Im neuen Gewand zu neuen Ufern: Zum ersten Mal präsentierte sich das etablierte Format nun als „YouMeCon | kompakt“ in den Räumen des SAE Instituts in Berlin. Unter dem Motto „Gamechanger KI?! Journalismus in Zeiten von ChatGPT & Co.“ haben Expert*innen mit Nachwuchsjournalist*innen das Thema ausgiebig beleuchtet.
Zwei Buchstaben stehen im Moment für einen der größten Umbrüche unserer Zeit: KI bzw. AI. Die Technologie hält Einzug auf allen Ebenen unseres Lebens und wird zweifelsohne auch die journalistische Welt umkrempeln. Nur: auf welche Weise? Über zwei Tage haben etwa 60 Teilnehmer*innen aus ganz Deutschland zu diesem Thema Expert*innen gelauscht und selbst gewerkelt. Parallel dazu hat ein Doku-Team aus fünf jungen Nachwuchsjournalist*innen am Veranstaltungswochenende live über Social Media von der ersten YouMeCon | kompakt berichtet.
Tüfteln statt Frontalunterricht
Über KI wird viel geredet, aber am besten funktioniert immer noch Learning by Doing und Eintauchen in die journalistische Praxis. Bevor es beim Kick-Off Panel mit einem thematischen Einstieg zum Thema „KI als Gamechanger des Journalismus“ weiterging, besuchten die Teilnehmer*innen in zwei Medientouren den Tagesspiegel und das ARD-Hauptstadtstudio. Expert*innen wie Gregor Schmalzried (u.a. Bayerischen Rundfunk, Brand Eins; Host „Der KI-Podcast“ vom ARD), Dr. Jessica Heesen (Leiterin Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften der Universität Tübingen), Matti Stahlbaum (Salon5/Correctiv) und Hanna Möllers (Justiziarin des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV)) teilten während des Panels Einblicke aus ihrer Arbeit und ihre Erfahrungen mit KI in der journalistischen Welt.
Der zweite Tag stand ganz im Zeichen des Machens: Gleich drei verschiedene Workshops standen für die Teilnehmer*innen zur Auswahl.
Herzstücke der YouMeCon | kompakt: Die Intensivworkshops
„Diesen Text hat eine KI geschrieben…“ – dieser Einstieg überflutete bei der Vorstellung von ChatGPT alle Nachrichtenformate. Doch das hat ausgedient. Wie berichtet man am besten journalistisch zu Künstlicher Intelligenz, was gibt es dabei zu beachten und wie bereitet man seine Berichte für verschiedene mediale Formate auf? Beim Workshop „Journalistisch über KI berichten“ gab der Journalist, Redakteur und Dozent Henry Steinhau (i.Rights.Lab) Tipps und Tricks aus seiner langjährigen Arbeit weiter.
Wie KI die journalistische Arbeit erleichtert, hat Gregor Schmalzried in seinem Workshop „Bau dir einen KI-Assistenten!“ verraten. Natürlich ist KI kein ausreichender Ersatz für den Menschen, kann uns aber dabei helfen, schneller, präziser und produktiver zu arbeiten.KI sei damit keine vermeintliche Konkurrenz für Journalist*innen, sondern ein unterstützender Helfer.
Einen fertigen KI-Assistenten hat Kolja Zinngrebe von der Reporterfabrik/Correctiv für seinen Workshop gleich mitgebracht: die Wolf-Schneider-KI (WSKI), die basierend auf den Regeln vom renommierten Journalisten, Sachbuchautoren und Sprachkritiker Wolf Schneider Texte redigieren kann. „Wie können wir KI nutzen, um unsere Schreibprozesse zu verbessern?“ Die Teilnehmenden haben das direkt anhand ihrer mitgebrachten Texte ausprobiert und konnten zum Abschluss direkt ihre produzierte Zeitung in den Händen halten – redigiert und überarbeitet durch die WSKI.
Die erstellte Zeitung aus dem Intensivworkshop von Kolja Zinngrebe ist hier einsehbar.
