Gymnastikbälle, Fotoautomaten, und veganes Eis: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft gibt auf seinem diesjährigen Kongress in der hippen „Station“ in Berlin-Mitte alles, um dem neuen Motto „Change“ gerecht zu werden.
Neben dem Kontrast von rückenschonenden Sitzmöglichkeiten, Grünkohlsaft und Wohlfühlatmosphäre zur Kohlelobby und drohender Klimakatastrophe bestimmt ein Thema die zukünftige Arbeit des Energiesektors: die Digitalisierung.
Schließlich soll sie die Energiewirtschaft revolutionieren und effizienter machen, gerne auch zum Preis der Privatsphäre der Konsumierenden. Man spricht von smarten Gadgets, und nutzt englische Wörter für scheinbar unsagbare Worte. Aber der Klimawandel interessiert einfach niemanden.
Denn wie diverse Berechnungen zeigen, muss der Ausstieg aus der Kohle nach dem Pariser Klimavertrag, in dem sich alle Staaten vornehmen, die Temperaturerhöhung durch den Klimawandel deutlich unter zwei Grad zu belassen, schneller vollzogen werden als bisher. Der fossile Energiesektor plant diesen nicht früher als 2050, zahlreiche Umweltorganisationen und Thinktanks allerdings bis spätestens 2040, wenn nicht früher. Die von Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) versprochenen Gespräche zu diesem scheinbaren Kohlekonsens hat es noch immer nicht gegeben und die Chancen stehen schlecht, dass sich auf solch einen Konsens vor Beginn der neuen Legislaturperiode noch geeinigt werden kann – geschweige denn auf ein Kohleausstiegsgesetz. So stagniert der Ausstieg aus fossilen Energieträgern weiterhin und die Bundesregierung schweigt.
Da hilft es nicht viel, wenn Angela Merkel besorgt bemerkt, dass sich viele der auf dem BDEW-Kongress versammelten Akteurinnen und Akteure vielleicht nicht unbedingt über die Pariser Zielsetzungen freuen würden. Anstatt die relativ ambitionierten Klimaziele zu loben und für eine konsequente und zügige Umsetzung zu werben, beschwichtigt sie die Energielobby mit bewährten vagen Ermutigungen zur Verantwortungsübernahme.
Es ist beschämend, dass auf solch einem aufwendigen Kongress, auf dem zahlreiche Vertreter und Vertreterinnen des Energiesektors zusammenkommen, weder im Programmheft noch auf Diskussionsveranstaltungen über den Klimawandel gesprochen wird. Das höchste der Gefühle ist hier die Vorstellung sogenannter „negativer Emissionstechnologien“, die bereits ausgestoßenes CO2 wieder aus der Luft herausziehen sollen. Das Problem Erderwärmung an der Wurzel zu packen und Verantwortung zu übernehmen, sieht anders aus. Dabei besteht dringender Handlungsbedarf in der Klimakrise. Und alle wissen es. Erst Pfingsten besetzten hunderte Klimaaktivistinnen und -aktivisten des Bündnisses „Ende Gelände“ in der Lausitz einen Tagebau und blockierten den Braunkohleabbau, um den Handlungsbedarf deutlich zu machen.