Stephan Holowaty (FDP) fällt zur Digitalisierung eine Kaiser-Wilhelm-Analogie ein und hält nichts von Uploadfiltern. Durch sie sieht er die Freiheit im Internet bedroht. Johannes Erdbrügger sprach mit ihm über das Digitalisieren von Schulen, den Brexit und den Ausschalter fürs Internet.
Herr Holowaty, Sie setzen sich sehr stark für die Digitalisierung an Schulen ein. Wie soll die genau aussehen und wie digitalisieren Sie Schulen?
Wir wollen, dass jeder Schüler einen Laptop oder ein Tablet hat – mit einem Anschluss an die entsprechende Infrastruktur. Digitalisierung bedeutet aber nicht nur, dass jeder Schüler ein Tablet hat, sondern dass man damit auch zusammen arbeitet. Beispielsweise indem man damit auch mit Schulen aus anderen Bundesländern oder auch anderen europäischen Ländern gemeinsame Projekte durchführt. Die didaktische Komponente ist mir viel wichtiger als nur die reine Hardware-Frage. Ich will das sich Kulturen, aber auch unterschiedliche Schwerpunkte treffen. Zum Beispiel im Sprachunterricht: Was ist besser als mit Schülern aus einem anderen Land zu sprechen und damit eine neue Sprache zu lernen und nicht nur Literatur zu lesen?
Der richtige Umgang mit den Medien muss erstmal gelehrt werden bevor man Medien in den Unterricht einbinden kann. Da kommt dann allerdings das Problem auf, dass viele ältere Lehrer selbst nicht mit den Medien umgehen können. Haben Sie einen Plan um dem Problem vorzubeugen?
Wir werden nicht von einer Sekunde auf die nächste alle mit Internetmedien oder IT-Medien arbeiten können. Kaiser Wilhelm hat mal als das Auto erschienen ist gesagt, dass das Auto nur eine vorübergehende Erscheinung sei, er setze auf das Pferd. Wenige Jahre später ist auch Kaiser Wilhelm mit dem Auto gefahren. Manche Lehrer werden auch weiter traditionell lehren und das zum Teil auch sehr gut machen. Andere werden sagen ich nutze die neuen Möglichkeiten. Wir werden eine Transitionsphase haben, wo sich das Wissen auch bei den Lehrern immer weiter aufbaut. Viele junge Lehrer sind heute bereits mit Computern aufgewachsen, für die ist es eine Selbstverständlichkeit, für andere eben nicht.
Die Speicherung persönlicher Daten ist inzwischen beinahe eine Selbstverständlichkeit für uns geworden. Haben Sie Ideen um das Sammeln von Daten zu unterbinden oder wenigstens zu verringern?
Es gibt sehr viele persönliche Daten, die wir heute freiwillig bereitstellen auf Facebook oder sonstigen Medien. Die Sozialen Medien sind das beste Beispiel dafür, dass wir an ganz vielen Stellen persönliche Daten preisgeben. Die eigentliche Zukunftsaufgabe ist es den Umgang mit den Daten so zu gestalten, dass sie nicht missbraucht werden. Wir haben heute nicht mehr die Möglichkeit zu sagen, wir drücken auf den Ausschalter für das Internet. Wer das glaubt, lebt 30 Jahre in der Vergangenheit. Ich verstehe, dass manche Menschen sehr genau regeln wollen, was ein Unternehmen über sie speichern darf. Ich glaube aber, dass das immer weniger durchsetzbar sein wird, weil wir alle immer mehr digitale Anwendungen nutzen wollen. Digitale Anwendungen bedeuten auch automatisch Daten.
Mein persönlicher Fokus liegt auf zwei Dingen: Nur das speichern, was zur Aufgabenerfüllung nötig ist und den Umgang mit den Daten zu sichern, damit sie nicht missbraucht werden.
Bei dem Hackerangriff vor einigen Tagen ist eine beträchtliche Menge an Daten gestohlen und veröffentlich worden. Was kann man denn vielleicht daraus lernen oder wie kann man so etwas in Zukunft verhindern?
Am wichtigsten ist es, ein Bewusstsein darüber zu erlangen was man online stellt. Ich habe festgestellt, dass sich Menschen in Chats anders verhalten als im realen Leben. Ich muss auch für mich selber prüfen, wie ich mich im Chat verhalte und was ich für Kommentare schreibe. Wir müssen ganz stark auf das Thema Cybersecurity setzen. Andererseits müssen wir auch unseren Teil dazu beitragen, dass die Cybersecurity gelebt werden kann, indem wir auf unsere Passwörter und auf unsere Daten aufpassen.
Ein großes Thema, das besonders Jugendliche betrifft ist der geplante Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform. Internetportale müssen danach eine Art „Uploadfilter“ einsetzen um sicherstellen zu können, dass durch deren Benutzer keine Urheberrechte verletzt werden. Das gesamte Internet ist deswegen in Aufruhr. Einige Beobachter sprechen bereits vom „Ende des Internets“. Unterstützen Sie den Artikel 13 oder sind Sie dagegen?
Er ist nicht das Ende des Internets, aber er ist das Ende eines großen Teils der Freiheit im Internet. Meinungsfreiheit heißt nicht nur etwas sagen zu können, sondern auch dafür zu sorgen, dass es auch gehört werden kann. Aus diesem Grund sind wir Freie Demokraten ganz strikt gegen solche Uploadfilter. Denn Uploadfilter führen dazu, dass private Unternehmen dazu gezwungen werden, Eingriffe in Grundrechte vorzunehmen. Das kann nicht sein. Das darf nur der Staat aufgrund eines Gesetzes. Wir sind strikte Gegner von Uploadfiltern.
Sprechen wir über ein europäisches Themen: Denken Sie, die deutsche Wirtschaft ist auf einen harten Brexit – also einen Brexit ohne richtiges Austrittsabkommen – vorbereitet?
Die deutsche Wirtschaft ist nicht darauf vorbereitet, deswegen würde sie ein solcher Brexit ganz schwer treffen. Auf manche Dinge kann man sich auch gar nicht vorbereiten. Ich weiß heute nicht wie die Transportkapazitäten nach Großbritannien aussehen werden, ob die Schiffe und die LKWs nur noch im Stau am Zoll stehen, anstatt ausgeladen wieder zurückzufahren. Wir sehen uns auf einen Abhang zurauschen, von dem wir nicht wissen wie tief er ist. Sicher sagen kann man nur, dass es die deutsche Wirtschaft hart treffen wird. Wir haben intensive Verflechtungen mit Großbritannien. Es wird aber vor allem die Menschen treffen: die Briten, die in Europa arbeiten und die Europäer, die in Großbritannien arbeiten.