KI – Chance mit Schattenseiten?
Unter den jungen Medienschaffenden zeigte sich eindeutig: Viele sind optimistisch und begreifen KI als Chance. Dass von Künstlicher Intelligenz dennoch auch Gefahren ausgehen können, haben sich zwei Kompaktworkshops zum Thema genommen.
Pia Sombetzki (AlgorithmWatch) diskutierte die schwierigen Aspekte dieser „schönen neuen Welt“: Bei ihrem Workshop „Von Deepfakes bis rechte Hetze: Die Schattenseiten von KI-generierten Bildern und Videos“ hat sie Strategien aus der Politik vorgestellt, wie diesen Problemen zumindest in gewissem Maße etwas entgegengesetzt werden kann.
Datenjournalistin Elena Riedlinger (WDR) und Alexander Mihatsch (Plattform Lernende Systeme) warfen wiederum einen Blick in die Zukunft. Bei „Fake oder Fakt? KI und Desinformation im Superwahljahr 2024“ gingen sie folgenden den Fragen auf den Grund: Welche Rolle kann und muss ein moderner Journalismus im Kampf gegen Desinformation spielen und wie kann KI ihn dabei wiederum unterstützen? Wie lassen sich gefälschte Bilder und Falschinformationen erkennen?
Gemeinsam statt Kampf für sich allein
Vermutlich kann jede*r Journalist*in ein Lied davon singen, wie mühsam die Branche sein kann: Der Einstieg ist voller Hürden, Konkurrenz gibt es zu Genüge, Festanstellungen sind ziemlich rar und die Arbeitsbedingungen oft prekär. Und vor allem – ohne ein starkes Netzwerk wird der Einstieg in den Journalismus ziemlich schwierig.
Genau da soll das Format „Ver.Netzt“ ansetzen. Beim interaktiven Networking-Format haben sich verschiedene Akteur*innen aus der Welt des Journalismus und der Medien wie etwa Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union (DJU), Madsack Mediencampus und, Correctiv/Salon 5 vorgestellt und erklärt, wie der Einstieg in den Journalismus gelingen kann. Neben viel Raum für Fragen kam auch das Networking nicht zu kurz: Auch bei den Teilnehmer*innen untereinander gingen viele Nummern und Instagram-Handles hin und her.
Ist KI nun ein Gamechanger, der unsere ganze Arbeit auf dem Kopf stellt? Eine eindeutige Antwort gibt es angesichts der Vielschichtigkeit des Bereichs nicht. Im letzten Programmpunkt der YouMeCon | kompakt, dem Zukunftslunch, haben die Teilnehmer*innen ihre Learnings des Wochenendes zusammengetragen: KI bringe viele neue Möglichkeiten und könne beispielsweise Arbeitsprozesse verbessern und somit unsere Effizienz steigern. Gleichzeitig kommen mit der Technologie auch neue Herausforderungen und Verantwortungen auf uns zu – die wir jetzt vielleicht noch gar nicht absehen können.
Pragmatisch hat ein*e Teilnehmer*in es so formuliert: „KI ist die Zukunft, mit der wir zurechtkommen müssen.“ Denn zunächst ist Künstliche Intelligenz ein Werkzeug, das uns Menschen nicht ersetzen kann und das wir steuern. Wie nützlich die Technologie ist, hängt von uns allen und unseren Nutzungsweisen ab. Dabei ist der Aspekt der Transparenz essenziell.
Und dass KI nicht nur Zukunftsmusik ist, sondern bereits jetzt Einzug in unsere Arbeitsprozesse findet, beweist die Sammlung der „Essential Tools“, die unsere Teilnehmer*innen von nun an nicht mehr missen wollen: Neben den Klassikern wie ChatGPT, der umgekehrten Bildersuche auf Google und Google Maps werden auch Anwendungen wie Gemini, die Wolf-Schneider-KI , DeepL Write und Consensus die jungen Medienmacher*innen auf Schritt und Tritt begleiten.