sondern auch die Macht, sie zu zerstören. Mit Bomben und Raketen, durch Krieg, aber auch durch die jahrzehntelange Zerstörung unserer Umwelt. Die Folgen sind Klimawandel und der tägliche Kampf um schwindende Ressourcen. Was bleibt, sind irgendwann nur noch Ödland und Ruinen, die keine Grundlage zum Leben mehr bieten. Menschen müssen fliehen, ihre Heimat verlassen und sich auf eine Reise machen, um sich zu retten und neuen Raum zum Leben zu finden.
Geteilter Raum?
So wie Räume durch Mauern geteilt werden können, gibt es aber auch immer wieder Türen und Brücken, die Räume verbinden und für alle zugänglich machen können. Nicht jede Tür steht allen offen, nicht jede Brücke kann bedingungslos überschritten werden. Wenn Menschen gezwungen sind, ihre Heimat hinter sich zu lassen, braucht es neuen Raum, neue Plätze zum Leben. Plätze, wo gearbeitet, gegessen, gefeiert und gelacht werden kann.
Wir dürfen bei all den Ansprüchen auf Raum nicht vergessen, dass Raum immer von den Menschen und ihren Ansprüchen, die dort leben, geprägt ist. Dass der Mensch mit diesem Raum unweigerlich verbunden ist. Und gleichzeitig müssen wir bedenken, dass Menschen die Möglichkeit haben müssen, Räume gemeinsam neu zu gestalten und zu teilen. Nur so bleibt Raum auch auf Dauer menschlich.
Lebenswerter Raum ist ein unglaublicher Schatz. Es liegt an uns, Verantwortung zu übernehmen, Räume zu öffnen und zu teilen und Begegnungsräume zu schaffen, die das Mensch-Sein möglich machen.
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Sehr wichtig, dass man diesem Thema noch viel mehr Beachtung schenkt. Echt traurig, wie diese im Moment leben. Ohne Raumteiler in Turnhallen. Absolut keine Privatsphäre… Bitte noch mehr Engagement!! 🙂