Während Martin Sonneborn mit Sarah Wagenknecht und Tino Chrupalla in den Frieden zieht, beginnt der Wahlkampf für die Vorsitzende des Landesverbands der PARTEI Berlin Marie Vux Geissler wohl erneut.
„Wir wählen bis das Ergebnis stimmt!“ Das ist das Motto der Partei die PARTEI, seit sie gegen die letzte Wahl in Berlin Widerspruch erhoben hat. Die Satirepartei die PARTEI erreichte am Sonntag 1,4 Prozent. In Friedrichshain-Kreuzberg sogar fast das Doppelte. Sie nennt sich auch, anders als beispielsweise Volt, wo auf „neue“ Partei bestanden wird, eine „populistische, schmierige Kleinstpartei. Wir sind bourgeois, elitär und amoralisch.“ Wie aber ist die PARTEI mit den Schwierigkeiten, die Kleinparteien im Zuge der Wiederholungswahl konfrontieren mussten, umgegangen und wie wird die durch die PARTEI eingeklagte Wiederholungswahl bewertet?
Marie Vux Geissler, Vorsitzende des Landesverbands der PARTEI Berlin, ist manchmal schlecht zu hören, wenn die Slotmaschine hinter ihr von einem der Stammgäste der Kneipe „Fliegenpils“ bedient wird. Die Bar ist einer der Orte in denen Ortsverbände der PARTEI ihre monatlichen Stammtische organisieren. Eine Wahlparty konnte man hier am Sonntag jedoch nicht besuchen, diese hatte schon eine Woche vor der Wahl stattgefunden. Anwesend ist auch Parteivorsitzender Martin Sonneborn, der sich die gewonnene Zeit zunutze machte, um unter den 69 Erstunterzeichner*innen des „Manifest für den Frieden“ aufzutauchen. Die von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer begonnene Petition wurde später auch von AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla unterzeichnet und geteilt.
Der Landesverband Rheinland-Pfalz hatte sich von Sonneborns Entscheidung deutlich distanziert. Marie antwortet lächelnd zur Position des Berliner Landesverbandes gefragt wird: „Martin hat 1a Politikarbeit geleistet. Er hat sich, wie das üblich ist in der Politik, mit Leuten eingelassen, die fragwürdig sind. Aber im Endeffekt hat er jetzt nichts großartig Schlimmes gemacht.“ Sie würde das jetzt mit einer gewissen Art von Entspannung sehen. Pazifismus an sich sei ja keine zu verurteilende Grundeinstellung: „Wie man den erreichen will, ist ein Durcheinander von Meinungen, die so nichts mit einer moralischen Deutungshoheit zu tun haben und genau so eine Meinung hat er auch und formuliert er auch und soll er ja dürfen.“
Ansonsten sehe sie auch keine Notwendigkeit dafür, sich für die Unterschriften von einem über 50-jährigem Mann zu rechtfertigen, der schon ein bisschen zu lange in der Politik mitmacht. Was Sonneborn mit seinem EU-Mandat mache, sei ihm überlassen. Jedes Mandat, das die PARTEI nicht habe, sei ein Mandat, das die PARTEI nicht habe. Ähnliches gelte für die Wahlverluste der SPD, allerdings mit Unterstellung: „Ich frag mich, ob das nicht geplant war. Ich hatte das Gefühl, dass der Wahlkampf der SPD absichtlich inhaltslos war.“ Die einzige Partei, die der PARTEI auf der Straße in Sachen Inhalte wirklich Konkurrenz gemacht habe, sei die Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung gewesen. Ob da nun Koalitionsgespräche anstehen? „Wir haben auch Stimmen bei uns in der Partei, die eine Koalition mit der Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung fordern. Wir sind da noch im innerparteilichen Verhandlungsprozess“, sagt Marie.
Grundsätzlich lehnt Marie Koalitionen aber ab. Sie würden zu oft in Vertrauensbrüchen gegenüber den Wähler*innen der koalierenden Parteien enden und zu taktischem Wählen zwingen. Ihre Kritiken sind mit aber auch ohne humorvolle Komponente gehaltvoll und aufschlussreich.
Dabei hebt sie hervor, dass die Wahl einer Kleinpartei keine „verschenkte Stimme“ sei und spricht von Polarisierung und einer Entkopplung von klassischen Parteien und der Gesellschaft. Sie plädiert für eine diversere Parteienlandschaft und eine damit einhergehende strukturelle Veränderung der Machtverhältnisse.
Manchmal muss die rote Krawatte aber auch wieder angezogen werden. Die Frage nach ihrer Präferenz zu einer Regierungskoalitionen für Berlin beantwortet sie mit hoher Geschwindigkeit: „Ich fänd sone Koalition aus der Partei der Sorben, der Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung und der Urbanen eigentlich ganz ok. Damit kann man glaub ich arbeiten.“ Laut Marie habe die Urbane einen klaren Regierungsauftrag in Berlin gekriegt und könnten diese Koalition gerne anführen. Gefragt nach Rolle und Aussichten einer Satirepartei in Krisenjahren noch als Wahlmöglichkeit wahrgenommen zu werden, folgt eine Reaktion im bekannten Stil: „Ja die Konsequenzen sehen wir ja jetzt – die FDP ist rausgeflogen. Damit ist die einzige Spaßpartei aus dem Parlament raus.“
Auch die finanzielle Situation, bedingt durch die Wiederholungswahl, bedarf etwas Aufschwung – „Ja, WE’RE BROKE…“, gibt Marie zu. Trotzdem bleibt der Ausblick auf die 2024 stattfindende Europawahl offen. „Keine Ahnung, müssen wir gucken was Martin noch so alles unterschreibt“, sagt die Vorsitzende des Landesverbands.